Georg Christoph Lichtenberg Zitate
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Der Mann hatte immer von der einen Seite ein sehr ehrliches Gesicht, wenn er einen dicken Backen hatte, und waren beide Backen geschwollen, so bekam er an den Mundwinkeln die beiden Cherubs-Fältchen.
Die meisten Menschen nehmen die Meinungen an, so wie sie von andern gemacht worden sind.
Wenn du einmal eine Welt schaffst oder malst, so schaffe und male das Laster hässlich und alle giftigen Tiere scheußlich! So kannst du es besser übersehen. Aber beurteile Gottes Welt nicht nach der deinigen!
Was die wahre Freundschaft und noch mehr das glückliche Band der Ehe so entzückend macht, ist die Erweiterung seines Ichs und zwar über ein Feld hinaus, das sich im einzelnen Menschen durch keine Kunst in der Welt schaffen läßt.
Der Trieb, unser Geschlecht fortzupflanzen, hat noch eine Menge anderes Zeug fortgepflanzt.
Du sollst deinen Nächsten seines Glaubens wegen nicht braten, zumal du ihn nicht essen kannst.
Die Deutschen schreiben die Bücher, aber die Ausländer machen, daß sie sie schreiben können.
Wenn auch meine Philosophie nicht hinreicht, etwas Neues auszufinden, so hat sie doch Herz genug, das längst Geglaubte für unausgemacht zu halten.
Erfahrung, nicht lesen und hören ist die Sache. Es ist nicht einerlei, ob eine Idee durch das Auge oder das Ohr in die Seele kommt.
Wenn der Schlaf ein Stiefbruder des Todes ist, so ist der Tod ein Stiefbruder des Teufels.
In den Kehrichthaufen vor der Stadt lesen und suchen, was den Städtern fehlt, wie der Arzt aus dem Stuhlgang und Urin.
Musik war in der ersten Zeit Lärm, Satire war Pasquille. Alles verfeinert sich. Hier und da sieht man nur noch die Geister der abgeschiedenen Wissenschaft.
Selbst die sanftesten, bescheidensten und besten Mädchen sind immer sanfter, bescheidener und besser, wenn sie sich vorher im Spiegel schöner gefunden haben.
Wer aus England nach Holland kommt, glaubt aus einer Gesellschaft wohlerzogener Offiziere unter Tamboure und Profosse versetzt zu sein.
Die Franzosen versprachen in den adoptierten Ländern Bruderliebe, sie schränkten sich aber am Ende bloß auf Schwesterliebe ein.
Die hitzigsten Verteidiger einer Wissenschaft, die nicht den geringsten scheelen Seitenblick auf dieselbe vertragen können, sind gemeiniglich solche Personen, die es nicht sehr weit in derselben gebracht haben und sich dieses Mangels heimlich bewußt sind.
Starke Empfindungen, deren sich so viele rühmen, ist nur allzuoft die Folge eines Verfalls der Verstandeskräfte.
A. Der Mann hat viele Kinder. B. Ja, aber ich glaube, von den meisten hat er bloß die Korrektur besorgt.
Aus der Mätresse eines Mannes läßt sich viel auf den Mann schließen, man sieht in ihr seine Schwachheiten und seine Träume. Ex socio wird man nicht halb so gut erkannt, als ex socia.
Wir sehen in der Natur nicht Wörter, sondern immer nur Anfangsbuchstaben von Wörtern, und wenn wir alsdann lesen wollen, so finden wir, dass die neuen so genannten Wörter wiederum bloß Anfangsbuchstaben von andern sind.
Um sicher Recht zu tun, braucht man sehr wenig vom Recht zu wissen. Allein um sicher Unrecht zu tun, muss man die Rechte studiert haben.
Bei den meisten Menschen gründet sich der Unglaube in einer Sache auf blinden Glauben in einer anderen.
Man wird grämlich, wenn man alt wird, oder wenn Liebe oder auch oft wenn Freundschaft alt wird.
Leute, die sehr viel gelesen haben, machen selten große Entdeckungen. Ich sage dieses nicht zur Entschuldigung der Faulheit, denn Erfinden setzt eine weitläufige Selbstbetrachtung der Dinge voraus, man muß mehr sehen als sich sagen lassen.
Anstatt daß sich die Welt in uns spiegelt, sollten wir vielmehr sagen, unsere Vernunft spiegele sich in der Welt.
Die Augen eines Frauenzimmers sind bei mir ein so wesentliches Stück, ich sehe oft danach, denke mir so vielerlei dabei, daß, wenn ich nur ein bloßer Kopf wäre, die Mädchen meinetwegen nichts als Augen sein könnten.
Unsere Welt wird noch so fein werden, daß es so lächerlich sein wird, einen Gott zu glauben, als heutzutage Gespenster.
Herr Camper erzählte, daß eine Gemeinde Grönländer, als ein Missionair ihnen die Flammen der Hölle recht fürchterlich malte, und viel von ihrer Hitze sprach, sich alle nach der Hölle zu sehnen angefangen hätten.
Wie geht’s, sagte ein Blinder zu einem Lahmen. Wie Sie sehen, antwortete der Lahme.
Wir haben keine Worte um mit dem Affen von Weisheit zu reden. Der ist schon weise, der den Weisen versteht.
In jedem Menschen ist etwas von allen Menschen. Ich glaube diesen Satz schon sehr lange; den vollständigen Beweis davon kann man freilich erst von der aufrichtigen Beschreibung seiner selbst erwarten, nämlich, wenn sie von vielen unternommen wird.
Von einem französischen Atheisten, der Esprit hat, wird verlangt, daß er sich nur bei schmerzlichen Krankheiten und auf dem Todbette bekehrt. Unsere hingegen bekehren sich bei jedem Donnerwetter.
In älteren Jahren nichts mehr lernen können, hängt mit dem in älteren Jahren sich nicht mehr befehlen lassen wollen zusammen, und zwar sehr genau.
Die langen Arme der Großen, sich selbst überlassen, sind bei weitem nicht so furchtbar wie die verzwickten kurzen ihrer Kammerdiener.
Die gesundesten und schönsten, regelmäßigst gebauten Leute sind die, die sich alles gefallen lassen. Sobald einer ein Gebrechen hat, so hat er seine eigene Meinung.
Der Mensch, der sich vieles Glücks und seiner Schwäche bewußt ist, wird abergläubisch, flüchtet zum Gebet.
Ich bin überzeugt, daß es Brillen für die Seelenkräfte gibt so gut wie für die Augen. Es wäre sonderbar, wenn so etwas nicht sollte möglich sein.