Zitate von Saadi
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Frommer, beizeiten werde zum Weisen, denn der Fromme denkt nur an sich. Allem Lebendigen helfen die Weisen, alles Wesen wird ihnen zum Ich.

Ein Dieb kam in das Haus eines frommen Mannes; so sehr er auch suchte, es fand nichts und wurde betrübt. Der fromme Mann, der es merkte, warf den Mantel, auf dem er lag, dem Dieb in den Weg, damit er nicht mit leeren Händen gehen mußte.

Der Hund vergißt den einz’gen Bissen nicht, und wirfst du ihm auch hundert Steine nach. Im Menschen, den du jahrelang gepflegt, wird durch ein Nichts Verrat und Feindschaft wach.

Es ist, Verständiger, im Mund die Zunge dir Gar oft ein Schlüssel auch zu eines Schatzes Tür! Wer da zu schweigen weiß, der ist zu loben zwar, Doch vielmal besser ist’s, man redet frei und wahr.

Ein Weiser soll die Dummheit eines gemeinen Menschen nicht mit Nachsicht vorbeigehn lassen, denn es bringt auf beiden Seiten Schaden: das Ansehn jenes wird verringert und die Torheit dieses wird verstärkt.

Wie einer sich gibt, mußt du ihn fassen, mußt mit der Gesellschaft stimmen, oder sie verlassen.

Der Anblick eines fähigen Kopfes ist ein Ärgernis für die Banausen. es ist das Kennzeichen der Gemeinen, daß sie den Höherstehenden, an den sie sonst nicht herankommen, mit ihrer Gehässigkeit verfolgen.

Ehedem war es eine Menschenklasse, die in der Welt zerstreut, aber in Wirklichkeit gesammelt war, jetzt sind es Leute, äußerlich gesammelt, aber innerlich zerstreut.

Lehre deinen Schüler niemals deine letzte Kunst; bewahre dir eine für den Fall, daß der Schüler dir einmal zum Feind wird.

Laß dir das Unglück anderer zur Warnung dienen, damit dein Unglück nicht anderen zur Warnung dienen muß.

Durch Nachgiebigkeit wird der Feind nicht zum Freunde bekehrt, sondern seine Begierde wird nur vermehrt.

Ein Wissender, der keinen frommen Sinn hegt, ist ein Blinder, der eine Fackel trägt: „er führt und ist selbst nicht geführt.“

Der hochwürdige Imam Mohammed Ghasali wurde einst gefragt, wie er zu so einer hohen Stufe in der Gelehrsamkeit gelangt sei? Er antwortete: Dadurch, daß ich mich nicht schämte, zu fragen, was ich nicht wußte.

Ein Eisen, das der Rost zerfressen, Machst du nicht mit der Feile rein. Was nützt’s, den Bösen zu ermahnen! Der Nagel dringt nicht in den Stein.

Zum Königsamt paßt nicht der Tyrann, Gleichwie der Wolf nicht Schäfer werden kann. Des Reiches Mauer stürzt der König ein, Läßt er auf Unrecht sie gegründet sein.

Ein fröhlicher Geselle, der genießt und genießen läßt, ist besser als ein heiliger Mann, der fastet und liegen läßt.

Das erhabenste der Geschöpfe ist anerkanntermaßen der Mensch und das niedrigste der Wesen der Hund, und doch stimmen alle Weisen darin überein, daß ein dankbarer Hund besser ist als ein undankbarer Mensch.

Erst Scharfsinn, Klugheit und Verstand bedarfs, und dann Besitz; Besitz und Macht des Toren sind des eignen Krieges Waffen.

Wer offenen Sinns ist, findet stets Genossen, und man verschließt sich dir, bist du verschlossen.

Gib dem Freunde nicht so viel Kraft, daß, wenn er ein Feind wird, er es mit dir aufnehmen könne.

Gelehrte, Heil’ge, Scheiche und Novizen, Und die vom Predigtstuhl die Stimm‘ erheben: Wenn sie sich in die Welt herabgelassen, Sie bleiben bald wie Fliegen an dem Honig kleben.

Ein Geheimnis, das du verborgen halten willst, darfst du keinem, auch nicht dem Vertrautesten, mitteilen, denn keiner wird das Geheimnis treuer bewahren als du selbst.

Hör‘ doch nicht auf den Schmeichler, der dich preist! Er will nur seinen eig’nen Vorteil suchen; Und wirst du sein Begehren nicht erfüllen, Wird er zweihundertmal so arg dir fluchen.

Decke die verborgenen Fehler der Leute nicht auf, denn du raubst ihnen die Ehre und dir das Vertrauen.

Ehe man diejenigen tötet, die man in seiner Gewalt hat, ist Überlegung besser, weil ja immer die freie Wahl bleibt, und man töten oder loslassen kann; wenn man aber ohne Überlegung tötet, so ist es möglich, daß dadurch ein Vorteil verloren geht, den nachher wieder einzuholen unmöglich ist.

Ein Mensch von bösem Charakter ist in der Hand eines Feindes gefangen, und wo er auch hingeht, kann er sich aus den Klauen seiner Pein nicht losmachen.

Vorerst denke, dann erst spreche. Aber halte früher inne, als man dir sagt „genug“. Der Mensch steht höher als das Tier durch seine Sprachfähigkeit, ist jedoch niederer als dieses, wenn er ungebührenden Gebrauch von ihr macht.

Nie gibt der Verständige eine Antwort, Außer dann wenn jemand ihn befragt. Wär‘ auch seine Rede lautre Wahrheit, Würd‘ er doch des Unsinns angeklagt.

Die Menschenkinder sind ja alle Brüder Aus einem Stoff wie eines Leibes Glieder Hat Krankheit nur einzig Glied erfasst So bleibt anderen weder Ruh und Rast Wenn anderer Schmerz dich nicht im Herzen brennt Verdienst du nicht, dass man noch Mensch dich nennt.

O ihr reichen Herren, besäßet ihr Billigkeit und wir Genügsamkeit, die Gewohnheit des Bettelns würde aus der Welt verschwinden.

Wie viel du auch studierst, du kannst nicht wissen, ohne zu handeln. Ein mit Büchern beladener Esel ist weder ein Gelehrter noch ein weiser Mann.