Zitate von Giacomo Casanova
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Die Zeilen, die den Dichter am meisten Arbeit kosten, sind die, bei denen ein uneingeweihter Leser denkt, sie hätten ihn gar keine gekostet.
Könnte Gott, der Uranfang aller Anfänge, der selber niemals einen Anfang gehabt hat, sich selber begreifen, wenn er, um sich zu begreifen, seinen eigenen Anfang kennen müßte?
Tagtäglich tut irgendein Phänomen uns unsere Unwissenheit dar, und ich glaube, dies ist der Grund, warum wir so selten einen Gelehrten finden, dessen Geist von jedem Aberglauben frei ist.
Die Beine einer Frau sind das erste, was ich beiseite schiebe, wenn ich ihre Schönheit beurteilen will.
Das Feuer der Begierden gleicht dem Strohfeuer; sobald es brennt, hat es auch schon seine größte Höhe erreicht.
Ich habe diese Erinnerungen nicht für die Jugend geschrieben; denn diese muss in der Unwissenheit erhalten werden, damit sie nicht zu Fall komme.
Ich sah, daß man oft, um zur Wahrheit zu gelangen, mit einer Täuschung beginnen muß. Dem Licht muß notwendigerweise Finsternis vorangegangen sein.
Je tiefer man in seiner eigenen Meinung steht, desto mehr ist man bestrebt, in den Augen anderer Menschen ausgezeichnet zu erscheinen.
Gott kann von seinen Geschöpfen nur die Ausübung der Tugenden fordern, deren Keim er in ihre Seele gelegt hat, und er hat uns alles nur zu dem einzigen Zweck gegeben, uns glücklich zu machen.
Einen Menschen kennen heißt: wissen, über welchen Betrag er verfügen kann. Was kommt es denn auf einen Namen an?
Mein Verstand und mein Charakter liegen beständig im Kriege miteinander, und bei ihren fortwährenden Zusammenstößen habe ich stets gefunden, daß ich nicht Verstand genug für meinen Charakter und nicht Charakter genug für meinen Verstand besaß.
Amor ist der größte Spitzbube unter den Göttern, der Widerspruch scheint sein Element zu sein.
Die meisten gut erzogenen Mädchen heiraten, ohne daß Liebe dabei eine Rolle spielt, und sie tun es gerne. Sie scheinen zu wissen, daß Ehemänner eine Sache sind und Liebhaber eine andere.
Vier Fünftel meines Genusses bestanden immer darin, die Frauen glücklich zu machen.
Ein Mensch, der sich in Not befindet und einen Reichen um Hilfe bittet, verliert dessen Achtung, wenn er Unterstützung erlangt und erwirbt sich dessen Verachtung, wenn sie ihm versagt wird.
Man beachte, daß die Menschen, die keinen Gesichtsausdruck haben – und deren gibt es gar viele – ebensowenig haben, was man Charakter nennt.
Vor Liebe entbrannt, eilte ich in ihre glühenden Arme und erwies ihr dies sieben Stunden hindurch in den entflammtesten Bezeugungen, bei welchen wir nur in gleich vielen Viertelstunden innehielten, um uns mit der zärtlichsten Rede weiter zu befeuern.
Leiden liegt in der menschlichen Natur; aber wir leiden nie, oder zumindest sehr selten, ohne die Hoffnung auf Heilung zu nähren; und die Hoffnung selbst ist eine Freude.
Jeder Mensch trägt ein geheimes Glockenspiel in der Brust, und die Herrlichkeit des Lebens besteht darin, den immer neuen Melodien zu lauschen, die dann erklingen, wenn der Hauch der Leidenschaft die Glocken bewegt.
Je unschuldiger ein Mädchen ist, desto weniger weiß sie von den Methoden der Verführung. Bevor sie Zeit hat nachzudenken, zieht Begehren sie an, Neugier noch mehr und Gelegenheit macht den Rest.
Einzig der Mensch ist wirklicher Lust fähig, denn er ist mit dem Vermögen des Denkens begabt; er erwartet die Lust, er sucht sie, er verschafft sie sich und erinnert sich ihrer, wenn er sie genossen hat.
Ganz gewiß hat es auf dieser Welt niemals Hexen und Hexenmeister gegeben; aber ebenso unleugbar haben zu allen Zeiten die Leute an Betrüger geglaubt, die das Talent besaßen, als Zauberer aufzutreten.
Keinem Menschen auf der Welt kann es gelingen, alles zu wissen, aber jeder, der sich begabt fühlt und der sich einigermaßen über seine geistige Kraft Rechenschaft anzulegen weiß, muß so viel wie möglich kennenzulernen suchen.
Ob ich es in dieser Fähigkeit sehr weit gebracht habe, weiß ich nicht, das aber weiß ich, daß ich ihr allein alles Glück verdanke, dessen ich genieße, wenn ich mich mit ihr allein befinde.
Wer stark genug ist, seine Handlungen so lange aufzuschieben, bis er wieder ruhig geworden ist, der ist wahrhaft weise. Aber solche Menschen sind selten.
Da die wahren Tugenden nur Gewohnheiten sind, so erkühne ich mich zu sagen: Wahrhaft tugendhaft ist nur, wer Tugend übt, ohne daß es ihm die geringste Mühe macht.
Es gibt in der Existenz des Menschen entgegengesetzte Perioden, welche man die Glückszeit und die Unglückszeit des Lebens nennen könnte.
Das Küssen ist ein Ausdruck der Freßlust, darauf gerichtet, das Objekt zu verschlingen.
Wer die Mysterien und deren tieferen Sinn mit den Mitteln der Vernunft ergründen will, zerstört sie.
Die Liebe ist ein Gefühl oder eine Laune der Sympathie; nur das Wesen, das sie eingeflößt hat, kann sie verlöschen oder zu größerer Glut anfachen.
Oft hält man Mäßigkeit für eine Tugend bei einem Menschen, dem sie durchaus nicht als Verdienst anzurechnen ist.
Die großen Freuden… sind nur die, die nicht die Leidenschaften aufregen und den Frieden der Seele mehren.
Temperamentsfehler sind unverbesserlich, weil das Temperament nicht von unseren Kräften abhängt.
Wer eine Beleidigung vergißt, vergibt sie darum noch nicht; denn um vergeben zu können, muß man heroisches Gefühl, ein edles Herz, einen großmütigen Sinn haben; das Vergessen dagegen beruht auf Gedächtnisschwäche oder auf sanftmütiger Nachlässigkeit.
Ach, hängt das wirklich von uns ab? Liebe ist ein Zwang, und dann sind wir verloren.
Ich bin unverfroren genug, mich Dank meiner derben Neigungen für glücklicher zu halten als andere, weil ich davon überzeugt bin, daß mich diese Neigungen zu größerem Genuß befähigen.
Der Mensch ist frei; aber er ist nicht mehr frei, wenn er nicht an seine Freiheit glaubt.