Zitate von Otto Ludwig

Unser Reden von Humanität ist unerquicklich ohne Tat. – Es ist unendlich schwerer, einen einzigen Menschen glücklich zu machen, als ein ganzes Leben lang für die Menschheit zu schwärmen.

Der große Schmerz stählt und veredelt die Kräfte, die abwehrend gegen ihn in uns aufstehen; die kleinen Sorgen Empfindlichkeiten, Kränkungen der Eitelkeit sind es, die uns allmählich, aber sicher aufreiben.

Das Höchste, wozu er sich erheben konnte, war, für etwas rühmlich zu sterben; jetzt erhebt er sich zu dem Größern, für etwas ruhmlos zu leben.

Wo das feige Gewissen den Menschen im Stiche gelassen, kehrt es wieder, um zu strafen, was es nicht verhinderte.

Man lässt die Religion den Fanatismus und die Heuchelei entgelten, aber diese liegen in der menschlichen Natur selbst; die Freiheit hat auch beides und es ist einerlei, ob der Vorwand, Menschen zu morden, mit der Firma „Ungläubige“ oder „Aristokraten“ gerechtfertigt werden soll.

Glück ist wie die Sonne. Ein wenig Schatten muß sein, wenn es dem Menschen wohl werden will.

Das Volk gleicht einer blinden Naturmacht, weil die Zahl die Verantwortung teilt und unmöglich macht. Was jeder Einzelne für sich nicht wagt, das wagen sie zusammen. So teilen sie sich in die Verantwortung und auf keinen kommt so viel, ihn zu verdammen.

Jede Kunst schließt ein Handwerk in sich ein; das Handwerk der Kunst nenne ich den Teil derselben, der gelehrt und gelernt werden kann; wo das Handwerk aufhört, da beginnt erst die eigentliche Kunst.

Der Mensch soll nicht sorgen, daß er in den Himmel, sondern daß der Himmel in ihn komme. Wer ihn nicht in sich selber trägt, der sucht ihn vergebens im ganzen All.

Nenne mich erfüllte Sehnsucht, nenne mich Ruf deiner Lieben, nenne mich die Stille Abendfeier vor der Ruhe der Nacht. Nenne mich das stille Erbleichen der Sterne, eh‘ hervortritt ein schönerer Tag: Menschen nennen mich der Tod.

Die Zeit malt anders als die Erinnerung. Die Erinnerung glättet die alten Falten, die Zeit malt neue hinzu.

Siehst du, daß andere falsch sind, sei du selbst gerecht, so mußt an der Gerechtigkeit du nie verzweifeln, und behältst die Tatkraft ungebrochen.

Schämen, was heißt das? Bereuen, dass man schwach war? So muss man sich des Schämens schämen; denn eine Schwäche bereuen, ist erst recht eine Schwäche. Das heißt die Schwäche autorisieren.

Der Wille ist der entschiedenste Antagonist der Phantasie, er vermag gar nichts, sie zu reizen.

Die tiefste und neuste Wahrheit, die heute das Gehirn eines Weisen gebar, hat morgen ihren Stand auf der Zungenspitze jedes Toren und muß sich gefallen lassen, was Witz ohne Urteil aus ihr macht.

Der Mann, der zu praktischem Tun aufgelegt, wird selten eine große Phantasie haben, der Phantasiemensch zu praktischem Tun weder Lust noch Geschicklichkeit zeigen.

Der Affekt ist eine Unmacht des Menschen über sich selbst; die Leidenschaft dagegen ist eine stetige Konzentrierung der Kraft der Menschen über sich selbst und dadurch über andere.

Die wahre Poesie muß sich ganz von der äußeren Gegenwart loslösen, sozusagen von der wirklichen Wirklichkeit. Sie darf bloß das festhalten, was dem Menschen zu allen Zeiten eignet: seine wesentliche Natur, und muß dies in individuelle Gestalten kleiden, d.h. sie muß realistische Ideale schaffen.

Es ist unglaublich, was solch eine Phrase tut. Je hohler, desto klingender. Wer den Kopf nicht überzeugen kann, der muß die Ohren gewinnen.

Sein Schicksal kann keinem entgehen, sollte man sagen, nicht seinem Schicksal kann keiner entgehen; denn nicht das Schicksal fängt den Menschen; der Mensch jagt nach seinem Schicksal.

Ein Bild wird erst durch den Beschauer fertig. So ist’s mit Büchern auch. Ein Buch ist schlecht, wenn’s nicht den rechten Leser findet, der im Lesen erst es fertig macht. Es liest kein Leser mehr heraus, als er hineinliest. Dem andern ist dasselbe Buch ein andres.

Es liest Kein Leser mehr heraus, als er hinein liest. Dem andern ist dasselbe Buch ein anders.

Wunderbar ist es, daß der Mensch auch in Meinungen durch Gesellschaft, durch Beistimmen und Gutheißen sich gestärkt fühlt.

Die Menschen wissen nicht, was sie tun, wenn sie sagen: Ich tu’s ja nur dies eine Mal. Sie wissen nicht, welch wohltätigen Zauber sie zerstören. Daß einmal nie einmal bleibt.

Es ist schon gut, wenn sich einer einmal in der Einsamkeit auf sich selber besinnt, aber er darf kein Stadeltor zwischen sich tun und die Welt. Denn in die Welt und unter die Menschen ist er hineingeschaffen und dahinein gehört er auch.

Es ziert ein Schmuck die Schönheit nur allein, die schön genug ist, auch den Schmuck zu zieren.