Zitate von Charles Baudelaire
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Man sagt, ich sei dreißig Jahre alt. Wenn ich aber drei Minuten in einer gelebet habe – bin ich dann nicht neunzig Jahre alt?

Ich begreife nicht, wie eine reine Hand eine Zeitung berühren kann, ohne Krämpfe von Ekel zu bekommen.

Gott ist das einzige Wesen, das, um zu herrschen, nicht selbst zu existieren braucht.

Am besten mit Frauen kommen diejenigen Männer aus, die ebenso gut ohne die Frauen auskommen.

Man sollte Frauen im Herbst ihres Lebens lieben. Es ist, als ob das Nahen des Winters ein neues Feuer in ihnen entzündete und die dienende Hingabe ihrer Zärtlichkeit niemals ermüden könnte.

Nur ein einziger Gegenstand in dieser engen, doch von Ekel erfüllten Welt lächelt mir zu: die Laudanum-Flasche, eine alte schreckliche Geliebte.

Der gesunde Verstand sagt uns, daß die Dinge der Erde nur sehr wenige Realität besitzen und daß es wahre Wirklichkeit nur in den Träumen gibt.

Jede, auch vom Menschen geschaffene Form ist unsterblich. Denn die Form ist unabhängig vom Stoff und nicht die Moleküle bilden die Form.

Ein Mensch, der nur Wasser trinkt, hat ein Geheimnis, das er vor seinesgleichen verbergen muß.

Jeder Gedanke ist durch sich selbst mit unsterblichem Leben begabt, wie ein lebendiges Wesen.

Die Arbeit: eine fortschreitende und anhäufende Kraft, die Zinsen trägt wie das Kapital, sowohl hinsichtlich der Fähigkeiten als auch der Ergebnisse.

Groß unter den Menschen sind nur der Dichter, der Priester und der Soldat, der singende Mensch, der segnende Mensch, der opfernde und der sich opfernde Mensch.

Damit das Gesetz des Fortschritts eine Wirklichkeit wäre, müßte jeder Einzelne es erschaffen wollen; das heißt, wenn alle Einzelnen fortzuschreiten bemüht sind, dann, und nur dann, wird die Menschheit sich auf der Bahn des Fortschritts befinden.

Den Eintagsfliegen gleichen meine Küsse, Die abends kosend klare Seen umziehn, Die deines Freundes graben tiefe Risse, Ziehn über dich wie Pflüg und Wagen hin.

Die einzige Möglichkeit, zu Geld zu kommen, liegt in einer Arbeit, die um ihrer selbst willen getan wird.

Bei genauerem Hinsehen zeigt sich, dass Arbeit weit weniger geisttötend ist als Amüsement.

Ich gestehe, nicht den Mut zu haben, die Schäden zu zählen, wenn ich Wohltaten sehe.

Wenn ein schönes Gedicht Tränen in die Augen drängt, so sind diese Tränen nicht ein Beweis eines freudigen Überschwanges, sondern sie zeugen von einer Natur, die, in diese Unvollkommenheit verbannt, sich gleich auf der Erde schon eines geoffenbarten Paradieses bemächtigen möchte.

Im Gebet vollzieht sich eine magische Verrichtung. Das Gebet ist eine der großen Kräfte der geistigen Dynamik. Es löst so etwas wie einen elektrischen Rückschlag aus.

Auf eine letzte Wahrheit gebracht: die Arbeit ist weniger langweilig als das Vergnügen.

Eine Satire der Vorsehung: Wir können den Liebesakt nur mit den Organen der Ausscheidung verrichten.

Wer eine verführerische Eva und zugleich eine gute Hausfrau haben möchte, wird um Bigamie kaum herumkommen.

Der Dandy muß sein ganzes Streben darauf richten, ohne Unterlaß erhaben zu sein; er muß leben und schlafen vor einem Spiegel.

Herr, gib mir die Kraft und den Mut, mein Herz und meinen Körper ohne Ekel zu betrachten.

Ein Hafen ist ein reizvoller Aufenthalt für eine im Lebenskampf erschöpfte Seele.

Zwei grundlegende literarische Qualitäten: Der Verweis auf übernatürliche Kräfte und die Ironie.

Ein leidenschaftliches Konkubinat kann einen Begriff von den Wonnen einer jungen Ehe vermitteln.

Wenn der Dichter einem moralischen Zweck nachjagt, begrenzt er seine poetische Stärke.

Bewahre dir deine Träume. Die Vernünftigen träumen nicht so schön wie die Verrückten.

In jedem Menschen sind zu jeder Stunde gleichzeitig zwei Begehren mächtig, das eine nach Gott, das andere nach Satan. Der Ruf nach Gott, die Geistigkeit, ist ein Wunsch, emporzusteigen, der nach Satan, der tierische Trieb, die Lust zu sinken.

Theorie der wahren Zivilisation: Sie liegt weder im Gras noch im Dampf noch im Tischerücken, sondern einzig und allein in der Verminderung der Erbsünde.

Es ist bedauerlich, daß man unter den Menschenrechten das Recht vergessen hat, sich selbst zu widersprechen.

Träume! Nichts als Träume! Und je anspruchsvoller und ehrgeiziger die Seele ist, desto weiter entfernen sich die Träume aus der Welt des Möglichen.