Zitate von Gotthold Ephraim Lessing
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Der vollständige Inbegriff der natürlichen Religion, zu der jeder Mensch verbunden ist, besteht darin, daß man einen Gott erkennt, sich die würdigsten Begriffe von ihm zu machen sucht und auf diese Begriffe bei allen Gedanken und Handlungen Rücksicht nimmt.
Erziehung gibt dem Menschen nichts, was er nicht auch aus sich selbst haben könnte, nur geschwinder und leichter.
Nicht jeder Kunstrichter ist ein Genie, aber jedes Genie ist ein geborener Kunstrichter.
Es ist ein nichtswürdiger Mann, der sich nicht schämet, sein ganzes Glück einem Frauenzimmer zu verdanken.
Die Ähnlichkeit liegt öfters nur in einem einzigen Zuge; die übrigen alle haben unter sich nichts gleiches, als daß sie mit dem ähnlichen Zuge, in dem einen sowohl als in dem andern harmonieren.
Was nennen Sie ruhig sein? Die Hände in den Schoß legen? Leiden, was man nicht sollte? Dulden, was man nicht dürfte?
Was halte ich mich mit diesen Schwätzern auf? Ich will meinen Gang gehen und mich unbekümmert lassen, was die Grillen am Wege schwirren.
Viel muß man lesen, nicht vielerlei… Ich meine nicht Vieles, sondern viel: ein Weniges, aber mit Fleiß.
Zug um Zug ist eine Regel in der Handlung, aber nicht in der Freundschaft. Handel und Wandel leidet keine Freundschaft, aber Freundschaft leidet auch keinen Handel und Wandel.
Dann und wann gehört es unter die unerkannten Segen der Ehe, wenn sie nicht gesegnet ist.
Für wohlgerathene Kinder können Aeltern nicht zu viel thun. Aber wenn sich ein blöder Vater für einen ausgearteten Sohn das Blut vom Herzen zapft, dann wird Liebe zur Thorheit.
Es taugt nun freilich nichts, wenn Fürsten Geier unter Äsern sind. Doch sind die Äser unter Geiern, taugt’s noch zehnmal weniger.
Glückselige Zeiten, als der Tugendhafteste der Gelehrteste war! als alle Weisheit in kurzen Lebensregeln bestand!
Auf einen unnützen Bedienten: Im Essen bist du schnell, im Gehen bist du faul. Iß mit den Füßen, Freund, und nimm zum Gehn das Maul!
Ha! Daß wir nicht unmittelbar mit den Augen malen! Auf dem langen Wege aus dem Auge durch den Arm in den Pinsel, wieviel geht da verloren.
Man ist in Gefahr, sich auf dem Wege zur Wahrheit zu verirren, wenn man sich um gar keine Vorgänger bekümmert; und man versäumet nicht ohne Not, wenn man sich um alle bekümmern muß.
Alle großen Gebäude verfallen mit der Zeit, sie mögen mit Kunst und Zierraten, oder ohne Kunst und Zierraten gebauet sein.
Wirst du deswegen zu beten unterlassen, weil du nicht ganz gewiß weißt, ob dir das Gebet helfen wird?
Auf Galethee Die gute Galathee! Man sagt, sie schwärz‘ ihr Haar; Da doch ihr Haar schon schwarz, als sie es kaufte, war.
Die Seele ist ein einfaches Wesen, welches unendlicher Vorstellungen fähig ist.
„Es ist doch sonderbar bestellt“, Sprach Hänschen Schlau zu Vetter Fritzen, „Daß nur die Reichen in der Welt Das meiste Geld besitzen.“
In der Natur selbst trauen wir einer stolzen Frau nicht viel Zärtlichkeit, und einer zärtlichen Frau nicht viel Stolz zu.
Wer nicht genug hat, weil er sich nicht genügen lassen oder haushalten kann, ist noch in tieferem Sinn ein armer Teufel als der, dem es wirklich am äußerlich Notwendigen gebricht.
Dem Dieb sind alle Menschen Diebe; Mörder dem Mörder alle. So färbt das Gewissen, das Augenglas, wodurch die Seele sieht; wer nicht an Tugend glaubt, hat selber keine.
Nicht jeder, der den Pinsel in die Hand nimmt und Farben verquistet, ist ein Maler.