Franz Grillparzer Zitate
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Ein Menschenschicksal, ach! es ist so wenig! Ein Menschenschicksal, ach! es ist so viel!
Der Mann mag das Geliebte laut begrüßen, Geschäftig für sein Wohl lebt still das Weib.
Da kommt Rustan mit dem König, tut schon vornehm, blickt schon stolz. Ei, umgüldet’s nur ein wenig, dünkt sich Edelstein das Holz.
Es hat noch niemand acht gegeben auf die Verwandtschaft der Rachsucht mit der Gerechtigkeitsliebe.
Gewinnsucht und Eitelkeit Sind die Werbeoffiziere der Schlechtigkeit. Ist das Handgeld aufgezählt, Nimmt das Gewissen das Fersengeld.
Jugend halte dir die Schale, Freude schenke dir den Trank. Jugend – auch im Abendstrahle – Freud‘ – auch wenn die Sonne sank.
Hoffnung und Erinnerung sind Rosen, von einem Stamme mit der Wirklichkeit, nur ohne Dornen.
Besiegter Fehl ist all des Menschen Tugend, Und wo kein Kampf, da ist auch keine Macht.
Die Uhr, sie zeigt die Stunde, die Sonne teilt den Tag; doch was kein Aug‘ erschaute, mißt unsres Herzens Schlag.
Philosophie und Poesie, Verschlagen vom Wind der Emphatik, Sind gestrandet, ich weiß nicht wie, Auf der Sandbank der Grammatik.
Alles Beweisen besteht eigentlich darin, daß man den Zusammenhang des zu beweisenden Satzes mit einem anderen deutlich macht, der selbst keines Beweises bedarf.
Die Ungebildeten haben das Unglück, das Schwere nicht zu verstehen. Dagegen verstehen die Gebildeten häufig das Leichte nicht – was ein noch viel größeres Unglück ist.
Ästhetiker Nach Gründen suchen ist eure Schwäche, Die Kunst lebt im Vollen und Bunten, Der Grund ist auch eine Oberfläche, Nur nach unten.
Es bindet gleicher Schmerz wie gleiches Blut, Und Trauernde sind überall verwandt.
Die gescheiten und die dummen Leute erkennt man unter anderem auch daran, daß die Dummen das verehren, was in ihrer eigenen Richtung liegt, die Gescheiten aber, was sie fühlen, daß es ihnen abgeht.
Mein Bruder ist katholischer als ich. Er ist’s aus Furcht, indes ich’s nur aus Ehrfurcht.
Ein Held ist, wer das Leben Großem opfert. Wer’s für ein Nichts vergeudet ist ein Tor.
Wenn das Unglück dem Verbrechen folgt, folgt öfter das Verbrechen noch dem Unglück.
Weil sie mit Werken schwanger sind, Sehn fruchtbar sich die Toren! Die Mutter zählt erst dann ein Kind, Wenn lebend sie’s geboren.
Wenn die Menschen von Gott reden, so kommen sie mir vor wie Lichtenbergs Kahlenberger Bauern, die, wenn ein Messer fehlt, dafür ein Stück Holz in die Scheide stecken, damit diese nicht leer sei.
Befriedigung, die ich nach außen träumte, Kam nun von innen selber in mein Dach. Das Leben rächt ja stets, was es versäumte: Ich hole meine Jugendjahre nach.
Pöbelliteratur Glaubt ihr, man könne kosten vom Gemeinen? Man muß es hassen oder ihm sich einen.
Wohin seid ihr, goldne Tage? Wohin bist du, Feenland, Wo ich ohne Wunsch und Klage Lebte an der Unschulds Hand?
Die Wirklichkeit drückt sich mit Recht gemäßigt aus, denn sie hat die Unbestreitbarkeit ihres Wesens für sich.
Böses Wetter, böses Wetter! Es entladen sich die Götter, Reinigen ihr Wolkenhaus, Und die Menschen badens aus.
Man tadelt einen Kritiker, wenn er beißend wird. Wie ungerecht! Wenn die Fackel der Kritik leuchtet, soll sie nicht auch brennen!
Der Tücht’ge sieht in jedem Soll ein Muß, Und Zwang, als erste Pflicht, ist ihm die Wahrheit.
In ein Stammbuch Werde, was du noch nicht bist, bleibe, was du jetzt schon bist. In diesem Bleiben und Werden liegt alles Schöne hier auf Erden.
Verkehrte Welt Die Literaturhistoriker Sind gegen mich gar strenge Richter, Als wäre ich ein Literaturhistoriker Und sie wären Dichter.
Der Satz: die Dinge müßten ursprünglich gedacht sein, weil ich sie sonst nicht denken könnte, ist gerade so, als wenn ich sagte: sie müßten ursprünglich gemalt werden, weil sie sonst der Maler nicht malen könnte.
Heute sorget ihr für morgen, morgen für die Ewigkeit. Ich will heut‘ für heute sorgen, morgen ist für morgen Zeit.
Glücklich der Mensch, der fremde Größe fühlt und sie durch Liebe macht zu seiner eigenen.