Zitate von Christoph Martin Wieland
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Es ist als ob die närrischen Menschen den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen könnten; sie suchen was ihnen vor der Nase liegt, und was sie bloß deswegen nicht finden, weil sie sich in einer Art von Schneckenlinie immer weiter davon entfernen.

Denn Schwärmerei steckt wie der Schnupfen an; man fühlt, ich weiß nicht was, und eh‘ man wehren kann, ist unser Kopf des Herzens nicht mehr mächtig.

Die Gelehrten – ein Volk, welches über nichts in der Welt einig werden kann.

Beschäftigte Leser sind selten gute Leser. Bald gefällt ihnen alles, bald nichts; bald verstehen sie uns halb, bald gar nicht, bald (was noch schlimmer ist) unrecht. Wer mit Vergnügen und Nutzen lesen will, muß gerade sonst nichts andres zu tun noch zu denken haben.

Alles Gute löset sich in Vergnügen auf und alles Böse in Schmerz. Aber der höchste Schmerz ist das Gefühl sich selbst unglücklich gemacht zu haben.

Sende nicht Worte mit fliegender Eile, Zürnende Worte sind brennende Pfeile, Töten die Ruhe der Seele so schnell Schwer ist’s zu heilen, doch leicht zu verwunden.

Die menschliche Seele ist vielleicht keines kräftigeren Schmerzes fähig, als derjenige ist, den Gegenstand unserer zärtlichsten Gesinnungen verachten zu müssen.

Häufig geschieht es, daß von zweien, die einander durch ihr Gefühl widerlegen, beide betrogen werden.

Die Kunst, reich zu werden, ist im Grunde nichts anderes, als die Kunst, sich des Eigentums anderer Leute mit ihrem guten Willen zu bemächtigen.

Wie unglücklich würden neunundneunzig von hundert Theilen des menschlichen Geschlechts sein, wenn die mitleidige Natur nicht von Zeit zu Zeit etliche Tropfen aus ihrem Freudenbecher unter die Beschwerden des Lebens fallen ließe.

Ein großes Volk hat Leidenschaften vonnöten, um in die starke und anhaltende Bewegung gesetzt zu werden, welche zu seinem politischen Leben gefordert wird.

Eine innere Nothwendigkeit treibt uns, in Allem nach Wahrheit zu streben, auch wenn sie unseren Wünschen und Neigungen entgegensteht. Irrthum kann uns angenehm sein, aber nie befriedigen.

Teure Hoffnung, du bist schon ein Anfang der Glückseligkeit, die du versprichst.

O Liebe, süßes Labsal aller Leiden der Sterblichen, – du wonnevoller Rausch vermählter Seelen! Welche Freuden sind deinen gleich?

Jede Sprache ist der Organisation, der Lage, dem Genie und Charakter der Nation, von welcher sie gebildet worden ist, angemessen.

Die Liebe gibt dem sanften Weibe Mut, Was Männern schauern macht, mit Lächeln zu ertragen.

Es wäre zugleich gottlos und töricht, sich einem Kummer zu überlassen, der den Himmel beleidigt, und uns selbst der Kräfte beraubt, dem Unglück zu widerstehen, und der Mittel, wieder glücklich zu werden.

Gerechtigkeit ist der einzige Grund der Macht und der Dauer des Staates, sowie das einzige Band der menschlichen Gesellschaft.

Man kann in einem Stücke wahnsinnig und in allen übrigen klug sein, so wie eine Laute bis auf eine einzige falsche Saite wohl gestimmt sein kann.
![Christoph Martin Wieland - Beim Lichte besehen [ist es eigentlich] immer nur die ewige Eigenliebe [...], die bald unter die...](https://www.netzitate.com/bilder/927/zitate-von-christoph-martin-wieland-76.jpg)
Beim Lichte besehen [ist es eigentlich] immer nur die ewige Eigenliebe […], die bald unter dieser bald unter jener Maske alles tut, und eben darum desto besser Spiel dabei hat, weil wir sie immer maskiert, nie in ihrer eigenen Gestalt sehen.

