Zitate von Rosmarie Tscheer

Reden ist Silber, doch Schreiben in die rechten Spalten der rechten Zeitung bringt – Gold.

Wir sollen eine Gemeinschaft bilden, sagt der Prediger – und grüßt nach der Kirche nur jene, die ihn in ihre Häuser einladen.

Mit den Nachbarn verhält es sich oft ähnlich wie mit gewissen Gemüsesorten: am meisten lieben wir sie, wenn wir sie selten zu Gesicht bekommen.

Wir sollen ein mitfühlendes Herz mit dem Schwächeren haben, doziert der Theologieprofessor in der Fastenpredigt – und weist danach einen Zuhörer ab, der mit ihm sprechen will, weil das Abendessen bereitsteht.

Über kleinere Probleme wird in den entscheidenden Gremien ausgiebig debattiert, über die großen und dringenden Probleme mehrheitlich geschwiegen.

Die Qualität der prämierten Werke verhält sich nicht selten umgekehrt proportional zur Quantität.

Nonkonformismus und Kritik sind nicht gefragt, ausser sie entsprechen dem konformistischen Bedürfnis nach Gleichschaltung.

Nicht wenige Männer sind immer noch der Meinung, dass sie über ein grösseres Denkvermögen verfügen – und nehmen an, dass jede hübsche Frau von ihnen träumt.

Immer noch besser ein Auto, das nicht fährt, vor dem Haus, als einen Steinway-Flügel im Haus, den man von der Straße nicht sehen kann.

Die Eifersucht und Unduldsamkeit, mit der Frauen ihresgleichen begegnen, ist oft nicht unähnlich dem Empfang, der Bienen eines fremden Stockes zuteil wird.

Es gibt kaum ein zäheres Gewächs als die Missgunst und eine zuverlässigere Zuneigung als jene zu materiellen Besitzgütern.

Die besten Gedanken kommen unverpackt daher und benötigen keine propagandistischen Potenzverstärker.

Ein Verfasser seiner Memoiren ist einer, der seine Vergangenheit mit einer Taschenlampe ausleuchtet, sein Inneres nach außen kehrt und überzeugt ist, dass jedes kleine Erlebnis für den Leser von größtem Interesse ist.

Ab und zu raffen wir uns auf zu einer großzügigen Geste – und bleiben an unserer Eitelkeit hängen.

Es ist beinahe leichter, auf dem Kopf zu laufen oder ein Kamel durch das bekannte Nadelöhr zu treiben, als bei seinen Neidern Sympathie zu erwecken.

Schriftsteller sind Menschen, die wähnen, mit der Sprache auf Du und Du zu stehen, die sich ihnen jedoch nicht selten entzieht.

Früher versammelte sich die Familie am Abend um den Tisch zum Gedankenaustausch. Jetzt setzt sie sich vor die Flimmerkiste und tauscht nur noch Blicke mit den Fernsehstars.

Der typische Verlierer ist ein Mensch, der bei seinen Entscheidungen mehr auf das schaut, was er aufgibt, als was er gewinnt.

Die einen freuen sich, ein Glas zu trinken. Die andern trinken solange, bis sie fröhlich sind.

Ursprünglich förderte der Sport die Gesundheit. Jetzt dient er den Massenmedien und erhält das Kapital gesund.

Es ist erheblich einfacher und effektvoller, gegen wirtschaftliche, religiöse, politische Einrichtungen zu demonstrieren, als sich kritisch mit seinem eigenen Ich auseinanderzusetzen.

Es ist nicht sonderlich heroisch, für ein einfaches Leben zu plädieren, wenn einer mit materiellen Gütern reich gesegnet ist und das Wort „Not“ nur als Vokabel kennt.

Vor lauter Rück- und Ausblicken verlieren nicht wenige am Altjahrabend den Überblick.

Die Liebe gleicht manchmal einem Regenbogen, der sich vielfarbig leuchtend schwungvoll erhebt, zusehends blasser wird und erlischt.

Nicht Fachwissen, Originalität der Ideen und gute Diktion sind für einen Redner unerläßlich, sondern sein unerschütterlicher Glaube, daß man ihn hören wolle.