Zitate von Lilo Keller
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Seltsam, dass sich unangenehme Dinge manchmal leichter in einer fremden als in der eigenen Sprache aussprechen lassen.

Wir haben aus der Welt einen herzzerfetzenden Ort gemacht, und jetzt stehen wir da, wissen bald nicht mehr weiter und können uns selber kaum noch ertragen.

Der Hunger piekst in jedem Magen – auch im kleinsten, auch in dem von uns zu unnützen oder Schädlingen erklärten Geschöpfen.

Leider hat sich der Mensch nicht nach Goethes Wunsch entwickelt: „Edel sei der Mensch, hilfreich und gut!“ – Er ist vielmehr dabei, zu einem neuen, alleszerstörenden Tyrannosaurus Rex zu werden.

Wie der junge, brausende Sauser sich mit der Zeit und bei guter Kelterung in klaren, edlen Wein verwandelt, so wird, wenn wir dazu Sorge tragen, aus stürmischer Liebe und Leidenschaft das ungleich tragfähigere Gefühl tiefster Zuneigung und Zärtlichkeit.

Die Zeit ist zwar die große Heilerin, aber sie braucht manchmal so unendlich lange dazu.

Im zur Zeit so beliebten esoterischen Sirup ist eine pragmatisch knappe Aussage so erfrischend wie ein Schluck kalten, klaren Wassers.

Manche Leute haben Probleme mit den Kommaregeln: Ihre Texte sehen aus, als wäre eine Handvoll Kommas so beliebig darüber gestreut worden wie Petersilie über Salzkartoffeln.

Es gibt wunderbare Menschen, die sich durch ihre Empathie die Seelenlage, die geheimen Ängste und Bedrängnis anderer genau vorstellen können, ohne dass sie selber schon einmal in einer ähnlichen Lage gewesen wären.

Wieso wird die täglich millionenfach stattfindende Vergewaltigung von Kindern beschönigend nur als sexueller Missbrauch bezeichnet?

In der Wahlurne verwelken die Versprechen der Politiker wie Blumen in einer Vase ohne Wasser.

Wenn deine Erziehung die Seele deines Kindes zum Weinen bringt, wird es dich seinerseits zum Weinen bringen – und zwar dann, wenn du es nicht mehr ertragen kannst: wenn du alt, hilflos und seiner Liebe bedürftig geworden bist.

Wer wird wohl am meisten angelogen? Eltern, Partner, Steuerbeamte, Ärzte, Wähler – oder doch das eigene Selbst?

Wenn ein Sonnenstrahl auf einen Tautropfen trifft, bricht dieser das Licht zum gleichen sprühenden Feuer wie ein kostbarer Diamant.

Um die Blumen auf meinem Balkon summte es sonst unablässig – dieses Jahr blieb es zum ersten Mal still, keine einzige Biene, kein Pummel-Hummelchen kam zu Besuch. Bange Frage: Ist das der Anfang von Rachel Carsons „Stummem Frühling“, die längst überfällige Rache der Natur?

Wie kann Eifersucht jemals schmeicheln, trauen eifersüchtige „Liebende“ ihren Partnern doch alles Schlechte zu…

Es ist ein trauriger menschlicher Webfehler, dass eine gute Tat oder ein großer Gefallen, den Freunde sich erweisen, oft das Ende ihrer Beziehung einleitet.

Wenn Dich Deine Hand juckt, um sie gegen Dein Kind zu erheben, halte inne und erinnere Dich an sein erstes Lächeln.

Viele Aphorismen werden durch den Gebrauch des Superlativs und ihren ultimativen Anspruch auf Allgemeingültigkeit unglaubwürdig und verlieren den Wert ihrer Aussage.

Ein großer Teil des inneren Friedens basiert auf der Erkenntnis und der Akzeptanz der eigenen charakterlichen und intellektuellen Grenzen.

Das Urheberrecht schützt das geistige Eigentum eines Autors bis 70 Jahre nach dessen Tod – das ist manchmal auch, bis er und seine Arbeit vergessen sind.

Tiere sind wahrscheinlich die einzigen Wesen, die uns vorurteilslos lieben; aber wie zutiefst beschämend ist unser Umgang mit ihnen.

Das Schicksal ist launisch und ungerecht: Für die einen macht es das Leben zur Dauerparty, für die anderen zum Straflager.

Auch hochgestochene und mit Fremdworten gespickte Formulierungen täuschen nicht über inhaltliche Leere hinweg.

Der Mensch ist noch Lichtjahre davon entfernt, dem humanistischen Begriff „Mensch“ ethisch-moralisch zu entsprechen.