Martin Kessel Zitate
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Es gehört Intelligenz dazu, um zu erkennen, dass es Dinge gibt, an die der Verstand nicht heranreicht.
Auch die Wahrheit gedeiht nur in einer bestimmten Vegetation und Temperatur. Sobald man sie erhitzt, wird sie fanatisch, sobald man sie unterkühlt, zynisch.
Von allen Despotien der Weltgeschichte zeitigt die Despotie des Alltags die verheerendsten Folgen.
Was unsere Freunde uns antun, das auszuhalten und zu verzeihen kostet oft mehr Kraft als jeder Kampf mit unversöhnlichen Gegnern.
Der echte Charakter liebt die Entscheidung, er legt sich fest, und zwar durch die Tat.
Es gibt Besserwisser, die niemals begreifen, daß man recht haben und doch ein Idiot sein kann.
Gründe, die an den Haaren herbeigezerrt werden, sind immer die ersten, die eine Glatze bekommen.
Ratschläge sind wie abgetragene Kleider: man benützt sie ungern, auch wenn sie passen.
Wenn die Gäste das Haus verlassen haben, bleiben zurück: leere Teller, Brosamen und Kritik.
Mit vierzig fängt man an, das Wertvolle zu suchen, und mit fünfzig kann man anfangen, es zu finden.
Willst du wissen, woraus die Menschheit besteht? Aus denen, die sich nicht um dich kümmern.
Hoffnungen, Pläne und Illusionen sind Verjüngungselemente des Lebens. Es sind Morgenröten, deren Glanz immer wieder bezaubert.
Unseren Feinden haben wir viel zu verdanken. Sie verhindern, daß wir uns auf die faule Haut legen.
Die echte Liebe ist eine Bewährung; sie beginnt erst nach dem Verlust sämtlicher Illusionen und zaubert doch neue hervor.
Das ist der Witz der Nächstenliebe: nie den zu lieben, der da ist, sondern immer nur den Nächsten, der kommen soll.
Wäre es überhaupt möglich, eine Erfahrung zu machen, ohne eine Illusion gehabt zu haben?
Die Verherrlichung der Toten beruht unter anderem auch darauf, dass sie uns nicht mehr enttäuschen können.
Der Krieg hat einen sehr langen Arm. Noch lange, nachdem er vorbei ist, holt er sich seine Opfer.
Aphorismen sind Gegengaben: der Geist gibt als Weisheit zurück, was das Leben ihm schenkte.
Bei furchtbaren Schicksalsschlägen das ganz Gewöhnliche tun, das hilft uns über den Abgrund.
Auf’s Glück warten, das kann man nicht. Das Glück ist da oder nicht; es fragt sich nur, worin man es findet.
Wer sich gezwungen sieht, mit den Wölfen zu heulen, mag sich in reinster Notwehr befinden. Aber ist das ein Grund, hinterher auch mit den Schafen zu blöken?