Hermann Oeser Zitate
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Wieder einmal recht gehabt, hat nur der Nichtliebende. Nicht recht zu haben ist ein süßes Glück.
Wie höflich ist die Bibel. Wenn du schweigst, so redet sie und wenn du redest, schweigt sie.
Das „unbedingte Vertrauen“ zeigt sich darin, daß man dem Ehegefährten sein Geheimnis gönnt.
Kein stolzer Mensch läßt sich durch die Albernheit des Zeitalters weg- oder mitschwemmen.
Wenn die Unordentlichen Könige werden, so ist ihr erstes, daß sie die Untertanen zur Ordnung ermahnen.
Es gibt eine Art, von sich zu erzählen, es gibt eine Art, sich zu demütigen, es gibt eine Art, von andern zu reden, durch die man „eins hinaufkommt“. Du verstehst mich. Tue das nicht!
Nicht der liebt schon die Wahrheit, der sie anderen sagt. Nur der liebt die Wahrheit, der sie gegen sich selbst erträgt.
Ehe schützt wie eine Mutter ihr Kind. Ehe deckt den Gefährten. Ehe steht wie ein Soldat für die Ehre des Kameraden ein.
Frömmigkeit und Zerteiltheit heben einander auf, wo das eine ist, kann das andere nicht sein. Folglich ist kein moderner Mensch fromm, und wer fromm ist, ist nicht von dieser Zeit.
Gott gab dem Ehegefährten die Ohren, damit er die Klagen des andern hört – liebreich anhört! Liebreich anhören, nicht geduldig – da liegt es.
Selbstlosigkeit ist eine Tugend, die jeder hat, an allen anderen vermißt und die in einem gegebenen Falle nicht an sich gefordert zu sehen, sehr erwünscht ist.
Es fertig bringen, im gegebenen Augenblick nicht zu sagen: Siehst du, hab‘ ich es nicht gleich gesagt?!
Man bringt immer etwas im Zimmer an, damit es häuslich, heimlich und schön sei. Man bringt immer etwas im Leben der anderen an, damit es dem Nächsten wohl wird: Wahrheit, Ruhe, Liebe und Glaube.
Was würde der Herr Christus machen, wenn er heute unter uns weilte? Da könnte er doch nicht von den Pharisäern reden? Wen würde er da meinen? Wen? Nun, er spräche von den Kriegskorrespondenten? Von Kriegskorrespondenten?! Ja. Die davon sprechen, wie andere kämpfen!
Den Ehegefährten, zum gesellschaftlichen Spiel, vor anderen ironisieren, – bricht die Ehe!
Es gibt Ehen, die erst nach dem Tode des einen Ehegefährten mit diesem geschlossen werden.
Wer sich fürchtet vor der Nachrede, er sei ein Pantoffelheld, hat Furcht, als ein Lebender zu erscheinen.
Tief sieht die Liebe. Sie sieht alle Schwächen des Geliebten. Darum ist sie Arzt und Schleier.
Wie höflich ist Gott. Er sagte: Er soll dein Herr sein! Dann schwieg er und sah dich freundlich und erwartungsvoll an und glaubte, du sagtest nun deinerseits: Und ich will Ihr Diener sein und Sie auf meinen Händen tragen! Und immer noch schweigt er und wartet auf dies, dein Wort.
Habe den Mut, der Vierzehnte zu sein. Wo dreizehn am Tische des Gastgebers sitzen sollten, lädt er den „Vierzehnten“ ein, den Mann, dessen Beruf es ist, nichts als der Vierzehnte zu sein: Er ist Luft für die anderen, aber doch Luft, die sie fröhlich atmen läßt. Habe den Mut, der Vierzehnte zu sein!
„Ich will mich nicht weiter über mich selbst äußern“, unterbrach Herr Kibitz seine Beichte, „man kann einem Menschen leicht Unrecht tun.“
Der Ruf „Habt nicht lieb die Welt!“ können nur die verstehen und befolgen, die etwas Besseres haben und kennen, als die Welt geben kann.
Das ganze Dasein ist Mysterium: die Gesetze im Kristall, die Bestäubung der Pflanzen, die Liebe, die sich opfert, das Heimweh vor Sonnenuntergängen, das Entzücken im Angesicht des Schönen.
Sei immer größer als der Augenblick! Wie wolltest du sonst die Kleinheit der Sache erkennen? Sei nie geringer als der Augenblick, wie überständest du sonst die Scham, daß du kleiner warst als das Kleine?
Wer ist ein unschuldiger Mensch? Der, welcher annimmt, daß man nichts Schlimmes über ihn weiß.
„Pflicht“ ist das, was entweder zu unseren Neigungen paßt, oder was im konkreten Falle unmöglich gemeint sein kann.
Was ist die Aufgabe des Menschen? Seinen Nächsten darauf aufmerksam zu machen, in welcher Stimmung sich dieser befinde.
Auf alle Kunst und jeden Beruf bereitet der Mensch sich vor, nur auf den schwersten Beruf nicht, auf die Ehe.
Wer ein Kind des Lebendigen sein will, sollte nur im Positiven leben, wie die alten Mystiker und die echten Pietisten.
Wenn du glaubst, Gott habe just dir den Lebenstornister mit den schwersten Sandsäcken gefüllt, so bist du eitel.
Die Eltern von heute müssen wieder lernen, Nein sagen zu können; denn in nichts offenbart sich die wahre, die sehende Liebe tiefer als in dem Nein, das die Zukunft im Auge hat und sie sichern will. Versagen ist ebenso wichtig als gewähren.
Wer einem anderen etwas unter dem Siegel des Vertrauens mitteilt, hält seltsamerweise diesen für diskreter als sich.