Rainer Maria Rilke Zitate
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Just ging ein Glück vorüber, als ich schlief, Und wie ich träumte, hört ich nicht: Es rief.
Liebhaben von Mensch zu Mensch: das ist vielleicht das Schwerste, was uns aufgegeben ist, das Äußerste, die letzte Probe und Prüfung, die Arbeit, für die alle andere Arbeit nur Vorbereitung ist.
Meine Welt beginnt bei den Dingen -, und so ist in ihr auch der mindeste Mensch so erschreckend groß, ja, beinah ein Übermaß.
Mit dem überlebensgroßen Engel der Einsamkeit kann man nur ringen, wenn man den Saft der Arbeit in den Adern hat, sonst wird seine Dämonie zur Überwältigung und zum fortwährend sich fällenden Urteil.
Der Schicksale sind nicht viele: wenige große wechseln beständig ab und ermüden an denen, die mit unbegrenzt emfindendem Herzen unzerstört hingehn.
Es fällt niemanden ein, von einem Einzelnen zu verlangen, daß er glücklich sei, – heiratet aber einer, so ist man sehr erstaunt, wenn er es nicht ist!
Wenn ich in mein Gewissen schaue, sehe ich nur ein Gesetz, unerbittlich befehlend: mich in mich selbst einschließen und in einem Zuge die Aufgabe beenden, die mir im Zentrum meines Herzens diktiert wurde. Ich gehorche.
Will dir den Frühling zeigen, der hundert Wunder hat. Der Frühling ist waldeigen und kommt nicht in die Stadt.
Die Kunst ist ein Ding viel zu groß und zu schwer und zu lang für ein Leben, und die, welche ein großes Alter haben, sind erst Anfänger in ihr.
Eine gute Ehe ist die, in der der eine den anderen zum Schutzengel seiner Einsamkeit bestellt!
Wäre es uns möglich, weiter zu sehen, als unser Wissen reicht, vielleicht würden wir dann unsere Traurigkeiten mit größerem Vertrauen ertragen als unsere Freuden.
Wie der Himmel ist, so sind die Nächte, und wie die Nächte sind, so ist die Stimme der Nachtigallen. Wo die Nächte weit sind, da ist ihr Klang tief, und sie holen ihn unendlich fernher und tragen ihn bis ans Ende.
XXVI Matt durch der Tale Gequalme wankt Abend auf goldenen Schuhn, – Falter, der träumend am Halme hangt, weiß nichts vor Wonne zu tun. Alles schlürft heil an der Stille sich. – Wie da die Seele sich schwellt, daß sie als schimmernde Hülle sich legt um das Dunkel der Welt.
Vielleicht sind alle Drachen unseres Lebens Prinzessinnen, die nur darauf warten uns einmal schön und mutig zu sehen. Vielleicht ist alles Schreckliche im Grunde das Hilflose, das von uns Hilfe will.
Ist es möglich, daß alle diese Menschen eine Vergangenheit, die nie gewesen ist, genau kennen? Ist es möglich, daß alle Wirklichkeiten nichts sind für sie; daß ihr Leben abläuft, mit nichts verknüpft, wie eine Uhr in einem leeren Zimmer?
Wir alle fallen. Diese Hand da fällt. Und sieh dir andre an: es ist in allen. Und doch ist Einer, welcher dieses Fallen unendlich sanft in seinen Händen hält.
Gegen das Leben an irgendeiner Stelle ablehnend zu sein, ist mir nie eingefallen.
Ach, da wir Hilfe von Menschen erharrten: Stiegen Engel lautlos mit einem Schritte hinüber über das liebende Herz.
Fürstin, wissen Sie, dass ich eine einzige Sehnsucht hätte: nach Toledo zu reisen.
Nichts meint das Gedicht weniger, als in dem Lesenden den möglichen Dichter aufzuregen.
Es gibt eine Menge Menschen, aber noch viel mehr Gesichter, denn jeder hat mehrere.
Alles, was vielleicht einmal vielen möglich sein wird, kann der Einsame jetzt schon vorbereiten.
Ist es möglich, daß man glaubte, nachholen zu müssen, was sich ereignet hat, ehe man geboren war? Ist es möglich, daß man jeden erinnern müßte, er sei ja aus allen Früheren entstanden, wüßte es also und sollte sich nichts einreden lassen von den anderen, die anderes wüßten?
Geliebtsein heißt aufbrennen. Lieben ist: Leuchten mit unerschöpflichem Öle. Geliebtwerden ist vergehen, Lieben ist dauern.
Güte ist, wie alle so genannten Tugenden, nicht etwas Vorhandenes, blind Wirkendes, sondern angewandtes eigenes Erleben auf fremde Dürftigkeit.
Ich will mich entfalten. Nirgends will ich gebogen bleiben, denn dort bin ich gelogen, wo ich gebogen bin.
Die Einsamkeit ist im Grunde nichts, was man wählen oder lassen kann. Wir sind einsam. Man kann sich darüber täuschen und tun, als wäre es nicht so. Das ist alles. Wieviel besser ist es aber, einzusehen, daß wir es sind, je geradezu, davon auszugehen.
Darfst das Leben mit Würde ertragen, nur die Kleinlichen macht es klein; Bettler können dir Bruder sagen, und du kannst doch ein König sein.
Denn wir sind nur die Schale und das Blatt: Der große Tod, den jeder in sich hat, das ist die Frucht, um die sich alles dreht.
Das Jahrhundert wird zu den größten gehören, wenn dieser Traum, in seinen ersten Tagen geträumt, in seinen letzten einmal in Erfüllung geht: Freie Kinder zu schaffen, wird die vornehmste Aufgabe dieses Jahrhunderts sein.