Zitate von Leo Tolstoi
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Die Harmonie zwischen den Ehegatten erfordert, daß sich in den Ansichten über Welt und Leben, falls sie nicht übereinstimmen, derjenige, der weniger darüber nachgedacht hat, dem unterordnet, der mehr darüber nachgedacht hat.
Wäre der Wille eines jeden Menschen frei, das heißt, könnte jeder Mensch so handeln, wie er gerade will, dann würde die Geschichte aus einer Reihe von zusammenhanglosen Zufälligkeiten bestehen.
Ein Gedanke wird erst dann Gedanke und fruchtbar, wenn er durch nichts gebunden ist: Darin besteht seine Stärke im Vergleich zu anderen sinnlichen Dingen.
Nirgends wichtiger als im Wissen ist die Bevorzugung von wenig Gutem vor vielem nicht nur Schlechtem, sondern auch Mittelmäßigen.
Ein Mensch ist wie eine Bruchrechnung: Sein Zähler zeigt an, was er ist, und sein Nenner, wofür er sich hält. Je größer der Nenner, desto kleiner der Bruch.
Nichts ist wahrem Glück so sehr im Wege wie die Gewohnheit, etwas von der Zukunft zu erwarten.
Die Dichter, die Versemacher, brechen sich die Zunge, um einen x beliebigen Gedanken mit allen möglichen verschiedenen Wörtern auszudrücken und aus x beliebigen Wörtern einen Gedanken zusammenzusetzen. Mit derartigen Übungen können sich nur unernste Menschen abgeben.
Man möchte sagen, die Menschheit habe die Gebote ihres göttlichen Erlösers vergessen, der uns doch gehießen hat, einander zu lieben und Beleidigungen zu verzeihen, und suche nun ihr größtes Verdienst in der Kunst, sich wechselseitig zu morden.
Die gesamte, für die ganze Welt geltende, jahrtausendealte Erfahrung lehrt, daß Kinder von der Wiege an in unmerklicher Fortentwicklung zu Männern werden.
Es ist traurig zu erkennen, daß ich das Glück ebenso wenig zu ertragen verstand als das Unglück.
Aufgabe des Lebens, seine Bestimmung ist Freude. Freue dich über den Himmel, über die Sonne, über die Sterne, über Gras und Bäume, über die Tiere und die Menschen.
In der menschlichen Dummheit, wenn sie nicht bösartig ist, liegt stets etwas Rührendes, sogar Liebenswertes.
Ein Dieb ist nicht, wer genommen hat, was er benötigt, sondern wer behält und anderen nicht gibt, was er nicht benötigt, andere aber brauchen.
Die europäischen Völker haben 133 Milliarden Schulden. Wer schuldet wem? Die Armen, die arbeitenden Menschen den Reichen, welche die Aktien besitzen.
Die Herzensgüte ziert das Leben, indem sie alle Widersprüche löst, das Verworrene entwirrt, das Schwierige leicht macht, das Düstere in Freude umwandelt.
Vom Tiermord zum Menschenmord ist es nur ein Schritt und damit auch von der Tierquälerei zur Menschenquälerei.
Das Schachspiel des Verstandes verläuft unabhängig vom Leben und das Leben unabhängig von ihm.
Jedes Kunstwerk ist Kunstwerk nur, wenn es verständlich ist – ich behaupte nicht, für alle verständlich, aber doch für Menschen, die ein bestimmtes Bildungsniveau besitzen, eben das Niveau dessen, der Gedichte liest und über sie urteilt.
Wir zerstören Millionen Blüten, um Schlösser und elektrisch beleuchtete Theater zu errichten, dabei ist eine einzige Distelblüte wertvoller als tausend Schlösser.
Die Frau ist empfänglicher als der Mann, daher waren die Frauen in den Jahrhunderten der Tugend besser als wir, in unserem verdorbenen und lasterhaften Jahrhundert dagegen sind sie schlechter als wir.
Auf dem Gebiet der Vernunft gibt es keinen Zwang. Frei ist ein Mensch nur dann, wenn er in der Wahrheit ist. Wahrheit aber wird durch Vernunft entdeckt.
Mir ist das Leben schwer, ich bitte Gott, daß er mir helfe. Meine Aufgabe jedoch ist, daß ich Gott diene, und nicht, daß er mir diene. Es genügt, sich dessen zu erinnern, auf daß die Last leichter werde.
Welch schrecklicher Irrglaube unserer Welt, Arbeit und Mühe seien eine Tugend. Durchaus nicht, eher ein Laster. Christus hat nicht gearbeitet.
Um glücklich zu sein, muß man das Unglück meiden, um fröhlich zu sein, muß man die Langeweile meiden.
Die ganze bunte Mannigfaltigkeit, der ganze Reiz, die ganze Schönheit des Lebens setzt sich aus Licht und Schatten zusammen.
Man sagt „gottvergessen“. Das ist ein gutes Wort. Gott vergessen, heißt den vergessen, der in uns lebt und durch den wir leben.
Es ist erstaunlich, wie sich der Mensch sich so ganz der Täuschung hingeben kann, dass das Schöne auch das Gute sei.
Das Einzige, was die Ehe heiligen kann, ist Liebe und die einzig echte Ehe ist die, die von Liebe geheiligt ist.
Das Vorwärtsschreiten der Menschheit auf dem Gebiete der Erkenntnis besteht in dem Abstreifen der Hüllen, die die Wahrheit verdecken.
Die Vernunft drückt das Gesetz der Notwendigkeit aus, das Bewußtsein das Wesen der Freiheit.
Je mehr die Menschen das Übel verfolgen, desto mehr Übel schaffen sie. Man darf also nicht das Übel mit dem Übel ausrotten wollen.
Ein Mensch, der seine Dummheit zu verbergen versteht, ist besser, als einer, der seine Weisheit zur Schau stellen möchte.