Zitate von Friedrich Sieburg
Die zwei Stunden Mittagspause sind den Pariser heilig. Sie geben seinem Tag jenes Maß, das ihn hindert, von einem tätigen Menschen zu einem Arbeitstier hinabzusinken.
Es gehört zu den entlarvenden Zügen unserer Umgangssprache, dass das Wort ‚Betrieb‘ sowohl auf einen Ort der Arbeit wie auf das Vergnügen angewandt wird.
Französische Arbeiter haben eine Art die säuerliche Salatbrühe mit Brot aufzutunken, die beweist, das die Weltrevolution vorläufig auf Frankreich nicht zählen kann.
Der heutige Mensch ist um ein Merkmal seines Erfolges bemüht. Wenn er keine Furcht vor der Steuer hätte, würde er sich die Zahl seines Umsatzes auf die Autoscheibe kleben.
Die Muße des Menschen ist sein letzter Unterschlupf, den er seinen individuellen Regungen noch bieten kann.
Nur in einem Trieb sind wir stark, ohne nach dem Wohin und Wozu zu fragen – in der Arbeit.
Von jedem Waffenstillstand dieser Epoche geht die beklemmende Atmosphäre drohender Vorläufigkeit aus.
Wer Bedürfnisse hat, muss seine Arbeitsleistung steigern und gerät in kapitalistische Abhängigkeit. Also ist der Pariser bedürfnislos.
Kein Gedanke, keine Einrichtung, keine Kunst ist wirklich beglückend, wenn sie sich nicht nach dem Menschen richtet.
Wer viel arbeitet, kann viele Bedürfnisse befriedigen, aber er wird, indem er sie befriedigt, zahlreiche neue schaffen, die auch gestillt werden wollen.
Wo der Mensch liebt, da dringt er über seine Möglichkeiten hinaus, wo er hasst, bleibt er hinter ihnen zurück.
Der Bezug einer Zeitung oder der Kauf eines Buches gibt niemandem das Recht, an die Verfasser von Artikeln oder Büchern dreiste Briefe zu schreiben.
Was hegen wir für Frankreich? Ärger, Schwärmerei, Verdruß, Neigung? Alles nur keine Gleichgültigkeit.
Das literarische Deutschland von heute ist eine Schulklasse, in der jeder den Posten eines Lehrers erringen will.
Ich kann die Hoffnung nicht aufgeben, dass die Literatur uns helfen wird, anständig und gesittet zusammenzuleben, und an dem Zustandekommen einer Gemeinschaft mitwirken wird, die der Politik nicht gelingen will.
Die Ordnung darf nun einmal keine Möglichkeiten haben, aus der Rolle zu fallen, während der Freiheit alles, selbst die Ordnung, erlaubt ist.
Prominenz ist eine Eigenschaft, die nicht durch Auslese, sondern durch Beifall zustande kommt.
Es ist eine Kriegslist des Schöpfers, dass er das Notwendige mit dem Anreiz der Lust verbindet, weil sonst das Leben stocken würde.