Zitate von Seneca
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Sagt man dir, daß sich jemand ungünstig über dich geäußert habe, so besinne dich, ob du nicht selbst früher einmal dir so etwas gegen ihn erlaubt hast, besinne dich, über wie viele du so redest.

„Wenn aber der Weise einen Backenstreich bekommt, was wird er dann tun?“ Was Cato tat, als er ins Gesicht geschlagen wurde: er brauste nicht auf, er rächte sich nicht für die Beleidigung, er verzieh sie nicht einmal, sondern erklärte sie für überhaupt nicht geschehen.

Sag einfach, wie schändlich es ist, mehr in sich hinein zufüllen, als man vertragen kann, und seines Magens Fassungsvermögen nicht zu kennen, wie viel Dinge Trunkene tun, über die Nüchterne erröten: dass Trunkenheit nichts anderes sei als freiwilliger Wahnsinn.

Eine der Ursachen unseres Ungemachs ist die, dass wir uns in unserer Lebensweise nach dem Beispiel anderer richten und uns nicht durch die Vernunft leiten lassen, sondern der Gewohnheit als Führerin folgen.

In uns wohnt ein heiliger Geist, ein Beobachter und Wächter alles Guten und Bösen an uns. Dieser behandelt uns so, wie wir ihn behandelt haben. Niemand aber ist ein guter Mensch ohne Gott.

Das wahre Geschenk besteht nicht in dem, was gegeben oder getan wird, sondern in der Absicht des Gebenden oder Handelnden.

Das einzige Gut ist die Jugend, die zwischen Glück und Unglück einher wandelt und beide verachtet.

Alle, sage ich, streben dorthin, zur Freude, aber wo sie dauerhafte und große Freude finden, wissen sie nicht.

Gegen einzelne tritt die Strenge des Feldherrn ein; ist aber das ganze Heer ausgerissen, so ist Verzeihung notwendig.

Wenn einer auch sein Herz so gut gereinigt hat, daß ihn nichts mehr irremachen kann, zu einem untadeligen Wandel hat er’s doch nur durch Fehler gebracht.

Alle Menschen sind an das Schicksal angekettet, nur haben die einen eine goldene und weite Kette, die andern eine enge und rostige. Aber was ist das für ein Unterschied? Die gleiche Gefangenschaft umgibt alle; diejenigen, die andere gefesselt haben, sind selber auch gefesselt.

Warum konzentrierst du dich nicht lieber mit deinem kurzen Leben auf wesentliche Dinge und lebst nicht mit dir und der Welt in Frieden?

Alle Menschen tragen im Innern die Empfindung der Könige: sie wünschen, daß sie alles gegen die andern vermöchten, die andern aber nichts gegen sie.

Denn lange kann Niemand eine Maske tragen und das Erheuchelte fällt bald in seine Natur zurück.

Lasset uns nicht Lehrer wählen, welche Worte mit großer Schnelligkeit daher rollen und in Gemeinplätzen sich drehen und Marktschreier sind, sondern die, welche durch ihr Leben lehren.

Wenn du auch nicht alles lesen kannst, was du besitzt, laß es dir genug sein, wenn du wenigstens wirklich besitzt, was du gelesen hast.

Im Grunde gibt es für die Menschen nur ein Unglück, nämlich die Umstände und Ereignisse als Unglück anzusehen.

…daß ich nicht aufhöre, das Leben – nicht das ich führe, sondern das man nach meinem Wissen führen muß – zu preisen, daß ich die Tugend anbete und ihr, in ungeheurem Abstand, hinterherkrieche!

Manche Zeit wird uns entrissen, manche unvermerkt entzogen, manche fließt fort. Doch am schimpflichsten ist der Verlust, der aus Unachtsamkeit geschieht.

Wir müssen fragen, was das Beste sei, nicht was der Masse gefalle, die in Sachen der Wahrheit ein sehr schlechtes Urteil hat.

Den Einzelnen trifft die volle Strenge des Feldherrn; aber wenn das ganze Heer davongelaufen ist, dann ist Verzeihung vonnöten.