Zitate von Arthur Schopenhauer
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Heiraten heißt, mit verbundenen Augen in einen Sack greifen und hoffen, dass man einen Aal aus einem Haufen Schlangen herausfinde.
Urteilen aus eigenen Mitteln ist das Vorrecht Weniger: die Übrigen leitet Autorität und Beispiel.
Im Ganzen und Allgemeinen jedoch beruht die dem Genie beigegebene Melancholie darauf, daß der Wille zum Leben, von je hellerem Intellekt er sich beleuchtet findet, desto deutlicher das Elend seines Zustandes wahrnimmt.
Aber ist denn die Welt ein Guckkasten? Zu sehn sind diese Dinge freilich schön; aber sie zu sein ist ganz etwas anderes.
Demzufolge ist darüber, ob einer aus Einsicht oder aus Absicht redet, nicht ein Mal das Zeugnis seines eigenen Bewußtseins gültig, meistens aber das seines Interesses.
Die, welche nur für die Zukunft leben, die das wahre Glück bringen soll, betrügen sich selbst um ihr ganzes Dasein.
Schwierige und pomphafte Phrasen verhüllen winzige, nüchterne oder alltägliche Gedanken.
Andererseits könnte man die Geschichte auch ansehn, als eine Fortsetzung der Zoologie.
Ein eigenthümlicher Fehler der Deutschen ist, daß sie, was vor ihren Füßen liegt, in den Wolken suchen.
Sich zu mühen, und mit dem Widerstande zu kämpfen, ist dem Menschen Bedürfnis wie dem Maulwurf das Graben. Der Stillstand, den die Allgenügsamkeit eines bleibenden Genusses herbeiführte, wäre ihm unerträglich.
Einsamkeit ist das Los aller hervorragender Geister: sie werden solche bisweilen beseufzen, aber stets sie als das kleinere von zwei Übeln erwählen.
Wie jeder der heimliche Theaterdirektor seiner Träume ist, so auch jenes Schicksal, welches unseren wirklichen Lebenslauf beherrscht.
Wenn Erziehung oder Ermahnung irgend etwas fruchteten; wie könnte dann Senecas Zögling ein Nero sein?
Wir aber vergessen, dass jeder Tag ein integrierender und daher unersetzlicher Teil des Lebens ist, und betrachten ihn vielmehr als unter demselben so enthalten, wie die Individuen unter dem Gemeinbegriff.
Das Leben ist kurz, und die Wahrheit wirkt fern und lebt lange – sagen wir die Wahrheit.
Entfernung und lange Abwesenheit tun jeder Freundschaft Eintrag, so ungern man es gesteht. Also bewährt sich auch hier Goethes Ausspruch: Die Gegenwart ist eine mächt’ge Göttin.
In Wahrheit aber zeigt sich in dieser Sprachreformation ein so kolossaler Unverstand, daß man fragen möchte, ob nicht eine Geisteskrankheit dahinter stecke, – und zwar eine ansteckende.
Im ganzen Verlaufe des beschriebenen Hergangs kannst du immer beobachten, daß Glauben und Wissen sich verhalten wie die zwei Schalen einer Waage: in dem Maße, als die eine steigt, sinkt die andere.
Wer sich vor Menschen fürchtet, wird feige genannt und zeigt Mangel an Vertrauen zu seiner Körperkraft. Wer sich vor der Einsamkeit fürchtet, zeigt Mangel an Vertrauen zu seiner Geisteskraft, wie soll man aber den nennen?
Der einzige Mann, der wirklich nicht ohne Frauen leben kann, ist der Frauenarzt.
Es ist im Leben wie im Schachspiel. Wir entwerfen einen Plan; dieser bleibt jedoch bedingt durch das, was im Schachspiel dem Gegner, im Leben dem Schicksal zu tun belieben wird.
In Hinsicht auf unser Wohl und Wehe kommt es in letzter Instanz darauf an, womit das Bewusstsein erfüllt und beschäftigt sei.
Geistesgegenwart besteht in der ungestörten Tätigkeit des Gehirns, unter dem Andrang der auf den Willen wirkenden Begebenheiten.
Das Leben ist ein Pendel, welcher ohne Unterlaß zwischen Schmerz und Langeweile schwingt.
Aber tausendmal heiter ist es zu seh’n, Wenn, was das Glück uns legte zur Hand, Tölpisch zerschlug unser Unverstand.
Alles durchläuft drei Phasen. Erst wird es verspottet. Danach stellt man sich gewaltsam dagegen. Zum Schluss wird es wie selbstverständlich angenommen.
Bei einem umgestoßenen System, wie bei einer geschlagenen Armee, ist der Klügste, wer zuerst davonläuft.
Demnach ist Stolz die von innen ausgehende, folglich direkte Hochschätzung seiner selbst; hingegen Eitelkeit das Streben, solche von außen her, also indirekt zu erlangen.
Bisweilen glauben wir, uns nach einem fernen Orte zurückzusehnen, während wir eigentlich uns nur nach der Zeit zurücksehnen, die wir dort verlebt haben, da wir jünger und frischer waren.
Gedanken und Witze willst du verschwenden? Den Anhang der Menschen dir zuzuwenden? Gib ihnen was Gutes zu fressen und zu saufen: sie kommen in Scharen dir zugelaufen.
Dem bei weitem größten Teile der Menschen aber sind die rein intellektuellen Genüsse nicht zugänglich; der Freude, die im reinen Erkennen liegt, sind sie fast ganz unfähig: sie sind gänzlich auf das Wollen verwiesen.
Maximen beim Handeln sind notwendig, um der Schwäche des Augenblicks Widerstand leisten zu können.
Mit einem Kunstwerk muss man sich verhalten wie mit einem großen Herrn: nämlich sich davor hinstellen und warten, dass es einem etwas sage.
Lesen ist ein bloßes Surrogat des eigenen Denkens. Man läßt dabei seine eigenen Gedanken von einem anderen am Gängelband führen.
Wird nämlich das Unrecht von Einer Seite herausgeworfen, so schleicht es sich von der andern wieder herein; weil eben die Unrechtlichkeit tief im menschlichen Wesen liegt.
Wer nachlässig schreibt legt dadurch zunächst das Bekenntnis ab, dass er selbst seinen Gedanken keinen großen Wert beilegt.
Wenn man argwöhnt, daß einer lüge, stelle man sich gläubig: da wird er dreist, lügt stärker und ist entlarvt.
Man sollte bei allem, was jetzt stattfindet, sofort das Gegenteil davon imaginieren.
Der Pedant kommt mit seinen allgemeinen Maximen im Leben fast immer zu kurz, zeigt sich unklug, abgeschmackt, unbrauchbar.