Zitate von Charles de Secondat
page 4

Alles wäre verloren, wenn ein und derselbe Mann beziehungsweise die gleiche Körperschaft sei es der Fürsten, der Adligen oder des Volkes folgende drei Machtvollkommenheiten ausübte: Gesetze erlassen, öffentliche Beschlüsse in die Tat umsetzen, Verbrechen und private Streitfälle aburteilen.

Sobald Menschen in Gesellschaft leben, fühlen sie sich weniger schwach; die unter ihnen bestehende Gleichheit verschwindet, und der Kriegszustand beginnt.

Wollen die Wilden in Louisiana Früchte haben, so fällen sie den Baum an der Wurzel und sammeln die Früchte. Das ist die despotische Regierung.

Geistliche sind daran interessiert, die Völker in Unwissenheit zu erhalten, man würde sonst, da das Evangelium einfach ist, ihnen sagen: Wir wissen das alles so gut wie ihr.

Es kann als allgemeine Regel gelten, daß man, wenn in einem Staate, der sich den Namen Republik beilegt, alle Welt ruhig ist, jedes Mal überzeugt sein darf, daß dort keine Freiheit herrscht.

Die Liebe offenbart niemals, was die Freundschaft in ihrer höchsten Form sagen läßt.

Die Furcht vermehrt unsere Leiden, wie die Begehrlichkeit unsere Freuden steigert.

Und zu dem Geschmack: Anderswo gelten die Gesetze der Natur und anderswo die Gesetze der Gesellschaft.

Eine edle Tat ist eine Tat, die Güte besitzt und Kraft verlangt, um getan zu werden.

Da die Menschen böse sind, muss das Gesetz unterstellen, dass sie besser sind, als sie wirklich sind.

Der Geiz wird noch stärker im Alter. Denn immer noch begehren wir den Genuß. In der Jugend kosten wir den Genuß nur im Verschwenden, im Alter nur im Bewahren aus.

Ich habe stets beobachtet, daß man, um Erfolg zu haben in der Welt, närrisch scheinen, aber weise sein muß.

Sobald die Menschen in Gesellschaft leben, verlieren sie das Gefühl ihrer Schwäche; die Gleichheit, welche unter ihnen bestand, hört auf, und der Kriegszustand beginnt.

Das Völkerrecht beruht seiner Natur nach auf dem Grundsatze, daß die verschiedenen Völker sich im Frieden so viel Gutes und im Kriege so wenig Böses, als ohne Beeinträchtigung ihrer wahren Interessen möglich ist, zufügen sollen.

Die wahre Macht eines Herrschers besteht nicht so sehr in der Leichtigkeit, mit der er erobern kann, als vielmehr in der Schwierigkeit, ihn anzugreifen, und, wenn ich so sagen darf, in der Unantastbarkeit seiner Stellung.

Es ist sicher, daß der Charakter der Liebe und Freundschaft ganz verschieden ist: Letztere hat noch niemals einen Mann ins Irrenhaus gebracht.

Ich kann die Leute nicht ausstehen, die ständig Triumphe erringen über die Bescheidenheit der anderen.

Neid. Wo ich ihm begegne, mache ich mir ein Vergnügen daraus, ihn zur Verzweiflung zu bringen. Vor einem Neidischen lobe ich immer die, die ihn erbleichen machen.

Es ist sehr schwer zu wissen, ob die Frauen Geist haben oder nicht. Sie bestechen ihre Richter immer. Ihre heitere Art ersetzt bei ihnen den Geist. Man muß warten, bis ihre Jugend vorbei ist. Dann können sie sagen: Jetzt werde ich erfahren, ob ich Geist besitze.

Wir können aus allem Guten uns Gutes bilden und können sogar unsere Übel zu Gutem umbilden.

Bei jungen Frauen ersetzt die Schönheit den Geist, bei alten der Geist die Schönheit.

Ich verlange keine Protektion für dieses Buch; man wird es lesen, wenn es gut ist, und wenn es schlecht ist, so liegt mir nichts daran, daß man es lese.

Arbeiten wir daran, die Menschen glücklicher zu hinterlassen, als wir selbst es waren.

Der Geizige liebt das Geld um seiner selbst willen, nicht wegen des Nutzens, den er daraus zieht.

Denn wenn es sich darum handelt, so klare Dinge zu beweisen, so ist man sicher, nicht zu überzeugen.

Erfolg beruht im Allgemeinen auf dem Wissen, wie viel Zeit zum Erfolg nötig ist.

Ich finde, daß die meisten daran arbeiten, zu großen Reichtümern zu kommen, um, wenn sie soweit sind, verzweifelt zu sein, daß sie nicht berühmter Abkunft sind.

Man ist glücklich in dem Gesellschaftskreis, in dem man lebt: Das beweisen die Galeerensträflinge. Jeder schafft sich den Kreis, in den er sich stellt, um glücklich zu sein.

Ich würde aufwendige Begräbnisse verbieten; man muss die Menschen bei ihrer Geburt beweinen, nicht bei ihrem Tode.

Wenn es nicht unbedingt notwendig ist, ein Gesetz zu erlassen, ist es unbedingt notwendig, ein Gesetz nicht zu erlassen.

Die Sucht zu gefallen ist der Kitt der Gesellschaft; das Glück für das Menschengeschlecht bestand darin, daß die Eigenliebe, die bestimmt war, die Gesellschaft aufzulösen, sie geradezu stärkt und unerschütterlich macht.

Die meisten Franzosen leiden an der Manie, geistreich sein zu wollen; und die, welche geistreich sein wollen, leiden an der Manie, Bücher zu schreiben.
![Charles de Secondat - Von allen Völkern der Welt hat es [England] am besten verstanden, drei große Dinge sich zunutze zu ma...](https://www.netzitate.com/bilder/276/zitate-von-charles-de-secondat-197.jpg)
Von allen Völkern der Welt hat es [England] am besten verstanden, drei große Dinge sich zunutze zu machen: die Religion, den Handel und die Freiheit.

Um eine böse Tat zu tun, findet die Frömmigkeit Gründe, die einem einfachen, redlichen Menschen nie in den Sinn kommen würden.

Je mehr Menschen zusammenleben, desto eitler werden sie, und es entsteht in ihnen das Bestreben, sich durch allerlei Kleinigkeiten hervorzutun. Wenn sie so zahlreich sind, daß sie einander nicht kennen, so verdoppelt sich das Bestreben, sich hervorzutun.