Zitate von Oscar Wilde
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Die beiden schwachen Seiten unserer Zeit sind ihr Mangel an Prinzipien und ihr Mangel an Physiognomie.

Was ist Wahrheit? In der Religion: die Lehrmeinung, die überlebt hat. In der Wissenschaft: die jüngste aufsehenerregende Entdeckung. In der Kunst: unsere momentane Laune.

Musiker haben immer nur den Wunsch, daß man absolut stumm ist, während man selbst nur den Wunsch hat absolut taub zu sein.

Intuition ist der eigenartige Instinkt, der einer Frau sagt, daß sie Recht hat, gleichgültig, ob das stimmt oder nicht.

Es gibt viele Dinge, die wir am liebsten wegwerfen würden, fürchteten wir nicht, daß andere sie aufheben.

Männer machen immer so ein dummes Gesicht, wenn sie ertappt werden. Und sie werden ertappt.

Der Sinn einer schönen Schöpfung liegt zumindest so sehr bei dem Betrachter wie in der Seele dessen, der sie schuf.

Wir Frauen, hat mal jemand gesagt, lieben mit den Ohren, gerade wie ihr Männer mit den Augen, wenn ihr überhaupt liebt.

Die Tyrannei eines einzelnen scheint keine Grenzen zu kennen, aber die Leiden eines ganzen Volkes werden eine Grenze haben.

Was dieses Jahrhundert anbetet, ist Reichtum. Der Gott dieses Jahrhunderts ist der Reichtum. Um Erfolg zu haben, muß man Reichtum besitzen. Reichtum um jeden Preis.

Man kann leicht am Leid des Freundes teilnehmen. Viel schwerer fällt es, an seinen Erfolgen Freude zu haben.

Bei einer sehr bezaubernden Frau ist das Geschlecht eine Herausforderung, keine Verteidigung.

Arbeit erscheint mir nie als Realität, sondern als Mittel, der Realität aus dem Weg zu gehen.

Jeder Erfolg, den wir erzielen, verschafft uns einen Feind. Um beliebt zu sein, muss man ein unbedeutender Mensch sein.

Über der Pforte der antiken Welt stand geschrieben: Erkenne dich selbst! Über der Pforte unserer neuen Welt sollte geschrieben stehen: Sei du selbst! Die Botschaft des Heilandes an die Menschen lautete einfach: Sei du selbst! Dies ist das Geheimnis Christi.

Wenn Männer aufhören zu sagen, was charmant ist, hören sie auch auf nachzudenken, was charmant ist.

Das neunzehnte Jahrhundert, wie wir es kennen, ist im Wesentlichen eine Erfindung von Balzac.

Ein Leben in Schönheit; ein Jahr in trunkner Sehnsucht nach ihr. Tage in Träumen, deren hehren Sinn nur Auserwählte zu fassen vermögen. Ein Leben, kulturgesättigt.

Es ist schlimm, wenn alle über einen reden, aber es ist noch schlimmer, wenn keiner über einen redet.

Die Selbstsucht legt es darauf an, um sich herum absolute Unformität zu schaffen. Die Selbstlosigkeit anerkennt die unendliche Mannigfaltigkeit als etwas Wunderbares, akzeptiert sie, fördert sie und erfreut sich an ihr.

Einer klugen Frau fehlt der unbeschreibliche Reiz der Schwäche; denn Tonfüße machen erst das Gold des Götzen wertvoll.

Wir leben in einem Zeitalter der Überarbeitung und der Unterbildung, in einem Zeitalter, in dem die Menschen so fleißig sind, daß sie verdummen.

Einbildungskraft entschädigt den Menschen für das, was er nicht ist; Humor tröstet ihn für das, was er ist.

Nichts auf der Welt geht über die Liebe einer verheirateten Frau. Das ist etwas, wovon ein verheirateter Mann keine Ahnung hat.

Schicksalsschläge lassen sich ertragen – sie kommen von außen, sind zufällig. Aber durch eigene Schuld leiden – darin liegt der Schmerz des Lebens.

Es ist sicherer, von allen Menschen schlecht zu denken, bis man herausgefunden hat, daß sie gut sind, doch das erfordert heutzutage sehr viele Nachforschungen.

Wenn man mit einer jungen Dame vom Wetter redet, vermutet sie, daß man etwas ganz anderes im Sinn hat. Und meistens hat sie damit recht.