Ernst Siegfried Mittler Zitate

Ehrfurcht den Vorfahren, Treue den Lebensgenossen, Vertrauen der Jugend!

Ich wollte das Alter gern der Jugend gleichsetzen, wenn es nur nicht die Enge der Bewegung, die Schwere der Erinnerung, die Bitternis der Erfahrung hätte.

Dein Alter setze im Kampfe der Meinungen stets als Dein schwächstes Vorrecht an. Zwar ist es von Gott Dir gewährt, gilt aber als solches vor allem Dir selbst.

Je näher am Ziele, desto größer die Anspannung der körperlichen Kräfte, es zu erreichen, der geistigen, es zu verdienen.

Eine Quantität ruht auf der Fläche – eine Qualität steigt in die Höhe.

In Hoffnung schwört Ihr treuere Gelübde, als Ihr in Dank sie einlöst.

Die Kinder sind das Gewissen der Eltern.

Frieden im Herzen bringt Frieden in die Welt.

Dem Tatendrange geweiht sei Dein Morgen und den Erinnerungen Dein Abend.

Einsamkeit heißt Wirksamkeit für den, der Erinnerung und Ziel besitzt.

Raum für alle hat die Erde, wer aber gibt jedem die ihm gebührende Zeit?

Der Begriff der Unendlichkeit ist der Vernunft versagt, aber der der Unsterblichkeit der Seele eingeboren.

Jugend ordnet unter Begriffe, das Alter unter Erlebnisse.

Wahrer Friede ist Gottesfriede, auch der Schlaf.

Mit dem Alter beginnen die Schwächen des Lebens; umso mehr muß die Seele ihnen standzuhalten bereit sein.

Das Alter hat am meisten zu erzählen, aber wie wenige wollen es hören und beherzigen!

Unendlich ist der Raum, durch den wir in dunkler Nacht sternenweit schauen, aber bei lichtem Tage bietet er sich faßbar umgrenzt dem Auge. Nie die Zeit: unsichtbar bleibt sie, stumm, unerbittlich, ein Geheimnis dem Menschen, eine Macht, die uns alle unterjocht.

Den vollen wahren Lebensgenuß findet nur, wer sich die Freude am Kleinen bewahrt, ja die Geduld am Unvollkommenen behauptet.

Welch ein Glück, daß jede rechte Erinnerung zur Verinnerung wird.

Endlos ist ziellos; ungemessene Schätze vergeudet man; erst, indem das Leben an den Tod rückt, empfängt es Gestalt und Schwerkraft.

Wo das Wissen aufhört, leuchtet auf der Glaube, und wo der Glaube aufhört, das Schauen.

Freude bezahlt der Mensch durch Leid. Er sammle Schätze in guten Zeiten, froh, wenn er nur deren Zinsen in schlechten Zeiten aufwenden muß.

Ja, lerne zeitig begreifen, daß Dein ganzes Leben Dich vorbereiten muß, den Tod zu bestehen.

Jeder Schlaf sollte Dich an den letzten Schlaf mahnen.

Streben heißt leben: Vertausche zwei Buchstaben, es genügt, daß Alles sich ins Gegenteil fügt: sterben.

Ein Menschenleben reicht nicht hin, alle ernsten Werte kennen zu lernen und zu genießen; wie sollte da noch Zeit sein, mit minderen Werten sich abzugeben?

Es ist das Priesteramt des Greisen, Den Weg zum Himmel uns zu weisen.

Gesinnung vererben gilt mehr als Gut hinterlassen.

Wieviel freundlicher und gefüger ist der Raum als die Zeit: liebe Stätten kann man wiedersehen, in glückliche Stunden sich nur zurückträumen.

Ehe sie den Wert des Lebens erkannt, haben die meisten es schon halb durcheilt.

Je höher der Mensch steigt, desto mehr sollte er, wie die Sonne, nicht nur glänzen, sondern auch wärmen.

Große Taten erscheinen uns oft so bewundernswert, daß wir sie nur von gereiften, erfahrenen, gefestigten Männern ausgeführt glauben und zu diesen wie zu Greisen verehrungsvoll aufschauen: wie staunen wir, wenn wir uns für viel älter als jene erkennen.

Später Dank und späte Freuden gleichen der Wintersonne: sie wärmen wenig und wecken müde Kräfte.

Nütze die Zeit: Die Zeit, so lehrte mein Urgroßvater, hat ein Janusgesicht, von vorn zeigt sie sich Dir jung und frisch: greife sie fest an der Stirnlocke; hinten hat sie eine Glatze.

Ist Trennung im Leben schwerer als Trennung im Tode?

Quisquis praesumitur bonus ist der heidnische Grundsatz der Menschenliebe und Menschenwürde; wehe aber einer Christenheit, die ihn ins Gegenteil verkehrt: Quisquis praesumitur malus.

Jeder Tag ohne Liebe zu erweisen oder zu empfangen, ist ein verlorener in Gottes Reich.

Nicht nur: „er hat vollendet“ sollte man einem Dahingeschiedenen nachrufen, sondern hinzufügen: „und ist vollendet!“

Mit Ehrerbietung sehen wir wohl auf die Vorfahren, mit Vertrauen auf die Zeitgenossen, versäumen aber leicht, auf die Nachkommen zu blicken.

Wer an die Unsterblichkeit glaubt, muß auch an das Näherliegende, an die Fortentwicklung der Menschheit hienieden zum Guten glauben.

Nicht die Zahl der Jahre, sondern die Erlebnisse altern den Mann, und auch diese dann erst am schwersten, wenn er sie Gott nicht anvertraut.

Wohl dem, der die Gegenwart als liebe Fortsetzung seiner Erinnerungen, als Richtschnur und Bürgschaft der Zukunft genießt.

Rückschau zeigt liebe, heilige Bilder, Vorausblick schweigende Dämmerung.

Nicht nach Herkunft, nach Zielkunft befrage und beurteile jeden Menschen.

Hoffnung heißt der Morgenstern, Sehnsucht der Abendstern.

Wohl dem, dem nicht körperliche Schwäche, nicht Entsagung, sondern Erfahrungsreichtum, Weisheit die Anzeichen des Alters bringen!