Max Frisch Zitate
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Wir können das Arsenal der Waffen nicht aus der Welt schreiben, aber wir können das Arsenal der Phrasen, die man hüben und drüben zur Kriegsführung braucht, durcheinander bringen.
Katastrophen kennt allein der Mensch, sofern er sie überlebt; die Natur kennt keine Katastrophen.
Der Unterschied zwischen einem Pferd und einem Autor: das Pferd versteht die Sprache der Pferdehändler nicht.
Mancher hält sich für einen Frauenkenner, weil er jeder Frau gegenüber jedes mal denselben Fehler macht.
Fragwürdig wie alles, was wir treiben, ist auch die Selbstkritik. Ihre Wonne besteht darin, daß ich mich scheinbar über meine Mängel erhebe, indem ich sie ausspreche und ihnen dadurch das Entsetzliche nehme, das zur Veränderung zwingen würde…
Warum reisen wir? Auch dies, damit wir Menschen begegnen, die nicht meinen, dass sie uns kennen ein für allemal; damit wir noch einmal erfahren, was uns in diesem Leben möglich sei – Es ist ohnehin schon wenig genug.
Die Kenner, wenn sie etwa eine Zeichnung sehen, gehen von Dürer oder Rembrandt oder von Picasso aus; der Schaffende, gleichviel wo er selber wirkt, weiß um das leere Papier.
Wer sich nicht mit Politik befasst, hat die politische Parteinahme, die er sich ersparen möchte, bereits vollzogen: er dient der herrschenden Partei.
Einst hatten wir Zeit! Ich weiß nicht, wer sie uns genommen hat. Ich weiß nicht, wessen Sklaven wir sind. Wir leben wie die Ameisen, drüben im Abendland.
Die Delphine haben mindestens die Intelligenz der Menschen, doch keine Arme und Hände, deswegen haben sie die Welt nie erobert, und deswegen zerstören sie die Welt nicht.
Wir leben in einer Zeit, in der die Menschen nicht mehr in der Lage sind, zu definieren, was Kultur ist.
Der Schriftsteller scheut sich vor Gefühlen, die sich zur Veröffentlichung nicht eignen; er wartet dann auf seine Ironie.
Das klare Todesbewußtsein von früh an trägt zur Lebensfreude, zur Lebensintensität bei. Nur durch das Todesbewußtsein erfahren wir das Leben als Wunder.
Eine Krise kann durchaus ein produktiver Zustand sein – vorausgesetzt, man nimmt ihr den Beigeschmack der Katastrophe.
Ob es Gott gibt, wenn es einmal kein menschliches Hirn mehr gibt, das sich eine Schöpfung ohne Schöpfer nicht denken kann?
Die Schweizer Armee ist kriegerisch nicht geprüft worden, deshalb eignet sie sich zur Legende.
(Warum ich Schriftsteller bin:) weil Schreiben noch eher gelingt als Leben, und weil für diesen Versuch, das Leben schreibend zu bestehen, der Feierabend nicht ausreicht.
Aber die beste und sicherste Tarnung ist immer noch die blanke und nackte Wahrheit. Komischerweise. Die glaubt niemand.
Man ist im Alter ungeheuer bedroht von der Langeweile – nicht, weil man nicht genug Menschen um sich hat, sondern: Langeweile vor sich selbst.
Das Unvorstellbare entzieht sich unserem Gedächtnis, und das ist gut so, aber einmal, glaube ich, muss das Entsetzen uns erreichen – sonst gibt es kein Weiter.
Feministinnen sind Frauen, die dem Mann nicht vorspielen, daß sie auf eine Enträtselung durch den Mann warten.
Wer einmal über sechzig ist, hat es gelernt, Fragen zu beantworten mit treffenden Antworten auf Fragen, die nicht gestellt sind; so entsteht der Eindruck geistiger Regsamkeit.
Ein Wunderbares ist um die Ehe. Sie ist möglich, sobald man nichts Unmögliches von ihr verlangt, sobald man über den Wahn hinauswächst, man könne sich verstehen, müsse sich verstehen; sobald man aufhört, die Ehe anzusehen als Mittel wider die Einsamkeit.
So wie das All, wie Gottes unerschöpfliche Geräumigkeit, schrankenlos, alles Möglichen voll, aller Geheimnisse voll, unfaßbar ist der Mensch, den man liebt – nur die Liebe erträgt ihn so.