Zitate von Marcel Reich-Ranicki
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Wenn Sexualität im Fernsehen mit Geist, Geschmack und Takt geboten wird, kann es gar nicht zuviel davon geben.

Hölderlin hat Gedichte geschrieben, die zu den Wundern in deutscher Sprache gehören und die nicht einmal von Goethe übertroffen wurden.

Jede Literatur von Rang braucht den Kritiker; der mir zeigen kann, was im Buch enthalten ist, was ich vorher nicht wahrgenommen habe.

Alle Fernsehprogramme sind schlecht. Die von ARD und ZDF sind am wenigsten schlecht.

Ich bin, mit Verlaub, wie ein Gynäkologe, der den ganzen Tag über mit Frauen zu tun hat und dessen privates Interesse für Frauen gleichwohl nicht nachläßt.

Man spricht oft von der Literatur der Gruppe 47, aber eine solche Literatur gibt es nicht und hat es nie gegeben.

Von allen deutschen Theaterkritikern nach 1945 ist Hensel wohl der sinnlichste.

Ich gehe sehr ungern zur Buchmesse nach Frankfurt. Der Anblick der Hallen allein, mit hunderttausend Büchern – ein abstoßender Anblick.

Nichts klingt in den Ohren dess Autors so schrill wie das Schweigen der Kritik.

Mit Statistik kann man alles beweisen, sogar die Wahrheit. Also bin ich für Statistik.

Man soll die Kritiker nicht für Mörder halten. Sie stellen nur den Totenschein aus.

Ich bin ein deutscher Kritiker, ein deutscher Literat. Aber ich bin kein Deutscher.

Nichts wäre törichter, als jene zu verurteilen, die zu machen versuchen, was sie noch nie gemacht haben.

Was habe ich aus dem Gespräch mit Anna Seghers gelernt? Daß die meisten Schriftsteller von der Literatur nicht mehr verstehen als die Vögel von der Ornithologie.

Ich spreche von dem witzigsten und neben Goethe intelligentesten deutschen Dichter, dem Weltpoeten Heinrich Heine.

Geld allein macht nicht glücklich, aber wenn man unglücklich ist, ist es besser, in einem Taxi zu weinen als in der Straßenbahn.

Manchmal ist eine Schreibblockade für die Leser ein Segen, das wollen wir nicht vergessen.

Der eitelste deutsche Autor dieses Jahrhunderts heißt Thomas Mann. Er war ichbezogen wie ein Kind, empfindlich wie eine Primadonna und eitel wie ein Tenor.

Von 100 Büchern, die erscheinen, sind 98 schlecht. Das 99ste ist schwach. Und beim 100sten sind wir unsicher.

Trotz allerlei Bedenken habe ich nie gezweifelt, dass Günter Grass Deutschlands größter Sprachkünstler ist.

Jeder Autobiograf schont sich selbst, auch wenn er sich das Gegenteil vorgenommen hat.

Der Kerl, der Grass wird uns alle noch überraschen mit irgendetwas sehr Schönem.

Lieber, ich will Ihnen ein Geheimnis verraten: Sie können nicht mit jeder Frau dieser Welt schlafen. [Pause] Hören Sie zu, ich bin noch nicht fertig: Das ist nämlich noch lange kein Grund, es nicht wenigstens zu versuchen.

Bei der Erwartung einer neuen deutschen Literatur ist man wie am Anfang eines Walzers: man hört das Hm-ta-ta, Hm-ta-ta, und man fragt sich: wann kommt denn nun endlich die Melodie?

Ich bewundere Hölderlin, und manchmal ertappe ich mich dabei, dass ich ihn verehre.

Wenn in einem Roman ein Traum vorkommt, dann wird es in den meisten Fällen schlechte Literatur. Die meisten Träume verleiten die Autoren zu unkontrollierten Darbietungen.

Blutarmut ist eine Krankheit, von der hauptsächlich Romangestalten befallen sind.