Zitate von Henry Thomas Buckle
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Ein sehr unwissendes Volk wird sich gerade wegen seiner Unwissenheit zu einer Religion voller Wunder neigen.

Die deutsche Literatur ist die erste in Europa; zweifellos haben die Deutschen seit der Mitte des achtzehnten Jahrhunderts eine größere Anzahl tiefer Denker hervorgebracht als irgend ein anderes Land, ich könnte vielleicht sagen, als alle anderen Länder zusammen genommen!

Wenn eine Zeit zuviel glaubt, ist es nur eine natürliche Revolution, daß eine andere Zeit zuwenig glaubt.

Die wertvollsten Gesetze sind die Abschaffungen früherer Gesetze gewesen, und die besten Gesetze, die gegeben worden sind, waren die, welche alte Gesetze aufhoben.

Zwar folgt auf den Fortschritt ewig der Rückschlag; doch er verbraust, und es bleibt immer ein Rest des Gewinns.

Der einzige Fortschritt, der ein wahrhaft wirksamer ist, hängt nicht vom Reichtum der Natur, sondern von der Tatkraft des Menschen ab.

Die Literatur vertritt den Verstand, welcher progessistisch ist, die Regierung vertritt die Ordnung, und die ist stationär.

Wenn wir in unsern Zeiten die verschiedenen Völker Europas vergleichen, so finden wir, daß die reichsten auch die mächtigsten, die menschlichsten und die glücklichsten sind.

Die Aristokratie muß schon durch die Bedingungen ihrer Existenz als Stand allen Neuerungen abgeneigt sein.

Es gibt kaum irgend ein Laster, welches uns in unserer Selbstachtung so herabsetzt, als sittliche Feigheit. Es gibt kaum eine Tugend, die unseren Charakter so erhebt, wie sittliche Tugend, wie sittlicher Mut.

Das Unangenehme, das ein Beweis besitzt, läßt sich schwerlich als Grund für seine Unrichtigkeit betrachten.

Wer vollkommen zufrieden ist mit dem, was er weiß, wird nie zu dem Versuche gelangen, sein Wissen zu mehren.

Die Kräfte des Menschen sind, soweit Erfahrung und Analogie uns leiten können, unbegrenzt.

Unglück kann durch andere kommen; aber erniedrigt werden kann ein Volk nur durch seine eigenen Handlungen.

Die meisten Menschen müssen notwendig erst zweifeln lernen, ehe sie duldsam werden können, müssen erst die Unsicherheit ihrer eigenen Meinungen anerkennen, ehe sie vor den Meinungen ihrer Gegner Achtung zu fühlen imstande sind.

Keine große Wahrheit, einmal entdeckt, ist wieder verloren gegangen; und keine wichtige Entdeckung ist jemals gemacht worden, die nicht am Ende alles mit sich gerissen hätte.

Von allen Ursachen des Nationalhasses ist die Unwissenheit die mächtigste. Wenn der Verkehr zunimmt, nimmt die Unwissenheit ab, und so vermindert sich der Haß.

Was die Theologen auch sagen mögen, die Menschheit hat im ganzen viel mehr Tugenden als Laster.

Ein Irrtum bekämpft den anderen, jeder zerstört seinen Widersacher, und die Wahrheit springt hervor. Dies ist der Verlauf menschlicher Geistesentwicklung.

Unsere Religion sollte nicht durch die Lehren anderer erlangt, sondern von uns selbst erworben werden. Sie ist keine Sache der Überlieferung, sondern der Person.

Die vor denen kriechen, welche über ihnen stehen, treten stets diejenigen mit Füßen, welche unter ihnen stehen.

Die Literatur an sich ist nur etwas Geringfügiges und nur wertvoll als die Waffenkammer, wo die Waffen des menschlichen Geistes niedergelegt werden, und woraus dieselben, wenn man sie braucht, schnell entnommen werden können.

