Jean de La Bruyère Zitate
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Ein Eitler findet seine Rechnung dabei, Gutes oder Schlimmes von sich zu reden; ein Bescheidener spricht gar nicht von sich.
Jean de La BruyèreManchen bringen lange Reisen vollends ins Verderben und um die letzte Spur von Religion.
Jean de La BruyèreGroße Unwissenheit macht dogmatisch; Wer nichts weiß, glaubt Andern das, was er selbst soeben erst gelernt hat, beibringen zu müssen;
Jean de La BruyèreWieviel hat doch die gesprochene Rede vor dem geschriebenen Werk voraus! Die Menschen lassen sich von Gebärdenspiel und Worten und dem äußeren Gepränge des Versammlungsorts betören.
Jean de La BruyèreNichts ist so unbedeutend, so einfach und unauffällig, daß man durch die Art, wie man es tut, nicht sein Wesen verriete.
Jean de La BruyèreMan muß einzig danach trachten, richtig zu denken und zu sprechen, ohne die anderen für unseren Geschmack und unsere Ansichten gewinnen zu wollen; denn dies ginge über unsere Kraft.
Jean de La BruyèreBedenkt man die Schönheit, die Jugend, den Stolz und die Verachtung jener Frau, so kann man nicht zweifeln, daß nur ein Held sie einmal zu entzücken vermag. Nun hat sie ihre Wahl getroffen: ein kleines Ungeheuer ohne Geist.
Jean de La BruyèreAller Geist der Welt zusammengenommen ist fruchtlos für den, der keinen besitzt: Er hat keinen eigenen Gedanken und ist nicht imstande, aus fremder Einsicht Nutzen zu ziehen.
Jean de La BruyèreManche Leute tragen drei Namen, als fürchteten sie sich, keinen zu besitzen.
Jean de La BruyèreDie Haupteigenschaft eines Redners ist der ehrenvolle Charakter. Ohne diesen artet er zum Deklamator aus.
Jean de La BruyèreDie Wahrheiten, die man am wenigsten liebt, sind die für uns wertvollsten.
Jean de La BruyèreDie große Mehrzahl der Menschen geht vom Zorn zur Beleidigung über; manche aber verfahren anders: sie beleidigen, und dann erst erzürnen sie sich. Die Überraschung, die dieses Verfahren jedesmal hervorbringt, läßt in uns das Wiedervergeltungsgefühl gar nicht aufkommen.
Jean de La BruyèreEs gibt auf der Welt zwei Arten, Karriere zu machen: Entweder durch seine Strebsamkeit oder durch den Schwachsinn anderer.
Jean de La BruyèreAm sichersten macht man Karriere, wenn man anderen den Eindruck vermittelt, es sei für sie von Nutzen, einem zu helfen.
Jean de La BruyèreVon der Verschlagenheit zur Schurkerei ist nur ein kleiner Schritt…
Jean de La BruyèreAller Geist der Welt kann nicht dem helfen, der keinen hat.
Jean de La BruyèreDieselben Gebrechen, die uns bei andern so unerträglich erscheinen, erscheinen uns bei uns selbst belanglos: wir fühlen sie gar nicht. Manche merken gar nicht, wenn sie von einem anderen sprechen und ihn in den scheußlichsten Farben schildern, daß sie dabei sich selbst malen.
Jean de La BruyèreFür sich selbst genügt ein einziger treuer Freund, und es bedeutet viel, ihn zu besitzen. Um anderen gefällig zu sein, kann man nie genug Freunde haben.
Jean de La BruyèreWer meint, er sei nicht zum Glück geboren, könnte doch wenigstens am Glück seiner Freunde oder Angehörigen teilhaben. Aber Mißgunst raubt ihm auch diese letzte Möglichkeit.
Jean de La BruyèreDie Kinder kennen weder Vergangenheit noch Zukunft, und – was uns Erwachsenen kaum passieren kann – sie genießen die Gegenwart.
Jean de La BruyèreEin Mensch, der viel Verdienst und Geist hat und dafür bekannt ist, ist selbst mit ungestaltem Gesicht nicht häßlich; mindestens wirkt er nicht häßlich.
Jean de La BruyèreMan darf sich die nicht zum Feind machen, die bei näherer Bekanntschaft unsere Freunde werden könnten.
Jean de La BruyèreWill man geachtet werden, muß man unter Menschen leben, die man achten kann.
