Zitate von Leo Tolstoi
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Die Verdammung des anderen ist immer falsch, weil niemals jemand wissen kann, was in der Seele dieses anderen vor sich ging und vor sich geht.

Ob man will oder nicht, man muß sagen, die größte Weisheit ist das Wissen darum, daß es sie nicht gibt.

Wenn Menschen erbost untereinander streiten, erkennt ein Kind die Situation sofort richtig: es prüft nicht, wer recht, wer unrecht hat, sondern flieht mit Angst und Abneigung vor solchen Menschen.

Nur ein Taugenichts oder ein völlig Unfähiger kann behaupten, er habe keine Beschäftigung gefunden.

Ich darf nicht glauben, daß ich lebe. Nicht ich lebe, sondern das geistige Wesen in mir. Ich bin nur die Öffnung, durch welche dieses Wesen zum Vorschein kommt.

Das gesunde Leben ist nur eine Form, das kranke – eine andere, in der wir Gott und den Menschen dienen.

Es ist unklug, das Leben nach dem Zeitbegriff abzumessen. Vielleicht sind die Monate, die wir noch zu leben haben, wichtiger als alle durchlebten Jahre.

Aufgabe der Wissenschaft muß die Erkenntnis dessen sein, was sein soll, und nicht dessen, was ist.

Christentum muß man nicht so sehr den Arbeitern wie den nicht arbeitenden Herren predigen.

Es heißt, man müsse sich selbst nicht lieben. Ohne Liebe zu sich selbst gäbe es aber kein Leben. Es kommt darauf an, was man an sich liebt: seine Seele, oder seinen Körper.

Jeder Mensch befindet sich ständig in einem Wachstumsprozeß, daher darf niemand je aufgegeben werden.

Es ist leichter, zehn Bände über Philosophie zu schreiben, als einen Grundsatz in die Tat umzusetzen.

Es genügt nicht, den Menschen Abscheu vor dem Bösen einzuflößen, sie müssen auch zum Guten ermuntert werden.

Wissen macht den großen Mann demütig, setzt in Erstaunen den gewöhnlichen und macht aufgeblasen den kleinlichen Mann.

Wenn wir nur 0,0001 von dem ausführen, was wir für richtig halten, oder wenigstens nicht täten, was wir für falsch halten, wie bald würde sich die ganze Ordnung unseres Lebens ändern und aus einer heidnischen Ordnung eine christliche werden.

Vor 300 Jahren galt die Folter als ebenso notwendig wie heute die Gewalt. Wie die Folter sehr bald zu den gewünschten Ergebnissen führte, so tut es heute die Gewalt.

Das große Unglück, unter dem Millionen leiden, besteht nicht so sehr darin, daß die Menschen ein verwerfliches Leben führen, sondern darin, daß sie nicht nach dem Gewissen, nicht nach ihrem eigenen Gewissen leben.

Wir bedürfen der Anstrengung um Gutes zu tun, aber noch mehr bedürfen wir ihrer um Böses zu meiden, um Leidenschaften und Begierden zu zügeln.

Einem Pessimisten möchte ich immer sagen: Wenn die Welt nicht nach deinem Geschmack ist, dann brüste dich nicht mit deinem Mißbehagen, sondern verlasse sie und störe nicht die anderen.

Hüte dich, die Eintracht unter den Menschen zu stören und böse Gefühle in ihnen zu erwecken.

Das Wesen jeder Religion besteht nur in der Antwort auf die Frage: wozu lebe ich und welches ist mein Verhältnis zu der mich umgebenden unendlichen Welt.

Wenn du nicht mehr an den Gott glauben kannst, an den du früher geglaubt hast, so rührt das daher, daß in deinem Glauben etwas verkehrt war, und du mußt dich besser bemühen zu begreifen, was du Gott nennst.

Erst verheiratet man die jungen Leute miteinander, obwohl sie sich nicht lieben, und dann wundert man sich, daß sie sich nicht vertragen.

Willensfreiheit ist das bewußte Begreifen des eigenen Lebens. Frei ist, wer sich als lebendig begreift. Und sich als lebendig begreifen, heißt, danach zu streben, das Gesetz des eigenen Lebens zu erfüllen.

Nicht auslegen möchte ich Christi Lehre. Nur eines möchte ich: verbieten, daß sie ausgelegt werde.

Der Fortschritt besteht nur in einer immer klareren Beantwortung der Grundfragen des Lebens.

Wenn man auf dem Lande lebt, weiß man, ob man will oder nicht, alles, was ringsum vor sich geht.

Wisset, daß man nichts Herrliches aus Wetteifer, nichts Edles aus Hochmut schaffen kann.

Der Verstand hat den Kampf ums Dasein entdeckt… Aber das Gebot, daß man seinen Nächsten lieben soll, hat der Verstand nicht aufstellen können, denn es widerspricht dem Verstande.

Der gefräßige Mensch ist nicht imstande, die Faulheit zu überwinden, und der gefräßige und müßige wird niemals die Kraft besitzen, die Fleischeslust zu bekämpfen. Darum beginnt, im Sinne aller Lehren, das Streben nach Enthaltsamkeit mit dem Kampfe gegen die Gefräßigkeit, beginnt mit Fasten.

Sobald man annimmt, das Leben der Menschheit könne durch Vernunft gelenkt und geleitet werden, macht man das Leben als solches unmöglich.