Zitate von Leo Tolstoi
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Der Gedanke muss in der Gesellschaft geboren werden, seine Bearbeitung und Ausprägung erfolgt in der Einsamkeit.
Alle Tagesfragen werden von den Zeitungen künstlich aufgebauscht. Das Gefährlichste daran ist, dass die Zeitungen alles in fertigem Zustand präsentieren, wodurch das Selbstdenken erstickt wird.
Meine gesamte Lebensbeschäftigung besteht darin, die Wahrheit zu erkennen und auszusprechen.
Gutes tun und Vergeltung dafür beanspruchen – heißt Wirkung und Kraft des Guten zerstören.
Dem Menschen ist das Ziel seines Lebens unerforschlich. Der Mensch kann nur die Richtung kennen, welche zum Lebensziel führt.
Mir will es scheinen: daß der uralte Aberglaube, Reichtum gewähre Glück, sich aufzulösen beginnt.
Religion und Sittenlehre werden in unseren Betrachtungen unterschieden, in Wirklichkeit sind sie aber eins und dasselbe.
Es gibt keine Sache, die so zweifellos wäre, als der Tod, der einen jeden von uns erwartet, und dennoch leben alle so, als gäbe es keinen.
Wie viel Mühe kostet die Niederschlagung und Verhütung von Aufständen: Geheimpolizei, andere Polizei, Spitzel, Gefängnisse, Verbannungen, Militär. Und wie leicht sind die Ursachen für Aufstände zu beseitigen!
Der Geschlechtstrieb ist ein Übel, ein schreckliches Übel, das man bekämpfen und nicht, wie bei uns, fördern soll.
Könnte der Mensch einen Zustand finden, in dem er müßigginge und doch dabei das Gefühl hätte, ein nützliches Mitglied der menschlichen Gesellschaft zu sein und seine Schuldigkeit zu tun, dann hätte er damit ein Stück der ursprünglichen Glückseligkeit wiedergefunden.
Der Tropfen, der ins Meer fällt, wird zum Meer, und die Seele, die sich mit Gott vereint, wird zu Gott.
Die Bewegung des allgemeinen Lebens besteht nicht in der wachsenden Stärke und Zunahme des Kampfes der Wesen untereinander, sondern im Gegenteil in der Verminderung der Uneinigkeit und der Abnahme des Kampfes.
Alles in der Welt ändert und bewegt sich im Kreise. Auch der Mensch ändert sich, nur sehen wir nicht den ganzen Kreislauf, den er vollbringt, weil wir uns selbst bei diesem Kreislauf in einem Punkte des Kreises befinden.
Wir wissen doch nur zu gut, wie oft abartiger Geschmack als der beste und Abscheulichkeiten als Vorbilder angesehen wurden.
Das wahre Laster besteht darin, das man sich von den sittlichen Pflichten gegenüber dem Weibe löst, mit dem man körperlich verkehrt.
Das Leben ist eine ernste Angelegenheit. Ach, wenn man doch daran immer dächte, besonders in Augenblicken der Entscheidung!
Der Kampf gegen die geschlechtliche Wollust ist der schwerste Kampf. Wenn du fühlst, daß du den Kampf nicht bewältigen kannst, so verheirate dich, und wenn du fallen mußt, so falle nur mit dieser deiner Frau.
Nur das Gute, wenn es an das Böse stößt und von diesem nicht angesteckt wird, besiegt as Böse. Nur das Gute, wenn es auf das Böse stößt und von diesem nicht angesteckt wird, besiegt das Böse.
Das Gewissen ist nichts anderes als die Übereinstimmung zwischen der eigenen und der höchsten Vernunft.
Erkannte heute, während ich schlief: Das Verbrechen ist keine bestimmte Handlung, sondern eine bestimmte Einstellung zu den Lebensbedingungen.
Fast wichtiger ist’s zu wissen, worüber man nicht zu denken, als worüber man zu denken hat.
Trachtet eure Kräfte kennen zu lernen. Und fürchtet dabei nicht sie zu niedrig, aber wohl, sie zu hoch zu taxieren.
Mit den Reichtümern ist es wie mit dem Mist, sie stinken, wenn sie auf einem Haufen sind; während sie auseinandergestreut – den Boden bedüngen.
Hebe deinen Blick von der Erde zum Himmel – welch bewundernswürdige Ordnung zeigt sich da!
Zum letztenmal sage ich mir: Sollten einmal drei Tage vergehen, ohne daß ich etwas zum Nutzen der Menschen tue, werde ich mich töten.
Je unzufriedener der Mensch mit den Menschen und den Verhältnissen ist und je zufriedener er mit sich selbst ist, um so entfernter ist er von der Wahrheit.
Das Hauptziel der Kunst, wenn es Kunst gibt und sie ein Ziel hat, besteht darin, die Wahrheit über die Seele des Menschen zu offenbaren, zu verkünden, Geheimnisse auszusprechen, die sich mit einfachen Worten nicht sagen lassen.
Mich überraschte der Gedanke, dass eine der Hauptursachen für die Feindseligkeit zwischen Ehegatten der Wettstreit um die Führung in der Familie ist.
Aber mein Leben, jeder Augenblick dieses Lebens, was auch immer in Zukunft mit mir geschehen wird, wird nicht mehr sinnlos und vergeblich sein wie bisher; es hat einen unbezweifelbaren Sinn bekommen: er liegt in dem Guten, das ich in jeden Augenblick meines Lebens hineinzulegen vermag.