seite 1
Das praktische Jahrhundert Wo lodert noch im Herzen wilder Brand?! Nur lind und lauwarm rieseln unsre Triebe; Verlor man sonst aus Liebe den Verstand, Verliert man heute aus Verstand die Liebe.
Oscar BlumenthalEin kluger Entschluss reift unverhofft, blitzschnell und ohne Erwägung, doch Dummheiten machen wir allzu oft nach reiflichster Überlegung.
Oscar BlumenthalWer sprechen will und wagt es nicht, wer heimlich seufzt und sagt es nicht, ein Mädchen liebt und küßt es nicht, der heißt ein Mann und ist es nicht.
Oscar BlumenthalDie Zuhörer im Theater sind einem Autor niemals dankbarer, als wenn er ihnen Grobheiten sagt - denn er kann nur ihre Nachbarn gemeint haben.
Oscar BlumenthalWer nie in der Jugend Gewitterdrang über jedes trennende Gitter sprang, wer nie in sünd'gem Verlangen gebebt hat und immer nur nach Erlaubtem gestrebt hat, dem schmücke das Wams mit Orden und Tressen, doch sag ihm, er habe zu leben vergessen.
Oscar BlumenthalAll deine poetischen Siebensachen, ich schätze sie nicht ein Pfifferlein. Nicht sollen die Frauen Gedichte machen, sie sollen versuchen, Gedichte zu sein.
Oscar BlumenthalSeitdem bei Schiller ist zu lesen, Verstand ist stets bei wen'gen nur gewesen, Glaubt die Menge wahnbethört, Daß sie zur Minderheit gehört.
Oscar BlumenthalBei Dramen, in mystischen Nebel getaucht, erkennt man mit Staunen und Lachen: wie viele Wörter manch einer so braucht, um sich unverständlich zu machen.
Oscar BlumenthalBei Opern macht oft gleichen Kummer Das Tonwerk wie das Textgedicht: Die Dichtung reizt die Lust zum Schlummer, Doch die Musik erlaubt ihn nicht.
Oscar BlumenthalSoll ich dein tiefstes Wesen klar erkennen, so mußt du redlich mir zwei Dinge nennen: Nicht bloß den Zeitpunkt deines Tatendrangs - nein, auch den Inhalt deines Müßiggangs.
Oscar BlumenthalUnendlich innig war ihr Kuß Und glutvoll ihr Umfassen; Sie hat unendlich mich geliebt... Und endlich - mich verlassen.
Oscar BlumenthalUnter all meinen Freunden und Weggenossen fand ich noch jeden froh entschlossen, des andern Weisheit zu verlachen und seine Torheit nachzumachen.
Oscar BlumenthalRedt einer schlecht von dir - sei's ihm erlaubt, doch du, du lebe so, daß keiner es ihm glaubt.
Oscar BlumenthalWenn ganz ohne Sorgen die Tage verschweben, das ist ein hohles, ein halbes Leben, doch glücklich ist der begnadete Mann, der seine Sorgen sich wählen kann.
Oscar BlumenthalEin wichtiger Zusammenhang Form ohne Gehalt bezwingt nicht: Es klingelt, aber es klingt nicht.
Oscar BlumenthalWir alle tun in Acht und Bann als Grobian den dreisten Mann, der sich vermisst, von unsern Schwächen das Nämliche schon heut' zu sprechen, was wir nach einer Flucht von Tagen uns heimlich selbst darüber sagen.
Oscar BlumenthalEs bildet sich der Glaubenssatz allmählich: Der liebe Gott ist todt - Gott hab' ihn selig!
Oscar BlumenthalIhr scheltet auf der Frauen Mängel, Und dennoch herrscht das schöne Weib. Was ist die Frau? Sie ist ein Engel, Der nur den Teufel hat im Leib.
Oscar BlumenthalWagner gleicht Beethoven? - Mit Verlaub, Ein Unterschied bleibt, ein schwerer: Bei Beethoven war der Musiker taub, Bei Wagner werden's die Hörer.
Oscar BlumenthalWer eine glückliche Ehe führen will, muß vom ersten Tage an den mannhaften Entschluß fassen, bei allen Streitfragen mit unerbittlicher Energie auf dem Willen seiner Frau zu bestehen.
