Zitate von Leopold von Ranke
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Zwischen Staat und Macht ist vielleicht kein Unterschied; denn die Idee des Staates entspringt aus dem Gedanken einer Selbständigkeit, welche ohne entsprechende Macht nicht behauptet werden könnte.

In gewöhnlichen Tagen muß der Patriotismus gepflegt werden, damit er in den ungewöhnlichen nicht fehle; in gewissem Sinne muß er das Prinzip der Tätigkeit überhaupt sein.

In großen Entscheidungen ist es notwendig, daß mächtige Männer eine Unternehmung zu ihrer persönlichen Angelegenheit machen.

Unaufhörlich wirken die Gründe und Motive nach, die bei der Begründung eines neuen Zustandes maßgebend gewesen sind.

Nicht durch parlamentarischen Verhandlungen können die großen konstitutionellen Streitfragen, bei denen jeder Teil in seinem Rechte zu sein glaubt, entschieden werden; es kann nur im Gefolge von Ereignissen geschehen, durch welche der eine oder andere das Übergewicht bekommt.

Wir nehmen die Unmittelbarkeit der Geschichte unter göttlicher Leitung in Anspruch. Darin liegt der Stolz des menschlichen Geschlechtes und die Freudigkeit der historischen Studien.

Die glücklichen Zeiten der Menschheit sind die leeren Blätter im Buch der Geschichte.

In jedem großen Leben wird ein Augenblick eintreten, wo die Seele empfindet, daß sie nicht in der gegenwärtigen Welt aufgeht, und sich von derselbigen zurückzieht.

Ein reines Urteil ist nur möglich, wenn man jedweden nach dessen eigenem Standpunkt, nach dem ihm innewohnenden Bestreben würdigt.

Es ist zuweilen, als ob ganze Generationen mit Blindheit geschlagen wären; indem sie untereinander streiten, bahnen sie dem gemeinschaftlichen Feinde den Weg.

Männer von hoher Bedeutung können überhaupt nie ersetzt werden, denn die Bedingungen müßten sich wiederholen, aus denen ihre individuelle Stellung erwachsen ist.

Für alles, was in der Welt zustande kommen soll, bedarf es der rechten Zeit und Stunde.

Der Welt der Wahrheit steht eine Welt des Scheins gegenüber, die auch in die Tiefe geht und immer tieferen Schein entwickelt, bis sie in die Wesenlosigkeit ausgeht; jene endet in dem Wesen.

In der Behauptung einer großen Sache unter Widerwärtigkeiten und Gefahren bildet sich der Held.

Das ist nun einmal das Schicksal der Menschen: im Streit miteinander bilden sie sich aus.

Dadurch unterscheidet sich der vorausdenkende Staatsmann von dem schwatzenden Pöbel oder der Leidenschaft der Partei, daß er die Elemente der Gefahr von Ferne erkennt und ihnen vorzubeugen sucht.

Es ist das vornehmste Mißverständnis in der Welt, entgegengesetzte Prinzipien vereinen zu wollen.

Es sind die deutschen Hochschulen dazu angelegt, daß sie nicht allein die vollendete, sondern auch die werdende Wissenschaft jungen Männern aller Stände mitteilen. Sie erwerben dadurch eine unbegrenzte Wirksamkeit in der Nation, eine nicht zu ermessende Nachwirkung auf die Nachwelt.

Ich finde, daß der Geist einen großen Einfluß auf das allgemeine, selbst auf das leibliche Leben ausübt! Nichts ist dafür wichtiger, als die Gedanken in den Studien, die zugleich produktiv und regenerativ sein müssen, zu fixieren.

Wer will es wagen, das Werden zu beschreiben? Wer will den Quellen geistigen Lebens und den geheimen Zuflüssen seines Stroms, dem Lauf desselben entlang, nachforschen?

So unbedeutend das einzelne Leben auch ist, so erfährt es doch in jedem Augenblick die Rückwirkung der allgemeinen Angelegenheiten.

Nein! sagt nicht, daß die Extreme jemals heilbringend geworden, immer waren sie verderblich.

Etwas zu machen, dazu gehört dreierlei: gesunder Menschenverstand, Mut und Redlichkeit. Der erste, um eine Sache einzusehen; der zweite, um vor den Resultaten nicht zu erschrecken; die dritte, um sich nicht selber etwas vorzumachen.

Wäre es möglich, die politischen Parteien durch eine geistige Anatomie bis in ihre geheimsten Bestandteile zu zerlegen, so würde man, glaube ich, zuletzt auf ein irrationales Element stoßen.

Es ist vergeblich, die menschlichen Leidenschaften durch Vorstellungen ihrer Folgen im Zaum halten zu wollen.

An das Nichtbedeutende hängt sich die Eigenliebe am stärksten; man ist damit entschuldigt, daß man seinen Angehörigen oder den Gleichgestellten nicht vergeben dürfe.

In der Geschichte der Literatur ist die Überlieferung ihrer vornehmsten Werke fast noch wichtiger als die Nachahmung derselben.

Denn nicht in völliger Unbedingtheit erscheinen die Ideen in der Welt. Der Moment ihres Hervortretens beherrscht ihr Dasein auf immer: so leben sie fort, wie sie zum Leben gelangten.

Die Politik strebt dahin, die Menschen durch die Bande des Staates zusammenzuhalten, durch die Weisheit der Gesetze den Frieden unter ihnen zu bewahren, sie durch freien Gehorsam zu verknüpfen, kurz, dahin zu führen, daß sie im öffentlichen und Privatleben gut und gerecht handeln.

Nicht von umsichtigen Erwägungen werden die Völker geleitet. Sie werden von den großen Gefühlen bestimmt.

Jede Epoche ist unmittelbar zu Gott, und ihr Wert beruht gar nicht auf dem, was aus ihr hervorgeht, sondern in ihrer Existenz selbst, in ihrem Eigenen selbst