Zitate von Marie von Ebner-Eschenbach
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Sagen, was man denkt, ist manchmal die größte Torheit und manchmal – die größte Kunst.
Die unerträglichsten Heuchler sind die, die jedes Vergnügen, das ihnen geboren wird, von der Pflicht zur Taufe tragen lassen.
Wir sollen immer verzeihen, dem Reuigen um seinetwillen, dem Reuelosen um unseretwillen.
Vervollkommnung deiner selbst erreichst du nur durch Unzufriedenheit mit dir selbst.
Am bittersten bereuen wir die Fehler, die wir am leichtesten vermieden hätten.
Der Egoismus glücklicher Menschen ist leichtsinnig, seiner selbst unbewusst. Der Egoismus unglücklicher Menschen ist verbissen, bitter und von seinem Recht zu bestehen überzeugt.
Ein guter Mensch zertrat zufällig einen Wurm. Das tat ihm sehr leid, und er drückte dem Sterbenden sein innigstes Bedauern aus. „Wie kann ich mein Unrecht sühnen?“ fragte er, und der Wurm versetzte: „Dafür ist gesorgt; meine Nachkommen werden dich fressen.“
Der wahre Zweck eines Buches ist, den Geist hinterrücks zum eigenen Denken zu verleiten.
Seit dem bekannten Siege der Schildkröte über den Hasen hält sie sich für eine Schnelläuferin.
Wenn die Großmut vollkommen sein soll, muß sie eine kleine Dosis Leichtsinn enthalten.
Die Frau, die ihren Mann nicht beeinflussen kann, ist ein Gänschen. Die Frau, die ihn nicht beeinflussen will, eine Heilige.
Die kleinen Miseren des Lebens helfen uns manchmal über sein großes Elend hinweg.
Das unfehlbare Mittel, Autorität über die Menschen zu gewinnen, ist, sich ihnen nützlich zu machen.
Es gäbe keine Geselligkeit, alle Familienbande würden gelockert, wenn die Gedanken der Menschen auf ihrer Stirn zu lesen wären.
Die Vernunft zu Besinnung auf ihren Ursprung im Wort bringen, das ist mehr als eine philosophische Tat.
Es darf so mancher Talentlose von dem Werk so manches Talentvollen sagen: Wenn ich das machen könnte, würde ich es besser machen.
Ehen werden zwar im Himmel geschlossen, aber daß sie gut geraten, darauf wird dort nicht gesehen.
Es ist schlimm, wenn zwei Eheleute einander langweilen; viel schlimmer jedoch ist es, wenn nur einer von ihnen den anderen langweilt.
Zur Größe hat sich schon mancher aufgerungen, aufgeschwungen, aufgeduldet, keiner aber hat sich noch zu ihr aufgeblasen.
Künstler, was du nicht schaffen mußt, das darfst du nicht schaffen wollen.
Es findet nicht nur jeder Odysseus seinen Homer, sondern auch jeder Mahomet seine Chadidscha.
Der Leichtsinnige kümmert sich nicht einmal um den morgigen Tag, und ihr wollt ihn mit der Ewigkeit schrecken?
Die öffentliche Meinung wird verachtet von den erhabensten und von den am tiefsten gesunkenen Menschen.
Man hat einen zu guten oder einen zu schlechten Ruf; nur den Ruf hat man nicht, den man verdient.
Man bleibt jung, so lange man noch lernen, neue Gewohnheiten annehmen und Widerspruch ertragen kann.
Wenn Scarron sich in Geldnot befand, widmete er sein neuestes Werk irgendeiner hohen Persönlichkeit, wenn er bei Kasse war – dem Hündchen seiner Schwester.
Was man noch tun kann, wenn man gar nichts anderes mehr tun kann, ist das, wozu man Talent hat.
Es gibt Menschen mit leuchtendem und Menschen mit glänzendem Verstande. Die ersten erhellen ihre Umgebung, die zweiten verdunkeln sie.
Ein Streit zwischen wahren Freunden, wahren Liebenden bedeutet gar nichts. Gefährlich sind nur Streitigkeiten zwischen Menschen, die einander nicht ganz verstehen.
Das schönste Freundschaftsverhältnis: Wenn jeder von beiden es sich zur Ehre rechnet, der Freund des anderen zu sein.
Es gibt eine nähere Verwandtschaft als die zwischen Mutter und Kind: die zwischen dem Künstler und seinem Werke.
Wir können uns nicht genug darüber empören, wie so wichtig den anderen ihre eigenen Angelegenheiten sind.
Gleichgültigkeit jeder Art ist verwerflich, sogar die Gleichgültigkeit gegen uns selbst.
Der Kritizismus kann dich zum Philophen machen, aber nur der Glauben zum Apostel.
Verschmähtes Erbarmen kann sich in Grausamkeit verwandeln wie verschmähte Liebe in Haß.