Zitate von Johann Caspar Lavater
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Wer sich selbst bessert, hat mehr für die Besserung der Allgemeinheit getan als ein Haufend ärmender, ohnmächtiger Patrioten.

Ich sag‘ es alle meine Geburtstage, – alle meine Lebenstage fühl‘ ich es: Nachdenken über mich selbst ist das Leben des Lebens, – und wir denken so wenig nach! – Wie selten machen wir unser Leben zum Leben!

Denk‘ im Leben: Das Leiden ist Mittel, sein Zweck ist Vollendung; denk‘ in Freuden: Von besseren Freuden sind diese nur Schatten; denke des Morgens und Abends: Es eilt mein Ziel zur Vollendung, und beim Glockenschlag: Ich Sterblicher bin auch unsterblich.

Jedes Menschen Last und jedes Kraft ist gewogen, nie zuviel legt auf einen der Herzen kennende Prüfer; ist am größten die Not, so ist Gott am nächsten der Demut, heiße Stunden der Angst gebären Jahre der Freude.

Wer bemerkt, wahrnimmt, schaut, empfindet, denkt, spricht, handelt, bildet, dichtet, singt, als wenn’s ihm ein Genius, ein unsichtbares Wesen höherer Art diktiert oder angegeben hätte, der hat Genie.

Sprich nie Böses von einem Menschen, wenn Du es nicht gewiß weißt, und wenn Du es gewiß weißt, so frage Dich: Warum erzähle ich es?

Die Kraft, sich selbst zu erkennen und über das Sichselbst zu erstaunen, verbürgt dem Nachdenkenden seine Würde, seine höhere Abkunft, seine himmlische Natur, seine Unsterblichkeit.

Zu erkennen, daß man sich geirrt hat, ist ja nur das Eingeständnis, daß man heute schlauer ist als gestern.

Nicht eine Sekunde kann diese Hand das, was sie schuf, verlassen; sie leitet alle Lebenden und alle Todtgenannten zu einem Ziele!

Das Schwerste und das Notwendigste ist Harmonie, Übereinstimmung, Konsequenz, Gleichförmigkeit der Grundsätze, der Empfindungen, des Betragens. Nur diese Gleichförmigkeit gibt Ruhe, Festigkeit, steten Selbstgenuß, innere Vollkommenheit. –

Der antike Scharfsinn und Tiefsinn liegt so weit vom Geiste und der Geistigkeit der christlichen Welt entfernt wie die Erde vom Himmel.

Ruh‘ im Herzen ist die Quelle Himmlischer Zufriedenheit, Gibt auf jeder Lebensstelle Eine stille Seligkeit.

Willst du der Menschheit Lagen kennen? Ein kurzer Reim kann sie dir alle nennen; Sie heißen: Leiden, Tragen, Missen, Und Ruh’n und Wirken und Genießen.

Gott ist am nächsten, wenn er ferner als fern und hart wie ein Felsen zu sein scheint.

Wer aufmerksam zuhört, vernünftig frägt, gelassen antwortet und zu sprechen aufhört, wenn er nichts mehr zu sagen hat, ist im Besitze der nötigsten Eigenschaft, die das Leben erheischt.