Zitate von Wilhelm Heinrich Riehl

Jedes Zeitalter hat sein eigenes Gespenst, und unter Zittern und Zähneklappern vor demselben erziehen sich die Völker.

Den Deutschen fängt mehrenteils die Politik immer erst da an, wo die Opposition anfängt, darum ist eine erhaltende und aufbauende Politik für so viele geradezu das klassische „hölzerne Eisen“ der logischen Lehrbücher.

Das Beste was wir können, haben wir ja nicht aus Büchern gelernt; es fliegt uns an im Umgang mit Natur und Menschen, und es fragt sich dabei nur, ob wir das Angeflogene auch uns anzueignen, festzuhalten und zu vertiefen wissen.

Nicht bloß der Kampf der Arbeit mit dem Kapital bedingt das Protelariat, sondern auch der Schicksalskampf mit der Geburt, mit dem Stande, mit der historisch gegebenen Stellung in der Gesellschaft.

Die empfindlichste Ungleichheit der Arbeit ist eine bloß eingebildete, nämlich die ungleiche Ehre der Arbeit.

Unsere Religionsbegriffe lernen wir bei den Männern, beten aber lernen wir bei der Mutter.

Wo man von der Verderbnis des Gesindes redet, da soll man zuerst Nachfrage halten nach der Verderbnis der Herrschaft.

Mit einer oft wahrhaft komischen Leichtfertigkeit nimmt heutzutage jede Partei die Zustimmung des Volkes für sich in Anspruch.

Eine Sitte kann niemals von einem Einzelnen gemacht werden. Sie wird und wächst wie das Volkslied.

Der Mann gibt dem Hause und der Familie Namen und äußere Gestaltung; er vertritt das Haus nach außen. Durch die Frau aber werden die Sitten des Hauses erst lebendig; so haucht sie in der Tat dem Hause den Odem des Lebens ein.

Die erste Freundschaftsqual der Jugend ist oft kaum minder herb, wie die Liebesqual späterer Tage.

Mit der Sittlichkeit fällt die Sitte, mit der Sitte lösen sich die Gesellschaftsgebilde.

Das Volk ist der Stoff, an welchem das formbildende Talent des Politikers sich erproben, das Volksleben das natürliche Element, dem er als Künstler Maß und Ordnung setzen soll.

Es schadet niemals, sich für alle Lebensabschnitte ein Stück Jugend zu bewahren, und es ist immer besser, im Alter jugendfrisch zu sein, als greisenhaft in jungen Tagen.

Der Bauer ist Autoritätsmensch. – Der Bauer, welcher neben die Kirche geht, wird in der Regel auch der sozial entartete Bauer sein. Bei ihm geht die Kirchenlosigkeit am sichersten Hand in Hand mit der Gottlosigkeit und dem sittlichen und materiellen Verderb.

Wer von Natur ein Charakter ist und wessen Bücher hervorwachsen aus diesen innersten Wurzeln seiner Persönlichkeit, dem werden viele literarische Sünden vergeben werden darum, daß er ein ganzer Mann war.

Für den Genius gibt es keine gesellschaftliche Schranke, im Gegenteil: er überbrückt dieselbe, wo er sie vorfindet.

Die eigenste Weise des Hauses, sein individueller Charakter, wird fast immer bestimmt durch die Frau.

Die größten Taten der Gedanken wurden vollbracht, in dem die Denker zu entschleiern suchten – was ewig ein Geheimnis bleiben wird.

Das Schöne muß man um seiner selbst willen suchen, die Kunst muß sich selber Zweck sein und in ihren höchsten wie in ihren anspruchslosesten Werken.

Es ist beileibe nicht gesagt, daß jeder sich verheiraten sollte; aber einer Familie angehören, in einem Hause, zum mindesten in einer familienartigen Gemeinschaft, das sollte ein jeder.

Die Begeisterung für einen festen, praktischen Beruf kann allein den strebenden Menschen in sich befriedigen.

Wo ein Mädchen schon mit dem A-B-C-Buch auf den Isolierschemel einer weiblichen Bildung gestellt wird, da ist es kein Wunder, wenn die erwachsene Dame zuletzt vor lauter Weiblichkeit zu Grunde geht.

Der Bauer ist die erhaltende Macht im deutschen Volke: so suche man denn auch, sich diese Macht zu erhalten!

Nur was wir wollten, fällt auf uns mit der Last einer Verantwortung, nicht was der tückische Zufall aus unseren Absichten und Plänen macht.

Im Wein ist Wahrheit. Auch eines Volkes geheimste Gedanken belauscht man wohl in den kurzen Augenblicken seligen Trunkenseyns, nicht in den langen nüchternen Tagen des ruhigen Gewohnheitslebens.

Reichtum hat noch keinen Bürger zum Demagogen gemacht, desto öfter die Armut.

Dem Humor soll auch allzeit im Umgange glaubensvoller Menschen sein volles Recht gewahrt sein, wenn er nur eben auf dem Grunde eines guten Gewissens mit Gott steht.

Die Wissenschaft um der Wahrheit, die Kunst um der Schönheit, Wahrheit und Schönheit um ihrer selbst willen; das klingt wie ein Märchen aus alter Zeit und sollte ein Evangelium sein.

Das Leben in der Familie ist das beste Schutzmittel vor allen sozialen Verirrungen, und wenn diese jetzt so übermächtig allwärts emporwuchern, so ist dies das sicherste Zeichen, daß das Heiligtum des Hauses gar vielfach zertrümmert sein muß.

Jedes Zeitalter findet ein paar große Wahrheiten, ein paar allgemeine Sätze, mit denen es sich seine eigene Welt erobert.

Der praktische Staatsmann wird sich kaum vor Communismus und Socialismus fürchten, das sind Lehrgebäude der großen und kleinen Schulmeister, und die Schulmeister selber werden schon dafür sorgen, daß die Todten ihre Todten begraben.

Es ist der Stumpfsinn gegen jegliches soziales Interesse, die gewissenlose Gleichgültigkeit gegen alles öffentliche Leben überhaupt, was jene große Sippe der Philister kennzeichnet.

Das Studium des Volkes sollte aller Staatsweisheit Anfang seyn und nicht das Studium staatsrechtlicher Systeme.

Hat das Weib erst einmal den Bann des alten Herkommens in Sitte und Tracht durchbrochen, hat es den natürlichen Conservatismus seines Geschlechts erst einmal verleugnet, dann wird es auch weit zügelloser, radikaler, neuerungssüchtiger in der Mode als der Mann.

Das beste bürgerliche Erbe ist die Kraft und gegebene äußere Möglichkeit, Reichtum zu erwerben, nicht der feste Besitz.