Zitate von Leo Tolstoi
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Es gibt ein untrügliches Kennzeichen, das die Handlungen der Menschen in gute und böse scheidet: vergrößert eine Handlung die Liebe und Einigkeit unter den Menschen – so ist sie gut; erzeugt sie Feindschaft und Trennung – so ist sie böse.
Wie erstaunlich ist der Wahnwitz jener Missionare, die, um „Wilden“ Zivilisation und Bildung zu bringen, sie ihren Kirchenglauben lehren.
Der Traum enthält etwas, das besser ist als die Wirklichkeit. Die Wirklichkeit enthält etwas, das besser ist als der Traum. Vollkommenes Glück wäre die Verbindung beider.
Wollten wir auch nicht, wir empfänden dennoch unsere Zusammengehörigkeit mit der gesamten Menschenwelt: es verbinden uns Industrie, Handel, Kunst, Wissenschaft, und vor allem die Indentität unserer Lage, unseres Verhältnisses zur Welt.
Der Mensch ist frei in allem Geistigen, in der Liebe: Er kann lieben oder nicht lieben, mehr lieben oder weniger lieben. In allem übrigen ist er unfrei, also in allem Materiellen.
Selbst in den besten, aufrichtigsten Freundschaftsverhältnissen ist Schmeichelei oder Lob unentbehrlich, gerade wie für Wagenräder die Schmiere notwendig ist, damit sie sich ordentlich drehen.
Das Familienglück verschlingt mich mit Haut und Haar, ich kann es mir aber nicht leisten, untätig zu sein.
Kannst du dich nicht daran gewöhnen, die Gelegenheit zu guten Taten zu suchen, wie der Jäger nach dem Wilde sucht, so verpasse wenigstens nicht die gute Gelegenheit dazu.
Suche in deinen Leiden die Bedeutung, die sie für dein geistiges Gedeihen haben und die Bitterkeit deiner Leiden ist vergessen.
Gleichmachung führt immer zu Benachteiligung: Im Interesse gleicher Arbeitsvergütung wird der beste Arbeiter dem schlechtesten gleich gestellt.
Das Leben des Menschen liegt nicht im Körper, sondern in der Seele, und nicht im Körper und in der Seele, sondern nur in der Seele.
Nicht gemeinschaftliche Ziele haben deine Tätigkeit zu bestimmen, sondern der Zweck deines Lebens, der mit dem Zwecke aller Menschen identisch ist, hat dies zu tun.
Meine Speise ist die, daß ich den Willen und die Werke dessen tue, der mich gesandt hat. Jeder von uns hat dieses sein Werk zu tun. Möglich, daß wir nicht wissen, worin dieses Wer besteht, worin aber unsere Teilnahme daran besteht, das können wir unmöglich nicht wissen.
Wie in allem andern, so ist besonders im Wissen dasjenige, was wir nicht brauchen, immer schädlich.
Wenn man annimmt, das menschliche Leben könne durch den Verstand regiert werden, so wird damit die Möglichkeit des Lebens aufgehoben.
Für das Leben wird ein Ideal benötigt. Ein Ideal ist jedoch nur dann Ideal, wenn es Vollkommenheit ist.
Über die Kalmücken gelesen, dass sie nur wenig brauchen und sich bei der Arbeit nicht abrackern wie die Europäer, die sich an tausenderlei ausgefallene Bedürfnisse gewöhnt haben und nun ihr ganzes Leben für deren Befriedigung hingeben.
Es gibt Männer, die sich sehr schwer verlieben, weil ihnen die dazu notwendige Schwäche fehlt.
Ein Schriftsteller benötigt drei Dinge: Er muß wissen, was in den Menschen und zwischen den Menschen sein soll, und an das, was sein soll, so glauben und es so lieben, daß er das Sein-Sollende und das, was davon abweicht, gleichsam vor sich sieht.
Das Leben, es mag sein wie es will, ist ein Glück, das von keinem anderen übertroffen wird.
Seinen Acker zu bestellen, ist nicht eine unter mehreren Lebensformen, sondern die Lebensform schlechthin, das Leben selbst, die einzige menschliche Lebensform, welche die Offenbarung aller höheren Eigenschaften des Menschen ermöglicht.
Trachte dein Leben beständig auf jener Mittelstraße zu erhalten, wo du den Tod weder zu fürchten, noch zu wünschen hättest.
Der Gedanke scheint frei zu sein, aber im Menschen gibt es etwas viel Mächtigeres, etwas, was den Gedanken leiten kann.
Die Kunst ist ein Ausdruck von Gefühlen, und sie ist um so erhabener, je größer der Kreis von Menschen ist, den sie in ihren Bann zieht. Die erhabenste Kunst wird daher diejenige sein, die die religiösen Stimmungen der Menschen widerspiegelt, ist doch das religiöse Gefühl allen Menschen eigen.
Gräßlich ist der Typ von Menschen, die immer Recht behalten wollen. Sie sind bereit, Unschuldige zu verurteilen, Heilige, Gott selbst, nur um Recht zu behalten.
Leidenschaftslosigkeit, das heißt eine immer gleiche und abgeklärte Betrachtungsweise macht die Weisheit der Greise aus.
Eines der wirksamste Mittel bei der Hypnose – der äußeren Einwirkung auf den seelischen Zustand des Menschen – ist die Kostümierung. Die Menschen wissen das sehr gut. So erklärt sich das Mönchsgewand im Kloster und die Uniform beim Militär.
Unzufriedenheit mit sich selbst ist eine notwendige Bedingung des vernünftigen Lebens. Nur diese Unzufriedenheit treibt zur Arbeit an uns selbst an.
Es ist immer besser, enthaltsam zu leben, wenn man es vermag – das Geschlecht in sich zu töten, wenn man es vermag, das heißt, nicht Mann oder Frau zu sein, sondern Mensch.
Die Menschen sind es, die begreifen müssen, daß man Menschen nicht kaufen und verkaufen darf. Und Voraussetzung dafür ist die Freiheit und nicht die Einmischung der Regierung, und zwar vor allem eine Freiheit, die durch Enthaltsamkeit gewonnen wird.
Man darf nicht viel denken; wenn man nicht denkt, läßt sich alles ertragen. Alles kommt davon, daß der Mensch denkt.
Es gibt Menschen, die ein Stück Land Mein nennen, und dieses Land nie gesehen und betreten haben. Die Menschen trachten im Leben nicht danach zu tun, was sie für gut halten, sondern danach, möglichst viele Dinge Mein zu nennen.
Je kränker die Gesellschaft, umso größer ist die Anzahl von Institutionen zur Behandlung der Symptome, und umso weniger sorgt man sich um die Veränderung des Lebens insgesamt.
Nicht darin besteht Weisheit, soviel wie möglich zu wissen. Die menschliche Weisheit besteht im Erkennen der Reihenfolge, in der es nützlich ist, die Dinge zu wissen; sie besteht in der Fähigkeit, die Erkenntnis nach dem Grad ihrer Wichtigkeit zu ordnen.
Geld ist eine neue Form der Sklaverei, die sich von der alten nur unterscheidet, indem sie unpersönlich ist, daß es keine direkte Beziehung zwischen Herren und Sklaven gibt.
„Der Pöbel ist ekelhaft, scheußlich“, dachte er. „Sie sind wie die Wölfe, die man nur mit Fleisch beruhigen kann.“