seite 12
Es gibt Leute, die glauben, alles wäre vernünftig, was mit einem ernsthaftem Gesicht getan wird.
Georg Christoph LichtenbergDer eine hat eine falsche Rechtschreibung und der andere eine rechte Falschschreibung.
Georg Christoph LichtenbergSo wie das höchste Recht das höchste Unrecht ist, so ist auch umgekehrt nicht selten das höchste Unrecht das höchste Recht.
Georg Christoph LichtenbergEs gibt eine Art von leerem Geschwätz, dem man durch Neuigkeit des Ausdrucks, unerwartete Metaphern das Ansehen von Fülle gibt. Im Scherz geht es an, im Ernst ist es unverzeihlich.
Georg Christoph LichtenbergVerminderung der Bedürfnisse sollte wohl das sein, was man der Jugend durchaus einzuschärfen und wozu man sie zu stärken suchen müßte. Je weniger Bedürfnisse, desto glücklicher, ist eine alte, aber sehr bekannte Wahrheit.
Georg Christoph LichtenbergIch weiß aus unleugbarer Erfahrung, daß Träume zur Selbsterkenntnis führen.
Georg Christoph LichtenbergDas Mädchen ist ganz gut, man muß nur einen andern Rahmen drum machen lassen.
Georg Christoph LichtenbergDer Mensch irrt freilich überall, allein die Propheten, Physiognomen und Astrologen muß man nicht so gradeweg unter die irrenden Naturkündiger stellen, der Prophet und der Physiognom irren eminent.
Georg Christoph LichtenbergWoher kommt es doch, daß man bei ähnlichen Gesichtern so oft ähnliche Gesinnungen findet?
Georg Christoph LichtenbergWie glücklich viele Menschen wären, wenn sie sich genauso wenig um die Angelegenheiten anderer kümmern würden wie um die eigenen.
Georg Christoph LichtenbergKein Wort im Evangelium ist in unseren Tagen mehr befolgt worden als das: Werdet wie die Kindlein.
Georg Christoph LichtenbergMan muß Hypothesen und Theorien haben, um Kenntnisse zu organisieren, sonst bleibt alles Schutt.
Georg Christoph LichtenbergDie eine Seite seines Gehirns war weit härter und älter als die linke, und das gab seinen Gedanken das Sonderbare, er hatte oft Gedanken, die gar nicht wie Gedanken aussahen.
Georg Christoph LichtenbergIch bin außerordentlich empfindlich gegen alles Getöse, allein es verliert ganz seinen widrigen Eindruck, sobald es mit einem vernünftigen Zwecke verbunden ist.
Georg Christoph LichtenbergHarlequin will sich selbst ermorden, und nachdem er gegen jede Todesart etwas einzuwenden findet, entschließt er sich endlich, sich tod zu kitzeln.
Georg Christoph LichtenbergWenn die Menschen sagen, sie wollen nichts geschenkt haben, so ist es gemeiniglich ein Zeichen, daß sie etwas geschenkt haben wollen.
Georg Christoph LichtenbergIch glaube, dass die moralische Empfindlichkeit im Menschen zu unterschiedenen Zeiten verschieden ist, des Morgens stärker als des Abends.
Georg Christoph LichtenbergEs gibt ein Sprichwort im Englischen, das heißt: Er ist zu dumm, um ein Narr zu werden. Es steckt sehr viel feine Bemerkung hierin.
Georg Christoph LichtenbergIn Lavatern ist nichts von dem sanften Sonnenlicht des Tizian, sondern über alles dampft er einen heiligen Nebel her und blitzt mit Hexenmehl und Kolophonium, und donnert auf der Baßgeige.
Georg Christoph LichtenbergEs ist eine ganz bekannte Sache, daß die Viertel-Stündchen größer sind, als die Viertelstunden.
Georg Christoph LichtenbergIm gemeinen Leben heißt oft die Epilepsie das böse Wesen. Was wäre das gute Wesen? Jemand glaubt, man könne den epileptischen Zuckungen im Paroxysmus der gekrönten Liebe diesen Namen geben.
