Zitate von Stefan Zweig
page 2

Jeder Schatten ist im letzten doch auch Kind des Lichts, und nur wer Helles und Dunkles, Krieg und Frieden, Aufstieg und Niedergang erfahren, nur der hat wahrhaft gelebt.

Wichtig ist doch nur das eine: dass dem Menschen Zeit bleibt, rechtzeitig das Rechte zu tun.

Kein Künstler ist während der ganzen vierundzwanzig Stunden seines täglichen Tages ununterbrochen Künstler; alles Wesentliche, alles Dauernde, das ihm gelingt, geschieht immer nur in den wenigen und seltenen Augenblicken der Inspiration.

Denn dies unterschied den ersten Weltkrieg wohltätig vom zweiten: das Wort hatte damals noch Gewalt. Es war noch nicht zu Tode geritten von der organisierten Lüge, der Propaganda, die Menschen hörten noch auf das geschriebene Wort, sie warteten darauf.

Das Wesentliche lernt in jener aufnehmenden Zeit, wo Freundschaften sich leicht knüpfen und die sozialen und politischen Unterschiede sich noch nicht verhärtet haben, ein junger Mensch eigentlich besser von den Mitstrebenden als von Überlegenen.

Ein Mensch, den man einmal so weit getrieben hat, daß er nicht einmal die Lächerlichkeit fürchtet, ist unberechenbarer als sieben Verbrecher.
![Stefan Zweig - Das moralische Weltgewissen war [zu Beginn des Ersten Weltkrieges] noch nicht so übermüdet und ausgelaugt wi...](https://www.netzitate.com/bilder/172/zitate-von-stefan-zweig-60.jpg)
Das moralische Weltgewissen war [zu Beginn des Ersten Weltkrieges] noch nicht so übermüdet und ausgelaugt wie heute.

Ich „spiele“ Schach im wahrsten Sinne des Wortes, während die anderen, die wirklichen Schachspieler, Schach „ernsten“, um ein verwegenes neues Wort in die deutsche Sprache einzuführen.

Die Weltgeschichte ist nicht nur, wie sie meistens dargestellt wird, eine Geschichte des menschlichen Mutes, sondern auch eine Geschichte der menschlichen Feigheit.

Bald wird er (Damly, Maria Stuarts Gemahl; d.Red.) erfahren, daß ein Haß, der zu schweigen versteht, noch gefährlicher ist als die wildeste Rede.

Des geistigen Menschen höchste Leistung ist immer Freiheit. Freiheit von den Menschen, Freiheit von den Meinungen, Freiheit von den Dingen, Freiheit nur zu sich selbst.

Es gibt keine schönere Stadt auf Erden, und es gibt kaum eine unergründlichere, unübersichtlichere. Man wird nicht fertig mit Rio de Janeiro.

Wollte man beginnen, darüber bin ich mir klar, das gleichzeitige Elend dieser Erde sich auszudenken, es würgte einem den Schlaf ab und erstickte einem jedes Lachen im Mund.

Wunderbar immer im Lauf der Geschichte, wenn sich der Genius eines Menschen dem Genius der Stunde bindet, wenn ein einzelner Mann hellsichtig die schöpferische Sehnsucht seiner Zeit begreift.

Zu entscheidender Erschütterung eines Herzens bedarf das Schicksal nicht immer wuchtigen Ausholens und schroff vorstoßender Gewalt; gerade aus flüchtiger Ursache Vernichtung zu entfalten, reizt seine unbändige Bildnerlust.

An sich bedeutet jede Form der Publizität eine Störung im natürlichen Gleichgewicht eines Menschen.

Nun ist glücklicherweise die Geschichte eine ausgezeichnete Dramatikerin, und wie für ihre Tragödien weiß sie auch für ihre Komödien einen blendenden Abschluß zu finden.

Ich wünsche lange, sehr lange zu leben, und der Gedanke an den Tod erfüllt mich mit einer kindlichen, poetischen Scheu.

Es bleibt ein unumstößliches Gesetz der Geschichte, dass sie gerade den Zeitgenossen versagt, die großen Bewegungen, die ihre Zeit bestimmen, schon in ihren ersten Anfängen zu erkennen.

Nur wer Helles und Dunkles, Aufstieg und Niedergang erfahren hat, nur der hat wahrhaftig gelebt.

Ich glaube, es gibt nur zwei Sorten von Menschen, die den Idealismus der Menschlichkeit nähren können: die, die ein wenig einfältig, dabei aber glühenden Herzens sind, und jene anderen, die ihren Skeptizismus haben und verbergen.

Wir mussten Freud recht geben, wenn er in unserer Kultur, unserer Zivilisation nur eine dünne Schicht sah, die jeden Augenblick von den destruktiven Kräften der Unterwelt durchstoßen werden kann.

Selten ist ein und derselben Generation beides gegeben; läßt die Sitte dem Menschen Freiheit, so zwängt ihn der Staat ein. Läßt ihm der Staat seine Freiheit, so versucht ihn die Sitte zu knechten.

Alles was man aus seinem eigenen Leben vergißt, war eigentlich von einem inneren Instinkt längst schon vordem verurteilt gewesen, vergessen zu werden.
![Stefan Zweig - [...] Nur der ist Prophet, dessen Hand die ewige Liebe aussäet, dessen Seele Flut ist von großem Erbarmen, d...](https://www.netzitate.com/bilder/204/zitate-von-stefan-zweig-92.jpg)
[…] Nur der ist Prophet, dessen Hand die ewige Liebe aussäet, dessen Seele Flut ist von großem Erbarmen, dessen Seele Glut ist von allem warmen strömenden Blut, das unschuldig versprengt ist, und dessen Herz von unendlicher Liebe versengt ist!

Alles Leiden aber wird sinnvoll, wenn es die Gnade der Gestaltung erlebt. Dann wird es höchste Magie des Lebens.

…wozu lebt man, wenn der Wind hinter unserm Schuh schon die letzte Spur von uns wegträgt?

Nur Leidenschaft, die ihren Abgrund findet, läßt deine letzte Wesenheit entbrennen, nur der sich ganz verliert, ist sich gegeben.

Wo er einen gebildeten Menschen spürt, kriecht er in sein Schneckenhaus; so kann niemand sich rühmen, je ein dummes Wort von ihm gehört oder die angeblich unbegrenzte Tiefe seiner Unbildung ausgemessen zu haben.