Zitate von Leo Tolstoi
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Verleumdung ist derart beliebt bei den Menschen, daß es, um seinen Gesellschaftern einen Gefallen zu erweisen, sehr schwer ist, sich des Tadelns anderer zu enthalten.
Es ist keinem einzigen Menschen gegeben zu wissen, ob er bis zum Abend Stiefel oder Leichenschuhe braucht.
Gott kann man nicht mit dem Verstande begreifen. Wir wissen, daß Er ist, nur deswegen, weil wir Ihn nicht mit dem Verstande, sondern dadurch begreifen, daß wir Ihn in uns erkennen.
Jedes Werk der falschen Kunst, das von den Kritikern in den Himmel gehoben wird, bildet gleichsam eine Tür, durch die die Mittelmäßigkeiten eindringen.
Das Lebensziel des Menschen besteht darin, auf jedwede Weise zur allseitigen Entwicklung alles Bestehenden beizutragen.
Die Menschen wollen Freiheit, und um sie zu erreichen, begeben sie sich in die Sklaverei der Institutionen, der sie nie wieder entrinnen.
„Ah, ihr wollt, wir sollen nur ein Gegenstand der Sinnenlust sein? Gut, so wollen wir, als Gegenstand der Sinnenlust, euch zu unsern Sklaven machen!“ sagen die Frauen.
Man kann ohne Liebe Holz hacken, Ziegel formen, Eisen schmieden. Aber mit Menschen kann man ohne Liebe nicht umgehen.
Nichts paßt dem Weibe besser, als die Selbstverleugnung. Und nichts wirkt abstoßender bei ihm, als die Selbstsucht.
Je mehr man gibt, desto mehr erlahmt die Energie des Volkes; je mehr diese erlahmt, desto weniger arbeitet das Volk, und je weniger es arbeitet, desto stärker wächst das Elend. Aber dennoch ist es unmöglich, nichts zu geben.
Ohne Wahrhaftigkeit kann das Gute nicht bestehen, ohne Güte kann die Wahrheit nicht übermittelt werden.
Der Tod ist gleich wohltätig, mag er nun ein Übergang der Persönlichkeit in eine andere Form oder ihre Vernichtung und die Vereinigung mit dem unendlichen Ursprung des Alls sein.
Arbeit ist an sich keine Tugend, aber sie ist eine unvermeidbare Bedingung eines tugendhaften Lebens.
Die Kraft der Gedanken ist unsichtbar wie der Same, aus dem ein riesiger Baum erwächst; sie ist aber der Ursprung für die sichtbaren Veränderungen im Leben des Menschen.
Das Gefühl, welches in den Menschen durch Angst vor dem Tod zum Ausdruck kommt, ist nur das Bewußtsein des inneren Widerspruchs des Lebens, ganz so, wie die Furcht vor Gespenstern nur das Bewußtsein eines krankhaftes Geisteszustandes ist.
Doch ehe man Respekt genießt, muß man sich ihn verdienen. Und um ihn zu verdienen, darf man sich ihn nicht wünschen.
Der höchste Grad von Despotismus, Lüge und Gewaltsamkeit ist es, daß gewisse Menschen Gesetze verordnen, welche keiner Begutachtung der anderen unterliegen und bona fide angenommen werden müssen.
Das Wichtigste ist das Eigentum an Land. Wäre festgelegt, dass es kein Eigentum an Land gibt und das Land dem gehört, der es bearbeitet, so wäre dies die dauerhafteste Garantie der Freiheit.
Jeder Mensch hat die Keime aller menschlichen Eigenschaften in sich. Manchmal kommen die Einen zum Vorschein, manchmal die Anderen.
Wenn es nur immer gelänge, zur rechten Zeit den Balken im eigenen Auge zu sehen, wieviel besser wären wir!
Kunst ist die menschliche Tätigkeit, die die Übertragung der höchsten und besten Gefühle, zu denen Menschen sich erheben können, auf andere zum Ziele hat.
Das Schöne an Fortschritten in der Güte ist auch, daß sie kein Anlaß zu Stolz, zu Eitelkeit sein können. Sie sind nur dann Fortschritte, wenn sie für uns selbst unbewußt bleiben.
Ein Lob übt nicht nur auf das Gefühl, sondern auch auf den Verstand des Menschen eine ungeheure Wirkung aus.
Die Bedeutung des Wortes Schönheit ist ein Rätsel geblieben und das nachdem tausende Gelehrte Menschen 150 Jahre lang über die Bedeutung dieses Wortes diskutiert haben.
Nur Menschen, die niemals über die hauptsächlichsten und wesentlichsten Lebensfragen nachgedacht haben, können meinen und sagen, alles sei dem menschlichen Verstande zugänglich.
Wir kennen Gott nicht, aber alles, was wir von der Welt wissen, wissen wir deshalb, weil wir Gott kennen.
Die Musik richtet sich an die Fähigkeit, Gefühle nachzuerleben. Und ihr Bereich ist die Harmonie und die Zeit.
Fleischessen ist ein Überbleibsel der größten Rohheit; der Übergang zum Vegetarismus ist die erste und natürlichste Folge der Aufklärung.
Historiker sind wie taube Menschen, die ständig auf Fragen antworten, die ihnen niemand gestellt hat.
Die meisten Menschen, die man böse nennt, wurden deshalb so, weil sie ihre schlechte Laune für einen berechtigten Zustand ansahen und sich ihr hingaben.
Häufig betrachte ich das Leben so wie ein Zuschauer, gleichsam als hätte ich keinen Anteil daran. Und nur bei dieser Betrachtungsweise sieht man es richtig.
Gut sein und ein gutes Leben führen, bedeutet, anderen mehr geben, als man von ihnen nimmt.