Zitate von Hermann Bahr
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Die Generation, deren heißen Atem man im eigenen Nacken verspürt, versteht einen immer am wenigsten, sie lernt man eigentlich nie verstehen, mit ihren Überwindern verständigt man sich dann wieder leicht.

Denn das Leben des Menschen wird wesenlos, der hinter seiner zufälligen Existenz nicht mehr die beglückende Versicherung einer Nation fühlt.

Es ist keine Idee im menschlichen Bewusstsein, die ihren Ursprung nicht hätte in der Außenwelt, in dem jenseits des Bewusstseins und unabhängig von diesem dahinfließenden ökonomischen Prozess.

Der Deutsche braucht ja wirklich nur endlich wieder einmal sein eigenes Herz kennen zu lernen und er wäre gesund und es siegte der Mut! Was schiert uns Macht und Ruhm und Lohn? Der Deutsche hat in sich selber Welt genug, um jede äußere entbehren zu können.

…denn mit der Gerechtigkeit nehmen es immer nur die Schwachen ernst, während sie von den Starken höchstens gelegentlich als Redeschmuck verwendet wird.

Vielleicht kann überhaupt nur wer liebt, erst geben, lieben ist geben, sich geben, sich ergeben [und dies in jedem erdenklichen Sinne von Ergebung].

Das Gefühl braucht Opposition. Wenn man schon aus Liebe heiratet, sollten wenigstens die Eltern dagegen sein.

Als Adam das Paradies verlor, glitt mit ihm ein Abglanz der ewigen Wahrheit mit in die Welt des Scheins hinaus, der kann in der Menschheit, wie dunkel es auch oft um sie wird, nie ganz verlöschen.

Politik ist recht eigentlich die Kunst, sich auf den eigenen Vorteil ebenso gut als auf den des Nachbars zu verstehen und diesen für jenen auszunützen, indem man sich des Nachbars so bedient, daß er dabei meinen muß, man diene ihm.

Kurz, wir erleben jetzt, wie die gelobte deutsche „Bildung“ ihren Schwindel deklariert und sich selber auflöst…

Leonardo malt bald den Dionysos, bald den Johannes, bald die Mona Lisa, doch es wird niemals der Dionysos, noch der Johannes, noch die Mona Lisa, sondern immer dasselbe Lächeln der Seele springt immer wieder daraus auf.

Was sich so gemeinhin Freund zu nennen pflegt, das will doch immer etwas mit uns, wenn es nicht gar von uns etwas will; es zerrt nur an uns herum.

Jede Jugend hat das Bedürfnis nach Gestalt: ihre Grenzen will sie ziehen, und wer diesen widerstrebt, ist ihr der Feind.

Wer einen Mann erkennen, sein Wesen einsehen will, soll die Frauen betrachten, die er liebt.

Kein Volk will den Krieg, aber jedes hält sich einen Stand, dessen Angehörige den Krieg brauchen, wenn für ihr Gefühl nicht ihr ganzes Leben vergeudet sein soll.

Es ist ein Zeichen des beginnenden Alters, wenn man auf einmal Lust kriegt, Bücher wieder zu lesen, die man schon kennt. Noch einen Schritt näher an das Grab, und man liest überhaupt nur noch Bücher, die man schon kennt.

Nichts ist törichter, als wenn Erwachsene meinen, sich zu Kindern immer erst geistig herabschrauben zu müssen, die meistens selbst viel mehr Lebensernst, Lebenssinn, Lebensmut und ein viel reineres Bedürfnis nach Wahrheit haben, als wer schon nach Gewinn schielen gelernt hat.

Indem der Einzelne seine Nation in sich auswischt, wird er nicht übernational, er wird nur zunichte.

Was zieht im Theater? Was den Frauen gefällt. Was gefällt den Frauen? Was von ihrer Sache handelt. Was ist ihre Sache? Was sie Liebe nennen.

Ich frage mich oft, ob wir nicht unmittelbar vor einer gewaltigen Sprachwende, ja vielleicht schon mitten in ihr stehen.

Die Natur hat uns das Schachbrett gegeben, aus dem wir nicht hinaus wirken können, noch wollen, sie hat uns die Steine geschnitzt, deren Wert, Bewegung und Vermögen nach und nach bekannt werden; nun ist es an uns, Züge zu tun, von denen wir uns Gewinn versprechen.

Alle dreißig oder fünfzig Jahre werden ja stets wieder einmal die geschlechtlichen Ideale gewechselt.

Alle Politik, auf welche Grundsätze sie sich berufen mag, wird tatsächlich allein dadurch bestimmt, daß der Mächtige die Macht behaupten, der Ohnmächtige die Macht beschränken will.

Ein Fehler, den man mit einem anderen Menschen teilt, verbindet tiefer als ein gemeinsamer Vorzug.