Zitate von Jacques Wirion
page 1

Ein System ist der Stein eines Philosophen, der oben liegen bleiben soll; wer Aphorismen schreibt, hat sich längst mit dem Schicksal des Sisyphos abgefunden.

Die Art, wie der Mensch Geschichte macht, ist charakterisiert dadurch, daß er weder die Natur noch sich selbst schont.

Im Christentum tickt von Anfang an die Bombe der Wahrhaftigkeit, deren Dynamit Nietzsche und andere gezündet haben.

Unseren Neid gestehen wir uns selbst und den anderen nur ungern, weil er ja immer eine Bestätigung fremder Überlegenheit ist.

Im 19. Jahrhundert wurden immer mehr Menschen vom Glück überfallen, doch sie erkannten es nicht und nannten es Langeweile.

Die Halbwahrheit des Aphorismus hat den Vorteil, daß sie die fehlende Hälfte erahnen läßt.

Heute erreicht der Fuchs die Trauben, die zu hoch hängen, per Aufzug, um dann festzustellen, dass sie wirklich sauer sind.

Woher ich komme? Aus dem Nichts, und dorthin kehre ich auch zurück. Wer ich bin, scheint mir somit nicht so wichtig, wie das, was ich werde.

Die Dummheit ist die Krankheit, unter der am meisten diejenigen leiden, die am wenigsten befallen sind.

Der Neid blüht, wo die Illusion fremden Glücks diejenige des eigenen Unglücks verfestigt.

Eine große Nation heute ist eine solche, die sich noch von einem beschränkten Geist mitreißen lassen kann. In Europa findet man keine.

Vielleicht ist die Langeweile der einzige Gemütszustand, der der Realität gerecht wird. Daß wir sie überwinden können, ist der schönste Beweis unserer Glücksmächtigkeit, d.h. unserer Illusionsfähigkeit.

Wer zu lange auf einem Standpunkt steht, macht daraus einen Sessel, dann eine Liegestätte.

Je unaufhaltsamer die Ziele des Fortschritts am Horizont verschwimmen, umso mehr verliebt er sich in sich selbst.

Die radikalste Antwort auf die Frage nach dem Sinn des Lebens gibt immer noch der Tod, auch wenn er uns die Deutung überläßt.

Die Menschen scheinen besser geworden zu sein, da die Kirche kaum noch mit Höllenstrafen droht.

Der Weltverbesserer beendet seine Sätze mit einem Ausrufezeichen, der Wissenschaftler mit einem Punkt, der Weise mit einem Fragezeichen.

Niemand begegnet seinem Tod, das sahen Epikur und Wittgenstein richtig, aber viele ihrem Sterben.

Der Fuchs, dem die hoch hängenden Trauben in die Wiege gelegt werden, findet diese nicht sauer, sondern fade.

Ein Cartesianer des Buddhismus – Sein Geist nimmt ihn auf und zerlegt ihn, aber sein Körper, d.h. er selbst, weiß damit nichts anzufangen.

Jedesmal, wenn er eine Gelegenheit beim Schöpfe fassen will, trägt diese eine Perücke.

Niemand kann über seinen Schatten springen, aber jeder kann ihn durch eine Bewegung seines Körpers verändern.

Was ein gesundes Leben vermag: die Ewigkeit unseres Nichtseins um ein paar Jahre zu verkürzen.

Von Buridans Esel zu Montaignes Katze und derjenigen von Schrödinger, von Pawlows Hund und Rilkes Panther zu Kafkas Käfer.