Alois Essigmann Zitate
seite 1

Futurismus? – Das wäre ein Futurum, das aus der Gegenwart in die Vorvergangenheit weist und doch ein Exaktum kennt.
Aphorist und Enzyklopädist! was ist gottnäher: Aus einem Körnlein einen Baum zaubern, oder Ziegel zu einem Bau schleppen?
Ein Schlagwort schlägt schließlich den eigenen Herrn, aber die Antithese stützt selbst noch den Wankenden auf beiden Seiten.
Das, was sich Neue Kunst nennt, sagt: Keine Ausnahme ohne Regel! – und sichert sich damit die Neuheit.
Ich bringe das Bild nicht aus dem Sinn: Fama ist ein Hund und wedelt mit dem Annoncenschweif.
Vernunft ist die fürsorglichste Regierung im Reiche des Bewußtseins. Aber jenseits der Grenze genießt nur der Geist Exterritorialität.
„Große Kanone“ nennt der Berliner jene Leute, die selbst bei Panzerplattköpfen durchschlagende Erfolge erzielen.
Deutsche Chauvinisten sind Leute, die am liebsten eine Eiche im Knopfloch tragen würden.
Erotik ist die Lust über Bretter zu setzen, mit denen uns eine Welt vernagelt scheint.
Ich stelle mir gerne den Fachmann als ein einfaches Dromedar und den Polyhistor als ein vielhöckriges Kamel vor.
Zwischen Weisheit und Wissen klafft ein breiterer Abgrund als zwischen Religion und Kirche.
Ja, ja! die Buchmacher! – Den einen ist es nur um die Pferdezucht zu tun, den anderen nur um die Literatur.
Wenn ein Dichter das Wort ernst nimmt, sagen Literaturprofessoren: Er macht Wortspiele.
Wenn Neues eine beschränkte Zahl von Anhängern findet, so kann es auch gut sein; findet es aber eine Unzahl von beschränkten Anhängern, dann ist es bestimmt nur neu.
Neunzehnhundertundvierzehn, als alles „groß“ war, da waren die Kleinsten am meisten aufgeblasen.
Ich schlage eine Gewerbesteuer fürs Maulaffenfeilhalten vor. Vielleicht könnten die Hauptkonsumenten diese bittere Pille durch Verleihung des Hoflieferantentitels versüßen.
Gibt es Gemeines in der Kunst? – Ich glaube, auch der Rinnstein der Milchstraße ist mit Sternen gepflastert.
Was ein richtiger Sexualpsychologe ist, das sucht bei den Spaltpilzen masochistische Triebe.
Die Ehe ist für manch eine ein trauriges Erwachen. – Weil das Einschlafen so traurig ist.
Ein guter Gedanke in schlechter Form? – Der muß gestohlen sein, denn denken heißt, eine Ahnung gestalten.
Ein Zeitungskönig ist gefährlicher als ein Tyrann: er will außer der Leistung auch die Meinung erzwingen.
Sein ist eben „sein“ und nicht „Sein“. Will man es nicht als Zeitwort gelten lassen, so muß man es unter die Ewigkeitsworte einreihen.
Der Fromme taucht alles in mystisches Dunkel, der Forscher zerrt alles ans Licht des Tages. Darum wirtschaftet die Natur mit dem, schläft bei jenem, und ist beständig im Wechsel.
Auf den Stufen der Macht liegt fingerdick der Dreck: das ist die öffentliche Meinung.
Wo Zivilisation ihr Zeit ist Geld schreit, da seufzt die Kultur höchstens: Geld ist Zeit!
Nietzsche sagt: „Wer in Blut und Sprüchen schreibt, der will nicht gelesen, sondern auswendig gelernt werden.“ Das ist zu wenig! Inwendig will er gelernt werden – auf daß sich das Innere wende!
Wenn man dem Bett gegenüber eine gute Uhr gewöhnt ist, so wäre auch ein Tizian ein schlechter Ersatz.