Der Charakter einer Nation spiegelt sich nirgends aufrichtiger ab als in ihren Spielen: keine Veränderung in diesen, die nicht entweder die Vorbereitung oder die Folge einer Veränderung in ihrem sittlichen oder politischen Zustande wäre.

Laß dir an dem Bewußtsein genügen, deine Pflicht getan zu haben, andere mögen es erkennen oder nicht.

Das Thier sucht seine Nahrung, gräbt sich eine Höhle oder baut sich ein Nest, wird von einem blinden Triebe zur Erhaltung seiner Gattung genöthigt, schläft und stirbt. Was thut der größte Theil der Menschen mehr?
![Christoph Martin Wieland - Ihre [Musarions] Philosophie ist diejenige, nach welcher ich lebe; [...] diese Nachsicht gegen d...](https://www.netzitate.com/bilder/933/zitate-von-christoph-martin-wieland-82.jpg)
Ihre [Musarions] Philosophie ist diejenige, nach welcher ich lebe; […] diese Nachsicht gegen die Unvollkommenheiten der menschlichen Natur – welche, mit allen ihren Mängeln doch immer das liebenswürdigste Ding ist, das wir kennen.

Die Gewalt ihrer Reize zu verdoppeln, gab ich dem Weibe die Scham, die holdseligste der Grazien, das anziehende Weigern, das sanfte Sträuben, welches den Wert jeder Gunst erhöht; die süßen Tränen, deren wollüstiges Ergießen das von Empfindung gepreßte Herz leichter macht.

Himmel und Meer, in Einen unermeßlichen Blick vereinigt, ist vielleicht das größte und erhabenste Bild, das unsre Seele fassen kann.

Wie oft sehen wir Personen kommen und wieder abtreten, ohne daß sich begreifen läßt, warum sie kamen, oder warum sie wieder verschwinden?

Gewiß ist, daß die Verhältnisse der Seelenkräfte unter einander so fein sind, daß es sehr leicht ist, die Harmonie derselben zu verletzen.

Der Wohlstand eines Staates, die Glückseligkeit einer Nation hängt schlechterdings von der Güte der Sitten ab. – Die Erziehung allein ist die Schöpferin der Sitten.

Ohne Täuschung läßt sich zwischen Weib und Mann kein Verhältniß denken; mehr oder weniger Annäherung ist alles, was wir uns versprechen dürfen, und daran läßt die Freundschaft sich genügen.

Jedes Jahr des Lebens, wie es abgeht, nimmt auch was von uns als Beute mit.

Wenn wir nicht glücklich sind, so ist es doch schön, wenn wir es zu sein verdienen.

So wie Nahrung und Bewegung zum Wachstum und zur Ausbildung eines tierischen Körpers beiträgt, ohne ihn darum zu etwas anderem machen zu können, als wozu ihm die Natur selbst die substantielle Form und innere Anlage gegeben hat, so wirkt die Erziehung in Bezug auf den Charakter.

Wenn Verliebte einander ausweichen, so geschieht es gemeiniglich, um eifriger gesucht und eher gefunden zu werden.

In and’rer Glück sein eig’nes finden, in dieses Lebens Seligkeit, und and’rer Menschen Wohlfahrt gründen, schafft göttliche Zufriedenheit.

Wer zum Menschen geboren wurde, soll und kann nichts Edleres, Größeres und Besseres sein als ein Mensch – und wohl ihm, wenn er weder mehr noch weniger sein will.

Wir lernen durch Irren und Fehlen und werden Meister durch Übung, ohne zu merken, wie es zugegangen ist.

Vergesset nie, daß ohne Mäßigung auch die natürlichsten Begierden zu Quellen des Schmerzes, durch Übermaß die reineste Wollust zu einem Gifte wird, das den Keim eures künftigen Vergnügens zernaget.

Von schwachen Adamskindern Zu hoffen eine Treu‘, die keines Sturmwinds Stoß Erschüttert, eine Treu‘, die keine Probe mindern, Kein Reiz betäuben kann? Unmöglich!