Jean de La BruyèreEs ist schwer zu entscheiden, ob die Unentschlossenheit den Menschen mehr unglücklich oder mehr verächtlich macht.
Jean de La BruyèreAlles Geglaubte besteht, und nur dieses.
Jean de La BruyèreEs gehört zum Wesen eines Dummkopfs, beschwerlich zu fallen: Ein feinfühliger Mensch merkt, ob er gelegen ist oder ob er langweilt…
Jean de La BruyèreWenn man bei gewissen Menschen, deren Unterstützung man braucht, ohne Erfolg alles Mögliche versucht hat, sie für sich zu gewinnen, bleibt als letztes Mittel nur übrig, sich nicht mehr um sie zu bemühen.
Jean de La BruyèreNichts macht einem Fürsten mehr Ehre als die Bescheidenheit seiner Günstlinge.
Jean de La BruyèreNichts ist schlimmer für den Erfolg, als im Leben völlig unbekannt zu sein.
Jean de La BruyèreAus Schwachheit haßt man einen Feind und möchte sich an ihm rächen, und aus Faulheit besänftigt man sich und rächt man sich nicht.
Jean de La BruyèreDie Mode zu meiden ist ebenso falsch wie sie zu übertreiben.
Jean de La BruyèreEine schwache Frau ist die, die sich einen Fehltritt, den man ihr nachsagt, selbst vorwirft; deren Herz mit der Vernunft im Streit liegt; die von der Liebe genesen möchte, aber nie genesen wird oder erst sehr spät.
Jean de La BruyèreEin guter Arzt ist, wer sichere Mittel gegen bestimmte Krankheiten hat oder, falls er sie nicht besitzt, denen, die sie haben, gestattet, seine Kranken zu heilen.
Jean de La BruyèreKein Handwerk ohne Lehrzeit.
Jean de La BruyèreEine große Seele ist erhaben über Beleidigungen, Ungerechtigkeit, Schmerz und Spott; sie wäre unverwundbar, wenn sie nicht aus Mitgefühl litte.
Jean de La BruyèreEs gibt Leute, die weder auf die Vernunft noch auf guten Rat hören und freiwillig in die Irre gehen – aus Furcht, von anderen am Gängelband geführt zu werden.
Jean de La BruyèreZwischen dem Herrscher und seinen Untertanen und zwischen Untertanen und Herrscher besteht ein Austausch gegenseitiger Pflichten: Welche drückender und mühseliger sind, wage ich nicht zu entscheiden.
Jean de La BruyèreEs ist ein sehr fader Charakter, keinen zu haben.
Jean de La BruyèreDer Stand der Schauspieler galt bei den Römern für schimpflich, bei den Griechen für ehrbar. Und bei uns? Wir denken über sie wie die Römer und verkehren mit ihnen wie die Griechen.
Jean de La BruyèreIn jungen Jahren sammelt man Schätze für sein Alter; im Alter spart man für den Tod. Der verschwenderische Erbe richtet ein prächtiges Leichenbegräbnis aus und verpraßt das übrige.
Jean de La BruyèreEs gibt für den Menschen nur drei Ereignisse: geboren werden, leben und sterben. Aber er merkt nicht, wenn er geboren wird. Er leidet, wenn er stirbt. – Und er vergisst zu leben.
Jean de La BruyèreGeist ist nicht so selten wie Menschen, die sich ihres Geistes zu bedienen wissen oder den der anderen zur Geltung zu bringen und fruchtbar zu machen verstehen.
Jean de La BruyèreManche Frau versteht ihren Mann so gründlich zu verdrängen und im eigenen Hause zu begraben, daß draußen in der Welt kein Mensch von ihm spricht: Lebt er noch? Lebt er nicht mehr? Man weiß es nicht.
Jean de La BruyèreBei der Gerechtigkeit, die wir anderen schuldig sind, ist es wesentlich, daß wir sie ohne Verzug ausüben; wenn man darauf warten läßt, so ist dies schon Ungerechtigkeit.
Jean de La BruyèreGeistreiche Miene bei Männern entspricht ebenmäßigen Zügen bei Frauen: ein Grad von Vollkommenheit, den die Nichtssagendsten erstreben dürfen.
Jean de La BruyèreEs ist die tiefgreifende Ignoranz, die den Ton der Dogmatik angibt.
Jean de La BruyèreNichts erfrischt unser Blut so sehr, wie wenn es uns gelungen ist, eine Dummheit zu vermeiden.
Jean de La Bruyère