Ulrich Erckenbrecht Zitate
seite 11
Sogar das Wort „konkret“ ist zur abstrakten Schablone verkommen. Kein Wort mehr ist unverbraucht. Jede Vokabel, die man verwenden will, muß erst beargwöhnt und, falls möglich, entphrasifiziert werden.
Dem Volk aufs Maul schauen ist zwar erlaubter Mundraub, bestraft sich aber manchmal selbst.
Endstation Sehnsucht. Bis dahin war’s bequem. Jetzt muß man sich durchs Gestrüpp kämpfen.
Prima philosophia, Unterprima philosophia, Oberprima philosophia, Ganzprima philosophia, Ultima philosophia.
Die unkluge Interpretation sieht an einem Werk nur das Biographische und Zeittypische. Die kluge erkennt an einem Werk das Einzigartige.
Jeder Meister hat nur einen Meisterschüler, und der kann nicht sein Schüler bleiben.
Große Kunst erkennt man daran, daß sie stumm macht und sprachlose Bewunderung erzwingt.
Wer resigniert, macht seinen Frieden mit dem Weltprinzip statt den Frieden zum Weltprinzip.
(Warnung) Flehe nicht in Stoßgebeten zu dem Barte des Propheten. Denn der Prophet ist pensioniert, und sein Bart ist abrasiert.
Metaphysik? – Das Reflexionsvermögen hängt ab von der Einfallsrichtung und der Wellenlänge.
Ein Bild der kapitalistischen Gesellschaft: ungeheure Fortschritte macht sie auf einem Fließband, das rückwärts läuft.
Glückspilze, die aus dem Boden schießen, haben die Wahl: madig oder gefressen zu werden.
Nietzsche: „Jedes Wort ist ein Vorurteil“. Das ist ein Satz mit fünf Vorurteilen.
Politik ist ein schmutziges Geschäft. – Das einzig Falsche an dieser alten Erkenntnis ist der Singular.
Die Traumdeuter der Antike versuchten, aus den Träumen die Zukunft zu entschlüsseln. Die Traumdeuter der Moderne versuchten, aus den Träumen die Vergangenheit zu entschlüsseln. Und alle rieten sie daneben.
Rundfunkdiskussionen: erst hört man die Haare wachsen, die gespalten werden, dann das Gras, in das die Logik beißt.
Die gegenwärtige Welt ist ein Koordinatensystem. An der zentralen Stelle ist der Wert gleich null.
Die Entwicklung der Philosophie ist doppelseitig: auf der einen Seite Inthronisierung des Begriffs, auf der anderen Hinwendung zum Sachhaltigen. Die beiden Tendenzen treiben auseinander, die Entwicklung wird explosiv.
Für jeden Irrtum, den die Wissenschaft korrigiert, produziert sie zwei neue Irrtümer.
Der einzig ontologische Satz, dem niemand seine Zustimmung versagen kann: Etwas ist immer.