Eine Religion, die nicht von der Regierung beschützt wird, entwickelt gewöhnlich mehr Energie und höhere Lebenskraft als eine, die von ihr beschützt wird.

Es ist ein gewisses Verhältnis nötig zwischen denen, die vornehmlich zum Denken, und zwischen denen, die vornehmlich zur Tätigkeit geneigt sind.

Die Freiheit ist ein geweihtes Pfand, und die Liebe zu ihr ein heiliger, unserm Herzen eingegebener Naturtrieb.

Sonst waren die reichsten Länder, wo die Natur am gütigsten war; jetzt sind es die, wo der Mensch am tätigsten ist.

Jede Wissenschaft hat eine Hypothese, die ihr zum Grunde liegt, und die man als gewiß voraussetzen muß.

Die Erziehung zur Freiheit findet man nicht in den Schulen, und erlangt sie nicht aus Büchern, sondern sie besteht aus Selbstbeherrschung, aus Selbstachtung und aus Selbstregierung.

Keine Verdrehung der Wahrheit durch die Phantasie hat so viel Unheil gestiftet als der übertriebene Respekt vor vergangenen Zeiten. Diese Verehrung des Altertums streitet mit aller Vernunft und ist nur ein Schwelgen in poetischen Gefühlen zugunsten des Entfernten und Unbekannten.

Ein scharfer Beobachter ist ohne Zweifel selten, aber noch seltener ist ein scharfer Denker.

Die Langsamkeit des Genies ist schon kaum auszuhalten, aber die Langsamkeit der Mittelmäßigkeit ist unerträglich.

Verwicklungen zu vereinfachen ist in allen Wissenszweigen der erste wesentliche Erfolg.

Wir müssen zufrieden sein, wenn die Könige sich nicht hartnäckig dem Geiste ihrer Zeit widersetzen, und wenn sie es nicht unternehmen, den Fortschritt der Gesellschaft zu hemmen.

Patriotismus ist ein Correktiv für den Aberglauben; und je mehr wir uns für unser Vaterland einnehmen lassen, desto weniger interessieren wir uns für unsere Sekte.

Sicherlich hat nächst der Liebe zur Wissenschaft keine Leidenschaft in der Welt der Menschheit so viel Gutes getan, als die Liebe zum Gelde. Ihr verdanken wir allen Handel und alle Gewerbe, den Besitz jeder häuslichen Gemütlichkeit und jedes Luxus, nebst vielem anderen.

Es ist ein Irrtum, die Zivilisation eines Volkes der Einwirkung der Religion zuschreiben zu wollen, und eine Torheit, wenn die Regierungen eine Religion in Schutz zu nehmen suchen. Paßt dieselbe für das Volk, so wird sie keinen Schutz brauchen, paßt sie nicht dafür, so wird sie nichts Gutes wirken.

Der schärfste Beobachter und tiefste Denker ist auch immer der mildeste Richter.

Bei einem unwissenden Volke herrscht die Neigung, alle ernsthaften Gefahren übernatürlicher Einwirkung zuzuschreiben; dadurch wird ein starkes religiöses Gefühl erregt und so geschieht es fortdauernd, daß man sich nicht nur der Gefahr unterwirft, sondern sie geradezu anbetet.

Ohne Reichtum würde es keine Muße geben, ohne Muße keine Wissenschaft und Kunst.

Wir können ebensogut erwarten, daß Samen auf kahlen Felsen wachsen, als daß eine milde und philosophische Religion unter unwissenden und rohen Wilden eingeführt werden könnte.

Der Skeptizismus hat die drei Grundirrtümer der alten Welt aufgehoben, Irrtümer, welche das Volk in der Politik mit zu großem Vertrauen erfüllten, in der Wissenschaft zu leichtgläubig und in der Religion zu unduldsam machten.

Der eigentümliche Makel der Barbarei ist es, daß die Menschen gelegentlichen Ungehorsam systematischer Freiheit vorziehen.