Egon Friedell Zitate
seite 1
In Österreich wird man nur zum großen Mann, wenn man etwas auffällig nicht tut.
Egon FriedellLieber Leser, wenn schon ich mir so oft widerspreche, dann ist es wirklich gänzlich überflüssig, daß auch du mir noch widersprichst.
Egon FriedellDie beiden großen Mächte, die uns zwingen, unser Dasein auch unter widrigen Umständen fortzusetzen, sind Hoffnung und Neugierde.
Egon FriedellDurch die unendliche Tiefe des Weltraums wandern zahllose Sterne, leuchtende Gedanken Gottes, selige Instrumente, auf denen der Schöpfer spielt. Sie alle sind glücklich, denn Gott will die Welt glücklich. Ein einziger ist unter ihnen, der dieses Los nicht teilt: auf ihm entstanden nur Menschen.
Egon FriedellWas das Gymnasium wert ist, sieht man weniger an denen, die es besucht haben, als an denen, die es nicht besucht haben.
Egon FriedellDie Maschine ist die souveräne Beherrscherin unseres gegenwärtigen Lebens.
Egon FriedellDer Dichter ist das Salz der Zeit. Er fragt, wo es sonst niemand tut.
Egon FriedellMan kann aus einem Wischlappen keinen Funken schlagen.
Egon FriedellDer Pegel der Kultur steht am tiefsten, wenn sie am eindeutigsten ist.
Egon FriedellDie Aufgabe des großen Philosophen besteht nicht darin, korrekt zu schließen, sondern die Stimme seiner Zeit zu sein, das Weltgefühl seiner Epoche in ein System zu bringen.
Egon FriedellDer Alkohol ist ein Gift. Das haben die Physiologen bewiesen. Aber gegen den Alkohol ist damit gar nichts bewiesen, denn ein Gift kann immer noch eine Medizin sein.
Egon FriedellEine Dichtung ist nichts anderes als eine Aufforderung an das Publikum, zu dichten. Je mehr Spielraum sie gewährt, je mehr Stellen sie offen läßt, desto bedeutender ist sie. In jedem Verstehen erwächst ihr ein neuer Dichter. Tausend Auffassungen sind möglich, und alle sind sie richtig.
Egon FriedellDas, was war, wirkt auf uns allemal tiefer als das, was ist.
Egon FriedellDas Volk will niemals die Freiheit. Erstens: weil es keinen Begriff von ihr hat. Und zweitens: weil es mit ihr gar nichts anfangen könnte.
Egon FriedellKultur ist Reichtum an Problemen, und wir finden ein Zeitalter um so aufgeklärter, je mehr Rätsel es entdeckt hat.
Egon FriedellEin Zeitalter ist umso aufgeklärter, je mehr Rätsel es entdeckt.
Egon FriedellJedes Zeitalter hat ein bestimmtes, nur ihm eigentümliches Bild von allen Vergangenheiten, die nur seinem Bewußtsein zugänglich sind.
Egon FriedellDie Geschichte der Natur wiederholt sich immer: sie arbeitet mit ein paar Refrains, die sie nicht müde wird zu repetieren; die Geschichte der Menschheit wiederholt sich nie: sie verfügt über einen unerschöpflichen Reichtum von Einfällen, der stets neue Melodien zum Vorschein bringt.
Egon FriedellDas Leben ist für den Alltagsmenschen ein wissenschaftliches Problem, für das Talent ein künstlerisches und für das Genie ein religiöses.
Egon FriedellEine jede Revolution hat ihre Geburtsstunde in dem Augenblick, wo irgendein öffentliches Unrecht in irgendeiner menschlichen Seele sich in Erkenntnis verwandelt.
Egon FriedellDas Wort Ästhet gehört zu jenen, die, je nach dem man Sie ausspricht, eine Schmeichelei oder eine Beleidigung bedeuten können.
Egon FriedellDaß man einem Wasser nicht auf den Grund blicken kann, beweist noch nicht, daß es tief ist.
Egon FriedellDie Genies haben immer denselben Leidensweg zu durchmessen: vom Kasperl zum Seminar.
Egon FriedellDer Dichter bewahrt sein Zeitalter auf; ohne ihn würde es nicht erhalten bleiben.
