Zitate von Joseph Victor von Scheffel
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Unser Denken und Empfinden wird unsäglich unter der Herrschaft der Abstraktion und Phrase geschädigt.

Der Narr stolpert über den Abgrund, in den der Weise regelrecht hineinfällt.

Es eilt die Zeit mit unbarmherz’gen Schritten, Dem Heute folgt das Morgen unverweilt, Und eh‘ wir uns recht umschaun, legt sich schon Die Runzel faltig auf die hohe Stirn Und graues Haar schleicht in die Locken ein.

Ein triebkräftiges Weizenkorn kann in des Menschen Herz lange verborgen ruhen und geht zuletzt doch auf, wie der Weizen aus den Mumiensärgen Ägyptenlands.

Melancholisch Gemüt zehrt lang an erlittener Beschädigung und vergißt in seinem Brüten, daß tadelhafte Tat nur durch nachfolgende bessere im Gemüt der Menschen verwischt wird.

Und mehr als alles, was die Musen schaffen, das ist die Kunst, die Herzen zu gewinnen.

Kein Leid, kein Groll darf allzeit dauern, Es kommt der Tag, da alles grünt, Da Kränkung, Schuld und herbes Trauern In gold’ner Sonne Strahl sich sühnt.

Zum Abschiednehmen just das rechte Wetter, Grau wie der Himmel steht vor mir die Welt.

Die Falten um die Stirne dein, laß sie nur heiter ranken; das sind die Narben, die darein geschlagen die Gedanken.

Als die Römer frech geworden Zogen sie nach Deutschlands Norden, Vorne beim Trompetenschall Ritt der Generalfeldmarschall Herr Quinctilius Varus.

Alles in der Welt läßt sich ertragen, nur nicht eine Reihe von dummen Fragen.

Tüchtigkeit und hervorragender Wandel beleidigt die Welt oft noch tiefer als Frevel und Sünde.

Mit übermütigen Herren kann kein Reich bestehen; die gehorchen sollen, herrschen, und der herrschen soll, muß schmeicheln statt gebieten.

Liebe ist von allen Lehrern der geschwindeste auf Erden. Was oft Jahredes Fleißes nicht erreichen, das gewinnt sie mit dem Zauber einer Bitte,mit der Mahnung eines Blickes.

Soll unser Muttersprache Fluß versumpfen und verstocken, Weil ihm den eignen Lauf versperrt der Wust von fremden Brocken?

Der Kern noch frisch, der Kopf ein wenig mürber, das Herz an guten und herben Erfahrungen reicher.

Das Glück läßt sich nicht jagen Von jedem Jägerlein; Mit Wagen und Entsagen Muß drum gestritten sein.

Es gibt Tage, wo der Mensch mit jeglichem unzufrieden ist, und wenn er in den Mittelpunkt des Paradieses gesetzt würde, es wäre ihm auch nicht recht.

Das ist im Leben hässlich eingerichtet, dass bei den Rosen gleich die Dornen stehen.

Viel Sitzen ist schädlich dem Menschen und viel Wissen macht überflüssige Arbeit.

Behüet‘ dich Gott, es wär‘ zu schön gewesen, Behüet dich Gott! es hat nicht sollen sein!

Aus dem Dünkel eig’nen Meinens nie entkeimt die frische Saat; im Nachdenken nur entschwingt sich Menschengeist und Schöpfertat.

In allen Gebieten schlägt die Erkenntnis durch, wie unsäglich unser Denken und Empfinden unter der Herrschaft der Abstraktion und der Phrase geschädigt worden.

Unsere Enkel erleben vielleicht noch die Stunde, wo man ohne Gefahr, als Barbar verschrien zu werden, behaupten darf, in einem Steinkrug alten Weines ruhe nicht weniger Vernunft als in mancher umfangreichen Leistung formaler Weisheit.

Ich glaube, das viele Bedenken und Erwägen hat der böse Feind als Unkraut auf die deutsche Erde gestreut.

Frieden im Gemüte, das Leben sonnig erhellt: Wahre Herzensgüte überwindet die Welt.

Und wenn auch hundert Jahr‘ ich Noch zu leben hätt‘, ich würd‘ mich Stets von neuem doch erquicken An dem Mai und seinen Wundern.

Das Jahr ist lang und zählt der Tage viel, in denen man sich Freundliches erweisen kann, aber der Deutschen Sinnesart will auch dafür einen Tag vorgeschrieben haben, darum ist bei ihnen vor anderem Volk die Sitte der Weihnachtsbescherung eingeführt. Das gute Herz hat sein besonder Landrecht.

Im Augenblick überschwenglichen Gefühls nicht verstanden werden, ist gleich der Vermählung, der Stachel weicht nicht wieder.

Auf schwäbischem Boden wachsen der Streiche gediegenste wie Erdbeeren im Wald.

Die Sprache ist ein edel Ding, Doch hat sie ihre Schranken. Ich glaub‘, noch immer fehlt’s am Wort Für die feinsten und tiefsten Gedanken.

An einem Tage der Einsamkeit lassen sich gar manche nützliche Dinge aushecken.