Zitate von Edgar Allan Poe
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Wollen wir eine Wahrheit recht eindringlich machen, so brauchen wir Strenge eher als eine blumenreiche Sprache.

Man kann ebensogut zu tief als zu oberflächlich sein und vergessen, dass die Wahrheit nicht immer in einem tiefen Brunnen, sondern oft dicht vor unseren Augen liegt, und dass man durch ein allzu eifriges sich Verbohren in einen Gegenstand seinen Gedanken die Kraft nimmt.

Rauflustige Zeitungsherausgeber scheinen mir den Walhalla-Göttern zu gleichen, die sich gegenseitig in Stücke schneiden und doch jeden Tag frisch und heil wieder auferstehen.

Nichts ist schwerer zu bezeichnen, als die Merkmale, die uns von der Identität einer Person überzeugen. Jedermann kennt seinen Nachbar, und doch könnte man in den wenigsten Fällen den Grund anführen, warum man in dem Manne seinen Nachbar erkennt.
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[D]ie Freude am Neuen ist ein nicht wegzuleugnendes Element der moralischen Natur des Menschen.

Die Vox populi, von der soviel und so sinnlos geschwatzt wird, ist vielleicht gerade jene Vox et praeterea nihil, die der Landmann bei Catull für eine Nachtigall hielt.

Die tiefste Tiefe von Elend, das Äußerste an Qual trifft immer den Einzelnen, nicht eine Anzahl von Menschen. Das unheimliche Schmerzensübermaß des Todeskampfes muß der Mensch einzeln ertragen, nie wird es der Masse der Menschen zuteil.

Wer wüsste nicht, dass das Auge in Zeiten bittern Grams, gleichsam wie ein zertrümmerter Spiegel die Bilder seines Schmerzes vervielfältigt und alles Weh, das in greifbarer Nähe ist, in weiter, weiter Ferne an jedem Punkt zu schauen vermeint?

Zu der Vorstellung eines allmächtigen und allwissenden Gottes gehört auch die Vorstellung von der Ausnahmslosigkeit seiner Gesetze.

Im allgemeinen ist das Zusammentreffen von Umständen ein großer Stein des Anstoßes für jene Klasse schlechtgeschulter Denker, die von der Wahrscheinlichkeitstheorie […] keine Ahnung haben.

Um in den Dingen des Menschenherzens durch und durch bewandert zu sein, müssen wir auch noch in dem mit eisernen Schließen verschlossenen Buch der Verzweiflung nachschlagen.

Ich glaube, daß die Perversität einer der Grundtriebe des menschlichen Herzens ist, eine der unteilbaren Urfähigkeiten oder eines der Gefühle, die dem Charakter des Menschen seine Richtungslinie geben.

Es gibt wenige Menschen, die nicht zu irgendeiner Zeit ihres Lebens Gefallen daran gefunden hätten, die Schritte, durch die ihr Geist zu bestimmten Schlüssen gelangt ist, nach rückwärts zu verfolgen.

Die knabenhafte Dichterliebe ist unstreitig das Gefühl, das unsere Träume von der keuschen Wollust des Himmels am meisten verwirklicht.

Wenn wir mit Plato phantasieren, wenden wir unsere Zeit hie und da zweckmäßiger an, als wenn wir einer Beweisführung des Alkmaeon lauschen.

So begleiten die beiden Grundprinzipien, Attraktion und Repulsion – das Materielle und das Geistige – sich einander in engster Verbrüderung für alle Zeiten. So gehen Leib und Seele Hand in Hand.

Der Wert eines Gedichts steht im Verhältnis zu dieser Fähigkeit, eine seelische Erregung hervorzurufen.

Es wird, schweigend und indirekt, angenommen, das oberste Ziel jeder Dichtung sei die Wahrheit.

Sie sind in den groben, aber weit verbreiteten Irrtum verfallen, das Außergewöhnliche mit dem Abstrusen zu verwechseln.

In Kürze würde ich Dichtkunst etwa als „rhythmisches Schaffen von Schönheit“ bezeichnen. Ihr alleiniger Schiedsrichter: Geschmack.

Die Tiefe narrt uns, wenn wir sie auf dem Grunde der Täler suchen und nicht auf dem Gipfel der Berge, wo sie zu finden ist.

Es sind ja zu allen Zeiten die großen Hindernisse für den Fortschritt der Künste stets von den sogenannten Männern der Wissenschaft ausgegangen.

Vorausgesetzt, daß die Person eines Autors moralisch ist, ist es ganz gleichgültig, wie die Moral seiner Werke ist.

Man behauptet von mir, ich sei wahnsinnig – aber es ist doch die Frage, ob der Wahnsinn nicht die höchste Stufe der Durchgeistigung ist.

Alle, die bei Tage träumen, wissen von vielen Dingen, die denen entgehen, die nur den Traum der Nacht kennen.

Wahrheit stellt strenge Anforderungen. Sie hat keine Sympathie für Rosen und Myrthen.

Es gibt Leute, die in ihrem Bemühen, das Unerreichbare zu erreichen und vermöge des Kauderwelsches, das sie um sich her verbreiten, bei diesen Denkern, dass sie denken, denen Dunkelheit und Tiefe gleichbedeutend sind, eine Art von Tintenfisch-Ruhm des Tiefsinns erwerben.

Unseliger, geheimnisvoller Mann, den die Glut der eigenen Phantasie verzehrte und die lodernden Flammen der Jugend versengten!

Mit einiger Doppelsinnigkeit könnte man sagen, dass kein Nebel des Verstandes sich weiter ausbreitet als der, der sich bis zu den letzten Grenzen des geistigen Besitzes erstreckt und gerade diese Grenzen vom Erkennen ausschließt.

Wenn! – Unseliges einsilbiges Wort! Eine Welt voll Mysterien, Möglichkeiten und Zweifeln sind in diesen wenigen Buchstaben enthalten!

Genie blickt voll der Hochachtung auf andres Genie, ja mag ihm sogar in enthusiastischer Bewunderung gegenüberstehen, doch nichts von Verehrung haftet solchem Gefühle an.

Was die Welt gemeinhin Genie nennt, ist jener krankhafte Geisteszustand, welcher aus einer ungebührlichen Vorherrschaft einer einzigen Fähigkeit über alle anderen erwächst. Die Werke solcher Genies sind niemals von echter Gesundheit und verraten in speziellen Punkten stets einen wahnhaften Geist.