Egon FriedellEs ist eine psychologische Tatsache, daß Toleranz dem Durchschnitt der Menschheit ganz wesensfeindlich ist.
Egon FriedellDer Fortschritt der Menschheit besteht in der Zunahme ihres problematischen Charakters.
Egon FriedellWir können nie von etwas anderem reden, etwas anderes erkennen als uns selbst.
Egon FriedellWenn sie sagen, daß ich mir widerspreche, warum widersprechen sie mir dann?
Egon FriedellJede Wahrheit tritt zuerst als Irrlehre in die Welt, denn die Welt ist immer von gestern.
Egon FriedellNur beim Dilettanten decken sich Mensch und Beruf.
Egon FriedellAls man Michelangelo aufmerksam machte, daß seine Statue des Papstes nicht ähnlich sei, sagte er: Wem wird das in zehn Jahrhunderten auffallen?
Egon FriedellDas Wiedererkennen Gottes in der Welt ist die eigentümliche Fähigkeit und Begabung jedes großen Menschen.
Egon FriedellTatsächlich ist der Darwinismus eine dialektische Konstruktion, ja eine Art Religion mit sehr ausgebildeter Mythologie und Dogmatik.
Egon FriedellWas Humor ist, das hat wohl noch niemand zu erklären vermocht: und ich glaube, schon der bloße Versuch, diesen Begriff näher bestimmen zu wollen, ist ein Beweis von Humorlosigkeit, weshalb ja auch hauptsächlich Universitätsprofessoren sich mit dieser Aufgabe beschäftigt haben.
Egon FriedellEs ist eine bekannte Tatsache, daß Träume oft viel stärker auf uns wirken als wirkliche Erlebnisse. Woher kommt das? Weil das Erlebnis immer eine viel geringere Realität hat als die Phantasie.
Egon FriedellAber keine Wahrheit ist eine Privatangelegenheit.
Egon FriedellAller Fortschritt zersetzt, trennt, löst auf, zersplittert kompakte Solidaritäten, zerreißt althergebrachte Zusammenhänge, zerstört, sprengt in die Luft. Aller Fortschritt hat das Thema, das Dasein zu irrationalisieren, es widerspruchsvoller und fragwürdiger, tiefer und bodenloser zu machen.
Egon FriedellEs gibt Menschen, die selbst für Vorurteile zu dumm sind.
Egon FriedellDummheit ist ein gutes Ruhekissen.
Egon FriedellEin Ästhet ist der Schauspieler seines Ideals.
Egon FriedellMenschen, die nur die eine Seite irgendeiner Wahrheit erblickt haben.
Egon FriedellBei einem Denker sollte man nicht fragen: Welchen Standpunkt nimmt er ein? Sondern: Wie viele Standpunkte nimmt er ein? Mit anderen Worten: Hat er einen geräumigen Denkapparat, oder leidet er an Platzmangel, das heißt: an einem System?
Egon FriedellEs ist ganz merkwürdig, wie stark die Menschen im Verfehlen des Richtigen und des Nächstliegenden sind.
Egon FriedellAltruismus aus Klugheit, Idealismus aus Eigennutz: das ist vielleicht die Formel für eine kommende Ethik.
Egon FriedellDie große Majorität der Menschheit würde der trostlosesten Langeweile verfallen, wenn sie nicht durch tausend Zwangsmaßregeln von sich selbst und ihrer inneren Leere abgelenkt würde.
Egon FriedellRechtsanwälte: Die Welt hat einen großen Bedarf an Leuten, die Unrecht für Recht ausgeben können.
Egon FriedellGott nimmt die Welt nicht ernst, sonst hätte er sie nicht schaffen können.
Egon FriedellDie meisten unserer heutigen Wahrheiten haben so kurze Beine, daß sie gerade so gut Lügen sein könnten.
Egon FriedellEnde des achtzehnten Jahrhunderts hielten die meisten Menschen Vulpius, den Verfasser des Rinaldo Rinaldini, für einen größeren Dichter als seinen Schwager Goethe.
Egon FriedellEs gibt nun einmal keine ewigen Werte: ewig ist die Sehnsucht nach ihnen.
Egon Friedell