Zitate von Seneca
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Mit dem Leben ist es wie mit einem Theaterstück; es kommt nicht darauf an, wie lange es ist, sondern wie bunt.

Die Gnade ist in ihrem Ermessen frei; sie urteilt nicht nach der Klageformel, sondern nach der Billigkeit und dem Guten: sie kann freisprechen und den Wert des Streites nach Belieben anschlagen.

Zum Besseren neigt sich das Widrige, zum Mißgeschick wendet sich’s, wenn es dir nach Wunsch geht.

Die natürlichen Bedürfnisse haben ihre Grenzen, die aus einem Wahn entsprungenen finden kein Ende. Denn für den Wahn gibt es kein Ziel.

Zwischen eingeladen werden und eingeladen werden ist ein Unterschied, als wie zwischen Kuss und Ohrfeigen.

Sei dankbar für das, was du hast; warte auf das übrige und sei froh, daß du noch nicht alles hast; es ist auch ein Vergnügen, noch auf etwas zu hoffen.

Komme dem Verlangenden mit noch so reichlichen Mitteln entgegen, seine Begierde kennt keine Grenze sondern nur Steigerung.

Willst du dir über die wahre Beschaffenheit eines Dinges klar werden, so lass nur die Zeit walten: im flüchtigen Vorüberströmen lässt sich nichts genau erkennen.

Die Zeit wird kommen, wo unsere Nachkommen sich wundern, dass wir so offenbare Dinge nicht gewusst haben.

Verachte alle überflüssige Pracht, denke, daß nichts als der Geist Bewunderung verdient: ist er selbst groß, so ist ihm nichts groß.

Nicht weil es schwierig ist, wagen wir es nicht, sondern weil wir es nicht wagen, ist es schwierig.

Wie steht’s in der Welt der Tiere? Sie fliehen, sobald sie die Gefahr erblicken; sind sie ihr entronnen, so fühlen sie sich sicher. Wir dagegen quälen uns ab mit dem Zukünftigen so gut wie mit dem Vergangenen.

Es ist nichts nützlicher, als Erinnerungen, wenn sie auch nur in kurzen Sprüchen bestehen. – Erinnerung lehrt nicht sowohl, sie ist auch eine Art Ermahnung.

Laß keinen Mann sich erdreisten, anderen Rat zu geben, der nicht zuerst sich selber Rat gegeben hat.

Ich wundere mich oft darüber, wie leichtfertig man um Zeit bittet und sie anderen gewährt. Es ist gleichsam, als wenn um ein Nichts gebeten wird.

Ein großer Mann ist, wer Tongeschirr so benutzt, als sei es Silber. Nicht weniger groß ist aber auch, wer Silber so benutzt, als sei es Tongeschirr.

Die Dekadenz der Freiheit kündigt sich damit an, daß sie so lüstern wird sich auch ihren Feinden hinzugeben.

Zwischen dem Guten und der Gottheit besteht eine Freundschaft, deren Band von der Tugend geknüpft ist.

Wie schrecklich ist der Tod für einen Menschen, welcher, ohnerachtet ihn jedermann ganz wohl gekannt hat, ohne sich selbst zu kennen, stirbt!

Eine Freude, die von außen kommt, wird uns auch wieder verlassen. Jene anderen Werte aber, die im Inneren wurzeln, sind zuverlässig und dauernd.

Keiner genießt den wahren Geschmack des Lebens außer dem, der willens und bereit ist, es hinter sich zu lassen.