Zitate von Wilhelm Heinse
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Unser Gefühl selbst ist nichts anderes als eine innere Musik immer währender Schwingung der Lebensnerven.
Der beste Rat bleibt immer Stück- oder Flickwerk: wer sich nicht selber raten kann, dem ist nicht zu helfen.
Wissenschaft ist eine Sammlung vieler klarer Begriffe aus vielen lebhaften Erfahrungen über eine Sache.
Derjenige Mensch ist vollkommen, welcher seine Rechte und des Staates Rechte kennt und ausübt.
Daß die Menschen immer mehr sein wollen als sie sind, ist eine der stärksten Quellen unseres Elends.
Not ist der Uhrschlüssel, womit die Springfedern des Herzens von neuem wieder aufgezogen werden, und Sturm und Wetter auf der See des Lebens unendlich entzückender als aller Sonnenschein, wenn es vorbei ist.
Wer nicht sagt, was er für wahr hält, ist entweder ein Heuchler oder ein Feiger oder ein gebrechlicher Mensch. Wer den Star stechen will, muß können sehend machen und den Leuten beweisen, daß Sehen besser sei als Blindsein.
Jeder Mensch ist Despot: und keiner hilft dem anderen so sehr, wenn er nicht muß, daß er ihn von sich unabhängig macht.
Was weiß der Mensch von der Zukunft? Was gestern war, ist ihm ja schon ein Traum; und das hatte er doch gelebt. Von der Zukunft hat er weder etwas gesehn noch gehört.
Man mag sich wenden und drehen, wie man will, man kommt immer darauf zurück: wo die Staatsverfassung schlecht ist, das ist kurz: wo die einen alles und die andern nichts haben, ist auch bald die Moral schlecht. Sie gehen Hand in Hand, entweder beide gut, oder beide schlecht.
Liebe kritisiert nie – sie nimmt das Gute, wie’s kömmt, und entschuldigt das Böse ohne Vorbedacht.
Die gute Erziehung ist, dem Körper und der Seele alle Schönheit und Vollkommenheit zu geben, deren sie fähig sind.
Es bleibt dabei: Luft und Land macht den Hauptunterschied von Menschen; alsdenn kömmt Zufall und die Kette der Begebenheiten, Neuheit und Ablebung; alles geht im Kreis und Taumel, und die Bewegung läuft immer fort.
Die Erwartung des Übels macht fast allezeit größere Qual als das Übel selbst. Alles Unbekannte wirkt bloß auf die Phantasie, die immer vergrößert oder verkleinert und nie das Maß der Wirklichkeit trifft.
Menschenkenntnis ist das Resultat vieler Beobachtungen über eine Menge verschiedener Menschen.
Einsamkeit ist weiter nichts als eine Verdauung des Gefühls oder ein Schlaf des Lebens. Nun ist es gewiß schändlich, immer der Verdauung zu obliegen oder zu schlafen.
Der Mensch ist ein kleines Ding, man hat ihn bald auswendig gelernt, wenn man mit ihm vertraut wird.
Gott ist für diejenigen, die an ihn glauben, weiter nichts, als ihnen alle unbekannten Ursachen.
Der Mensch, sich selbst überlassen, glaubt von nichts etwas zu wissen, bis er sich es einigermaßen sinnlich vorstellen kann: und wo der Sinn aufhört, fängt die Einbildungskraft an. […] Das ist die Quelle seiner Wahrheit, seines Irrtums.
Das Lesen bleibt immer Unnatur, und der Mensch kann nur mit Gewalt oder durch Langeweile dazu gebracht werden. Es wird nie einer anfänglich viel Lust dazu gehabt haben.
Musik ist unter den Künsten die allgemeinste; sie wirkt am mehrsten auf das Volk, und steht oben an bey jeder Feyerlichkeit und Freude.
Das ist ein elendes Volk an Heldenmut und Verstand, wo bei jeder Kleinigkeit eine Ehrensäule muß aufgerichtet werden.
Alles Wesen macht sich los, sobald es in irgendeiner Verbindung keine Lust mehr hat. Freiheit oder mit seinen Kräften nach Vergnügen zu schalten und zu walten, ist sein Element.
Von Gott sich einen Begriff sich abstrahieren zu wollen ist ebenso, als ein ganzes Konzert sich als einen Ton denken.
Je mehr man das Weltall und seine Verbindungen damit kennt, desto vortrefflicher die Religion.
Die Eigenliebe ist eine der größten Krankheiten, die wir mit auf die Welt bringen. Sie ist blind wie die Liebe (zu einem schönen Weibe). Wer sie nicht mäßigt, kann kein großer Mann werden. Der Unwissende scheint sich dadurch klug und begeht tausend vermeidbare Fehler.
Das Glück kann man nicht machen, man muß es annehmen wie es kommt, aber mit Verstand brauchen.
Aller Zwang hemmt und drückt die Natur, und sie kann ihre Schönheit nicht in vollem Reize zeigen.
Mit der ersten Jugend ist der beste Umgang; alle Erwachsenen haben entweder Prätensionen, oder stellen sich wenigstens so an; und dies verbittert die herzliche Freude.
Alles Große besteht aus Kleinem. Wer von Kleinem nicht Besitz nimmt, kann das Große nie erwerben.
Auf andre Menschen bauen, heißt auf eines andern Dach bauen, wo man gar bald lästig, und schon ein geringer Grad von Wind zum Sturm wird.
Die Menschenstimme ist unstreitig das Wesentlichste bey der ganzen Musik; und an vortreflichen Menschenstimmen fehlt es überall, auf dem Theater, in Kirchen, und im gemeinen Leben.
Aller Herrschaft Druck ist schwer; man muß den Menschen immer freiwillig handeln zu lassen scheinen.
Bewegung und Berührung, Wesen und Form, Bewußtsein und darin entstehender Gedanke, dies ist das äußerste, wohin wir reichen.