Zitate von Peter Altenberg
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Krieg, Krieg! Und Krieg! Führen wir doch endlich Krieg mit unseren eigenen Miserabilitäten, unseren Schwächen und Unvernünftigkeiten! Den Feind in uns, Stupidität, Gewohnheit, Luxus, Vorurteil, innere Feigheit und Verlogenheit, müssen wir bekriegen!

Der Schlaf ist der heilige Versuch der Natur, die Tageswunden zum Verheilen zu bringen. Den Schlaf vorzeitig unterbrechen, heißt heilige Verbände abreißen.

Nichts geht verloren von den Herzens-Kräften. Und das Winseln eines ausgesperrten Hundes kann an das Ohr eines Musikers dringen, der es in eine Symphonie umwandelt: Treue und Sehnsucht.

Niemand kann das erträumen, was nicht in ihm bereits im Keime eingeschlossen liegt! Man erträumt nur seine eigenen Wirklichkeiten, seine idealen Möglichkeiten!

Ein Aphorismus ist etwas, was dem Schreibenden einen Essay als Kommentar erspart, den Lesenden jedoch infolgedessen aufs höchste schockiert.

Bei geschlossenen Fenstern schlafen und so die Luft, die der Organismus als für seine Zwecke unbrauchbar ausatmet, wieder einatmen müssen, heißt ein idiotischer Selbstbetrüger sein!

Unser Organismus ist ein Kapital, mit dem man in Weisheit ein Rockefeller-Vermögen machen oder in Dummheit Bankrott machen kann!

Alles, Alles rächt sich erst nachträglich! Deshalb glauben so Viele, daß sie fein ‚raus sind, obzwar sie zehn Jahre später unfein darin sind!

Das Leben ist so kurz, und die Menschen verstehen es nicht einmal, sich aus den doch noch bestehenden vierundzwanzig Stunden ein kleines, feines, flüchtiges Paradies zu machen!

Mehr Dampf in einer Lokomotive erzeugen, als nötig ist für ihre höchste Bewegung, ist die Tat eines wahnsinnig gewordenen Maschinenführers. So ist der Mensch! Er rast dahin den Weg des Lebens und wird zu Brei zermalmt auf seiner Strecke!

Der Geschlechtsakt ist ein atavistischer, historisch gänzlich unzulänglicher, roher, seelenloser und schwächlicher Vorgang.

Peter, Peter, was erwartest Du denn noch ewig von dieser rückständigen Welt?! Mit-Geher, Mit-Wirkende! Armer, armer dummer Peter.

Die Berührung einer geliebten Hand gibt Götterkräfte. Die Berührung einer ungeliebten Hand macht grämlich!

Mit Ersparnissen an Verdauungsarbeiten wird man zum genialen Menschen! Das Genie ist nichts anderes als ein natürlicher Akkumulator von ersparter Arbeit im Organismus!

Es gibt nur einen einzigen wirklichen Größenwahn – der Glaube eines Mannes an die Treue einer geliebten Frau.

Die Rohheit des Menschen zeigt sich nicht erst im Krieg, sondern bereits im privaten friedlichen Verkehre!

Ehrfurcht vor reiner frischer Luft wird die Marke künftiger Generationen sein müssen!

Das Leben ist eine merkwürdige, mysteriöse und eigentlich stupide ewige unentrinnbare Sehnsucht, am Leben zu bleiben, solange als nur irgendmöglich! Wozu, weshalb, niemand weiß es.

Mich interessiert an einer Frau meine Beziehung zu ihr – nicht ihre Beziehung zu mir!

Wenn man einer Frau es ununterbrochen mitteilt, wie wunderbar schön sie sei, ist sie so befriedigt, daß sie gar nicht mehr „befriedigt“ werden will!

Wenn jemand sagt: Mir schadet das nicht…, denke ich immer: Aber wie nützte es dir dann erst, wenn du es vermiedest?!?

Horche auf dich selbst! Gib deinen eigenen Stimmen in dir Gehör! Habe kein Schamgefühl vor dir selbst! Lasse dich nicht abschrecken durch ungewohnte Laute! Wenn es nur die deinigen sind! Mut zu deinen Nacktheiten!

Die Frauenseele ist bescheiden: Sie sucht Jesus Christus und Napoleon, Diogenes und Hölderlin vereint in einem Wesen.

Friedvoller Ort! So seien unsere Seelen, morgens, abends – wenigstens morgens, abends!

Überall gibt es Zuschauer. Das heißt Leute, die sich für etwas interessieren, wofür sie sich gar nicht interessieren.

Die Mode ist ein ästhetisches Verbrechen an und für sich. Sie will nicht das endgültig Gute, das Schöne, Zweckmäßige. Sie will immer nur etwas Anderes.

Jeder Mensch will sich ununterbrochen über irgendetwas hinwegtäuschen. Dazu sollen ihm die anderen behilflich sein. Die es nicht tun, sind dann unliebsame Naturen!

Wenn jemand im Gespräche sagt: „Ohne Ihnen nahetreten zu wollen, selbstverständlich – tritt er einem direkt mitten in die Seele hinein!

„Ein jeder muß eben halt doch seinen Weg gehen“, ist ein kompletter, frecher Blödsinn! Wie wenn man sagte: „Ein jeder Hund muß halt ins Zimmer pissen!“

Der nur das Leben träumt, kann mir nicht Leben geben. Und der es lebt, der nimmt mir meinen Traum! In uns allein ist Traum und Leben eines!

Denn sich selbst ist man in Weibes Nähe Phantom, Gespenst, wie ein anderer, der man sonst nicht ist!

An der Frau erlebt man nicht nur die Enttäuschungen, die sie uns bereitet, sondern auch jene, die wir ihr bereiten.

Das ist es! Kunst ist etwas, was das Leben lebendiger macht. Denn was wäre es sonst, wenn es, aus Lebendigem entsprungen, nicht lebendiger wäre als dieses?

Aphorismen sollen nicht ausgedachte Wahrheiten sein, sondern momentane Erleuchtungen aus dem Unterbewußtsein.

Wirklich lernen kann man nur das, was man schon wußte, bevor man es gelernt hat! Man wird nämlich allmählich „aufmerksam gemacht“ im Trubel des Lebens!