Zitate von Friedrich Hebbel
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Das Gefühl kann sich nicht zum Gegenstand seiner selbst machen, kann sich nicht, in den Spiegel schauend, belächeln, aber der Gedanke; dagegen kann das Gefühl erheuchelt werden, der Gedanke nicht.

Die Krankheiten, die das Wachstum der Menschheit bezeichnen, nennt man Revolutionen.

Ein einziger Tropfen genügt, eine Seele, die in Schmerz erstarrte, in Wonne zu lösen.

Es ist eine Torheit, sich nicht zu betrinken, weil die Nüchternheit auf die Trunkenheit folgt.

Diejenigen Berge, über die man im Leben am schwersten hinwegkommt, häufen sich immer aus Sandkörnchen auf.

Die Liebe ist der Kern des Menschen, sie darf deshalb in ihrem gesunden Zustande so wenig zum Gegenstand der Darstellung gemacht werden, wie etwa Essen und Trinken.

Der Gedanke ist Allgemeingut und, im Gegensatz zum Gefühl, um so weniger wert, je mehr er an den Boden erinnert, auf dem er gewachsen ist.

And’re wirken, damit sie ein Dasein sich gründen; der Dichter braucht sein Dasein, bevor er zu wirken vermag.

Schüttle alles ab, was dich in deiner Entwicklung hemmt, und wenn’s auch ein Mensch wäre, der dich liebt. Denn was dich vernichtet, kann keinen anderen fördern.

Trage deine Mutter auf den Armen, wenn ihr die Beine versagen; sie trug dich im Schoß, als du noch keine hattest.

Die meisten Menschen wären empört, würde man ihnen sagen, ihr Vater sei ein Gauner gewesen. Sie wären aber eher stolz, wenn sie erführen, daß ihr Urgroßvater Seeräuber war.

Sieh einen Menschen genau an, und du siehst ihn nicht mehr; er wird vor deinen Augen etwas anderes, als er eigentlich ist.

Wie lange darf ein schönes Mädchen in den Spiegel sehen? So lange, als sie sich wie eine Fremde vorkommt.

Die Ehre, einmal erkrankt und dann nicht rasch geheilt, steht niemals wieder von den Toten auf.

Der Mensch ist eine Bestie, und er hat seine Kultur vollendet, sobald er sich nur nichts mehr darauf einbildet, daß er es ist.

Hielt die Schwere nicht längst schon Himmel und Erde zusammen, Ehe vom Apfel belehrt, Newton sie endlich entdeckt? Und ihr wollt ein Gesetz bloß darum leugnen und schmähen, Weil es nicht Moses schon gab, als er auf Sinai stand?

Die Jugend ist freier vom Neide, wie jedes andere Alter. Warum? Weil sie nicht weiß, wie schwer man die Güter auf Erden erwirbt.

Das Leben eines deutschen Gelehrten im 17. Jahrhundert wäre ein interessanter Stoff für eine Darstellung. Es ist doch gut, daß jene Zeit, wo man sich nur [durch] den Hintern auszeichnen konnte, vorüber ist.

Auf Manchen Freilich tut es dir not, zu schaffen, ich glaub‘ es, doch, leider! Tut es der Welt nicht not, daß sie besitzt, was du schaffst.

Ein König versicherte seinen Untertanen so lange, er sei liberal, bis sie sich erfrechten, es ihm zu glauben.

Was die Philosophie dem Menschen verschaffen will, das verliert er am leichtesten, wenn er sich mit ihr beschäftigt.

Übrigens ist der Mensch aus Notwendigkeit Egoist, denn er ist ein Punkt, und der Punkt vertieft sich in sich selbst.

Könnte der Marmor fühlen, so würde er sich gewiß über die Meißelschläge beklagen, die ihn – zum Gott machten.

Würdige keinen des Hasses, den du nicht auch der Liebe würdigen kannst. Sache nur sei er für dich, aber mitnichten Person!

Der Mensch ist der beste, der nur die Fehler hat, die die Zeit von selbst wegnimmt.

Wie wunderbar ist doch der Mensch gemacht; in seinem Glück erträgt er nichts; und alles in der Not.

Als ob alle gotischen Dome von Europa sich ein Stelldichein gegeben auf einer ungeheuer weiten Ebene – so ragten die Gestalten der Nibelungen empor.

Der Witz ist das einzige Ding, was umso weniger gefunden wird, je eifriger man es sucht.

Den Ort, wo sich die geliebten Toten befinden, weiß ich nicht; den, wo sie sich nicht befinden, weiß ich: das Grab.