Egon Friedell Zitate

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Die große Majorität der Menschheit würde der trostlosesten Langeweile verfallen, wenn sie nicht durch tausend Zwangsmaßregeln von sich selbst und ihrer inneren Leere abgelenkt würde.

Egon Friedell

Rechtsanwälte: Die Welt hat einen großen Bedarf an Leuten, die Unrecht für Recht ausgeben können.

Egon Friedell

Das, was war, wirkt auf uns allemal tiefer als das, was ist.

Egon Friedell

Die Aufgabe des großen Philosophen besteht nicht darin, korrekt zu schließen, sondern die Stimme seiner Zeit zu sein, das Weltgefühl seiner Epoche in ein System zu bringen.

Egon Friedell

Daß man einem Wasser nicht auf den Grund blicken kann, beweist noch nicht, daß es tief ist.

Egon Friedell

Wenn sie sagen, daß ich mir widerspreche, warum widersprechen sie mir dann?

Egon Friedell

Der Dichter bewahrt sein Zeitalter auf; ohne ihn würde es nicht erhalten bleiben.

Egon Friedell

Es gibt nun einmal keine ewigen Werte: ewig ist die Sehnsucht nach ihnen.

Egon Friedell

Das Wort Ästhet gehört zu jenen, die, je nach dem man Sie ausspricht, eine Schmeichelei oder eine Beleidigung bedeuten können.

Egon Friedell

Je polychromer die Ideale einer Zeit sind, je dehnbarer ihre Werte, desto vergeistigter erscheint sie uns.

Egon Friedell

Gott nimmt die Welt nicht ernst, sonst hätte er sie nicht schaffen können.

Egon Friedell

Tatsächlich ist der Darwinismus eine dialektische Konstruktion, ja eine Art Religion mit sehr ausgebildeter Mythologie und Dogmatik.

Egon Friedell

Es ist eine psychologische Tatsache, daß Toleranz dem Durchschnitt der Menschheit ganz wesensfeindlich ist.

Egon Friedell

Es gibt Menschen, die selbst für Vorurteile zu dumm sind.

Egon Friedell

Wir kennen die wahren Kräfte nicht, die unsere Entwicklung geheimnisvoll vorwärtstreiben; wir können einen tiefen Zusammenhang nur ahnen, niemals lückenlos beschreiben.

Egon Friedell

Der Alkohol ist ein Gift. Das haben die Physiologen bewiesen. Aber gegen den Alkohol ist damit gar nichts bewiesen, denn ein Gift kann immer noch eine Medizin sein.

Egon Friedell

Es liegt nicht in unserer Macht, Irrtümer wie Kleider anzulegen, weil wir lieber andere tragen möchten; wir finden erst die Kraft, Irrtümer loszuwerden, wenn wir sie nicht mehr verwerten können, weil sie wirklich völlig abgenutzt sind.

Egon Friedell

Alles vermag die Menschheit zu verzeihen: Torheiten, Lügen, Laster, ja sogar Verbrechen, nur eines nicht: die Taktlosigkeit.

Egon Friedell

Menschen, die nur die eine Seite irgendeiner Wahrheit erblickt haben.

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Das Leben ist für den Alltagsmenschen ein wissenschaftliches Problem, für das Talent ein künstlerisches und für das Genie ein religiöses.

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Dummheit ist ein gutes Ruhekissen.

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Die meisten unserer heutigen Wahrheiten haben so kurze Beine, daß sie gerade so gut Lügen sein könnten.

Egon Friedell

Eine Welt ohne Gott ist nicht nur die unsittlichste, sondern auch die unkomfortabelste, die sich ersinnen läßt.

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Die beiden großen Mächte, die uns zwingen, unser Dasein auch unter widrigen Umständen fortzusetzen, sind Hoffnung und Neugierde.

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Altruismus aus Klugheit, Idealismus aus Eigennutz: das ist vielleicht die Formel für eine kommende Ethik.

Egon Friedell

Ende des achtzehnten Jahrhunderts hielten die meisten Menschen Vulpius, den Verfasser des Rinaldo Rinaldini, für einen größeren Dichter als seinen Schwager Goethe.

Egon Friedell

Der Pegel der Kultur steht am tiefsten, wenn sie am eindeutigsten ist.

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Lieber Leser, wenn schon ich mir so oft widerspreche, dann ist es wirklich gänzlich überflüssig, daß auch du mir noch widersprichst.

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Nach welchen Gesetzen die Natur wirklich verfährt, werden wir selbstverständlich niemals erfahren. Darwin hat nicht mehr Recht als Moses; nicht die Natur ist darwinistisch, aber der heutige Mensch ist es.

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Es ist ganz merkwürdig, wie stark die Menschen im Verfehlen des Richtigen und des Nächstliegenden sind.

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Unsere Mythologie lesen wir täglich dreimal in der Zeitung.

Egon Friedell

Ein Zeitalter ist umso aufgeklärter, je mehr Rätsel es entdeckt.

Egon Friedell

Der Fortschritt der Menschheit besteht in der Zunahme ihres problematischen Charakters.

Egon Friedell

Die Genies haben immer denselben Leidensweg zu durchmessen: vom Kasperl zum Seminar.

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Was das Gymnasium wert ist, sieht man weniger an denen, die es besucht haben, als an denen, die es nicht besucht haben.

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Psychologie ist die Wissenschaft von der Seele dessen, der sie betreibt.

Egon Friedell

Vollkommenheit ist steril.

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Eine jede Revolution hat ihre Geburtsstunde in dem Augenblick, wo irgendein öffentliches Unrecht in irgendeiner menschlichen Seele sich in Erkenntnis verwandelt.

Egon Friedell

Die Maschine ist die souveräne Beherrscherin unseres gegenwärtigen Lebens.

Egon Friedell

Nichts ist im Menschen, auch im scheinbar 'aufgeklärtesten', fester verwurzelt als der Glaube an irgendwelche Autoritäten.

Egon Friedell

Aber keine Wahrheit ist eine Privatangelegenheit.

Egon Friedell

Wir können die Welt immer nur unvollständig sehen; sie mit Willen unvollständig zu sehen, macht den künstlerischen Aspekt.

Egon Friedell

Als man Michelangelo aufmerksam machte, daß seine Statue des Papstes nicht ähnlich sei, sagte er: Wem wird das in zehn Jahrhunderten auffallen?

Egon Friedell

Kultur ist und bleibt nun einmal das Gegenteil von Natur.

Egon Friedell

Ich glaube, daß es die Aufgabe jedes Gebildeten wäre, auf möglichst vielen Gebieten bis zu dem Punkt vorzudringen, auf dem er seine positiven Kenntnisse fast ausnahmslos preisgeben muß.

Egon Friedell

Es ist eine bekannte Tatsache, daß Träume oft viel stärker auf uns wirken als wirkliche Erlebnisse. Woher kommt das? Weil das Erlebnis immer eine viel geringere Realität hat als die Phantasie.

Egon Friedell

Was ist alle Kunst? Sie gestaltet unsere Sehnsucht.

Egon Friedell

Aller Fortschritt zersetzt, trennt, löst auf, zersplittert kompakte Solidaritäten, zerreißt althergebrachte Zusammenhänge, zerstört, sprengt in die Luft. Aller Fortschritt hat das Thema, das Dasein zu irrationalisieren, es widerspruchsvoller und fragwürdiger, tiefer und bodenloser zu machen.

Egon Friedell

Jede Wahrheit tritt zuerst als Irrlehre in die Welt, denn die Welt ist immer von gestern.

Egon Friedell

Ein Ästhet ist der Schauspieler seines Ideals.

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