Georg Christoph LichtenbergKeiner kennt die Menschen so gut wie die Bettler, Beichtväter und Banker.
Georg Christoph LichtenbergEr war ein vortrefflicher Junge; als er kaum sechs Jahre alt war, konnte er schon das Vaterunser rückwärts herbeten.
Georg Christoph LichtenbergUm uns ein Glück, das uns gleichgültig scheint, recht fühlbar zu machen, müssen wir immer denken, daß es verloren sei und daß wir es in diesem Augenblick wieder erhielten.
Georg Christoph LichtenbergAlle schwache[n] Regierungen gründen sich darauf, daß sie dem klügeren Teil der Nation ein Schloß oder Klebpflaster auf den Mund werfen.
Georg Christoph LichtenbergOb eine Mann, der schreibt, gut oder schlecht schreibt, ist gleich ausgemacht, ob aber einer, der nichts schreibt und stille sitzt, aus Vernunft oder Unwissenheit stille sitzt, kann kein Sterblicher ausmachen.
Georg Christoph LichtenbergEs ist sonderbar, daß nur außerordentliche Menschen die Entdeckungen machen, die hernach so leicht und simpel scheinen, dieses setzt voraus daß die simpelsten aber wahren Verhältnisse der Dinge zu bemerken sehr tiefe Kenntnisse nötig sind.
Georg Christoph LichtenbergWas einem das Liegen auf dem rechten Ellenbogen ist, nachdem man eine Stunde auf dem linken gelegen.
Georg Christoph LichtenbergSie ging mit Schritten, wovon jeder die Absicht zu haben schien zu besiegen, und doch, wer konnte einen zwingen hinzusehen, wenn man nicht wollte, man konnte es der kleinen Hexe unmöglich verbieten.
Georg Christoph LichtenbergManche Köpfe tragen keine Früchte, wenn sie nicht wie Hyazinthenzwiebeln über Bouteillenhälsen stehen. Der Feige holt da seinen Mut, der Schüchterne Vertrauen auf eigne Kraft und der Elende Trost hervor.
Georg Christoph LichtenbergWas man so sehr prächtig Sonnenstäubchen nennt sind doch eigentlich Dreckstäubchen.
Georg Christoph LichtenbergDer gewöhnliche Kopf ist immer der herrschenden Meinung und der herrschenden Mode konform.
Georg Christoph LichtenbergAlle Erfindungen gehören dem Zufall zu, die eine näher, die andre weiter vom Ende, sonst könnten sich vernünftige Leute hinsetzen und Erfindungen machen so wie man Briefe schreibt.
Georg Christoph LichtenbergWenn Leute ihre Träume aufrichtig erzählen wollten, da ließe sich der Charakter eher daraus erraten, als aus dem Gesicht.
Georg Christoph LichtenbergWenn ich doch Kanäle in meinem Kopfe ziehen könnte, um den inländischen Handel zwischen meinem Gedankenvorrate zu befördern! Aber da liegen sie zu Hunderten, ohne einander zu nützen.
Georg Christoph LichtenbergDie Zeitungsschreiber haben sich ein hölzernes Kapellchen erbaut, das sie auch den Tempel des Ruhmes nennen, worin sie den ganzen Tag Porträts anschlagen und abnehmen.
Georg Christoph LichtenbergWenn man den Ländern Namen von den Worten gäbe, die man zuerst hört, so müßte England "damn it" heißen.
Georg Christoph LichtenbergEs macht den Deutschen nicht viel Ehre, daß einen anführen (was sonst mit anleiten gleichbedeutend ist) soviel heißt als einen betrügen.
Georg Christoph LichtenbergDas Bekehren der Missetäter vor ihrer Hinrichtung läßt sich mit einer Art von Mästung vergleichen, man macht sie geistlich fett, und schneidet ihnen hernach die Kehle ab, damit sie nicht wieder abfallen.
Georg Christoph Lichtenberg