Oscar BlumenthalDu willst bei Fachgenossen gelten? Das ist verlorene Liebesmüh. Was dir missglückt, verzeihn sie selten, was dir gelingt, verzeihn sie nie!
Oscar BlumenthalEin Räthsel ist das Menschensein, Kein Grübler denkt es aus: Jung lebt in Freuden man hinein, Aus Schmerzen alt hinaus!
Oscar BlumenthalDer Wunsch, eine zweite Million zu gewinnen, kostet sehr häufig den Besitz der ersten.
Oscar BlumenthalIch kenne eurer Weisheit bittern Kern, und doch-ich kann den Wahn nicht meiden. Ich lebe einmal für mein Leben gern und kann das Sterben auf den Tod nicht leiden.
Oscar BlumenthalWillst du gewinnen der Menschen Gunst, so mußt du lernen die saure Kunst, zu sprechen stets mit feiner List, wie andern der Schnabel gewachsen ist.
Oscar BlumenthalNur Arbeit hebt dich sanft hinweg Aus dumpfem Weltverneinen; Sie gibt der Stunde einen Zweck, Hat auch das Leben keinen.
Oscar BlumenthalNur der wird einst von allen Wunden der lieben Eitelkeit geheilt, der manchmal, in verschämten Stunden, die Ansicht seiner Gegner teilt.
Oscar BlumenthalVon unserem Zorn gehen Röntgenstrahlen aus, die unser ganzes Wesen plötzlich durchsichtig machen.
Oscar BlumenthalWenn Unglück durch die Welt gewittert und in den Tiefen uns erschüttert - dem Pessimisten bleibt die Freude: Es fügt sich in sein Lehrgebäude.
Oscar BlumenthalDas ist ein häßliches Gebrechen, wenn Menschen wie die Bücher sprechen. Doch reich und fruchtbar sind für jeden die Bücher, die wie Menschen reden.
Oscar BlumenthalEs gibt Genies, die mit ganz geringen Veruntreuungen aus der Portokasse begonnen haben; aber schon nach wenigen Jahren konnte man ihnen die Verschleierung der größten Jahresbilanz anvertrauen.
Oscar BlumenthalDer Misserfolg hat einen Segen, der mir verklärt den trübsten Tag: Er macht uns beliebter bei den Kollegen, als ein Erfolg es je vermag.
Oscar BlumenthalWer immer nach dem Nutzen strebt, der glaubt wohl, daß er ewig lebt. Sonst würd' er vor der Frage stutzen: Am letzten Tag, wo bleibt der Nutzen?
Oscar BlumenthalEs gibt Gesellschaftskreise, in denen man nicht fragt, wieviel einer gestohlen hat, sondern wieviel er von dem Gestohlenen noch hat.
Oscar BlumenthalDas Gestern tiefgründig überdenken, aufs Morgen behutsame Pläne lenken - das ist das Mittel der sinnreichen Leute, um zu verschwenden den Reichtum des Heute.
Oscar BlumenthalDas ist ein Jagen auf dieser Erden nach Rang und Würden und gleißendem Schein... im hitzigen Fieber, etwas zu werden, versäumen die Toren etwas zu sein.
Oscar BlumenthalDie verdrossenen Grübler rechten: Jeder Tag liegt zwischen zwei Nächten. Doch die heiteren Weltkinder sagen: Jede Nacht liegt zwischen zwei Tagen.
Oscar BlumenthalDie Fähigkeit, auf welche die Menschen den meisten Wert legen, ist die Zahlungsfähigkeit.
Oscar BlumenthalZur Wiege, - nicht zum Grabe, wo alles schon erreicht - gehört des Wunsches Gabe: Die Erde sei dir leicht!
Oscar BlumenthalNur unbewußte Freude ist von trüben Wolken frei; denn wer die Schatten nur vermißt, der ruft sie schon herbei.
Oscar BlumenthalEs gibt Menschen, denen der dauernde Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte eine liebgewordene Gewohnheit ist.
Oscar BlumenthalKein Tagedieb wird überdrüssig, sich abzuhasten um ein Nichts: Sie gehn ein ganzes Leben müßig im Schweiße ihres Angesichts.
Oscar Blumenthal