seite 2
Seh'n Sie, Herr Doctor, manchmal hat man so 'nen Charakter, so 'ne Struktur. - Aber mit der Natur ist's was ander's, sehen Sie, mit der Natur (er kracht mit den Fingern), das ist so was, wie soll ich doch sagen - zum Beispiel
Georg BüchnerWir wissen wenig voneinander. Wir sind Dickhäuter, wir strecken die Hände nacheinander aus, aber es ist vergebliche Mühe, wir reiben nur das grobe Leder aneinander ab, - wir sind sehr einsam.
Georg BüchnerDer Weltgeist bedient sich in der geistigen Sphäre unserer Arme ebenso, wie er in der physischen Vulkane und Wasserfluten gebraucht. Was liegt daran, ob sie [die Menschen] nun an einer Seuche oder an der Revolution sterben?
Georg BüchnerDie Natur handelt nicht nach Zwecken, sie reibt sich nicht in einer unendlichen Reihe von Zwecken auf, von denen der eine den anderen bedingt; sondern sie ist in allen ihren Äußerungen sich unmittelbar selbst genug.
Georg BüchnerDie Revolution ist noch nicht fertig, wer eine Revolution nur zur Hälfte vollendet, gräbt sich selbst sein Grab.
Georg BüchnerWarum hat Gott den Menschen das Gefühl der Schamhaftigkeit eingeflößt? Damit der Schneider leben kann.
Georg BüchnerWir sind alle Narren; aber keiner hat das Recht, einem anderen seine eigentümliche Narrheit aufzudrängen.
Georg BüchnerWeißt du, Valerio, daß selbst der Geringste unter den Menschen so groß ist, daß das Leben noch viel zu kurz ist, um ihn lieben zu können?
Georg BüchnerEr zieht ein Gesicht, als solle es versteinern und von der Nachwelt als Antike ausgegraben werden.
Georg BüchnerDas heißt Leben und Liebe eins sein lassen, daß die Liebe das Leben ist und das Leben die Liebe.
Georg BüchnerIch glaube, man muß in sozialen Dingen von einem absoluten Rechtsgrundsatz ausgehen, die Bildung eines neuen geistigen Lebens im Volke suchen und die abgelebte moderne Gesellschaft zum Teufel gehen lassen. Zu was soll ein Ding wie diese zwischen Himmel und Erde herumlaufen?
Georg BüchnerEs ist Gewalt, der man sich fügen muß, wenn man nicht stark genug ist, ihr zu widerstehen; aus der Schwäche kann einem kein Vorwurf gemacht werden.
Georg BüchnerDas arme Volk schleppt geduldig den Karren, worauf die Fürsten und Liberalen ihre Affenkomödie spielen.
Georg BüchnerDer Mensch muß denken, und ich muß für meine Untertanen denken; denn sie denken nicht, sie denken nicht.
Georg BüchnerWer will dem Adler die Bahn vorschreiben, wenn er die Schwingen entfaltet und stürmischen Flugs sich zu den Sternen erhebt?
Georg BüchnerSehn Sie die Kreatur, wie Gott sie geschaffen hat: gar nix. Sehn Sie jetzt die Kunst: geht aufrecht, hat Rock und Hosen an, hat ein' Säbel! Der Aff ist Soldat.
Georg BüchnerDie Statue der Freiheit ist noch nicht gegossen, der Ofen glüht, wir alle können uns noch die Finger dabei verbrennen.
Georg BüchnerMein Leben gähnt mich an wie ein großer weißer Bogen Papier, den ich vollschreiben soll, aber ich bringe keinen Buchstaben heraus.
Georg BüchnerWoyzeck, es schaudert mich, wenn ich denke, daß sich die Welt in einem Tag herumdreht. Was 'n Zeitverschwendung! Wo soll das hinaus? Woyzeck, ich kann kein Mühlrad mehr sehen, oder ich werd melancholisch.
Georg BüchnerGott mag den allerdurchlauchigsten und gesalbten Schafsköpfen gnädig sein; auf der Erde werden sie hoffentlich keine Gnade mehr finden.
Georg BüchnerIch lache nicht darüber wie jemand ein Mensch, sondern nur darüber, daß er ein Mensch ist, und lache dabei auch über mich selbst, der ich sein Schicksal teile.
Georg BüchnerEinander kennen? Wir müßten uns die Schädeldecken aufbrechen und die Gedanken einander aus den Hirnfasern zerren.
Georg BüchnerWer hat euch herfahren geheißen? - Ich heiße nicht Herfahren, das ist ein kurioser Name!
Georg BüchnerWeil wir im Kerker geboren und großgezogen sind, merken wir nicht mehr, daß wir im Loch stecken mit angeschmiedeten Händen und Füßen und einem Knebel im Munde.
Georg BüchnerWie schimmernde Tränen sind die Sterne durch die Nacht gesprengt; es muß ein großer Jammer in dem Aug sein, von dem sie abträufelten.
Georg BüchnerWenn einmal die Geschichte ihre Grüfte öffnet, kann der Despotismus noch immer an dem Duft unsrer Leichen ersticken.
Georg BüchnerIch verachte Niemanden, am wenigsten wegen seines Verstandes oder seiner Bildung, weil es in Niemands Gewalt liegt, kein Dummkopf oder kein Verbrecher zu werden, - weil wir durch gleiche Umstände wohl Alle gleich würden, und weil die Umstände außer uns liegen.
Georg BüchnerDas Volk ist ein Minotaurus, der wöchentlich seine Leichen haben muss, wenn er sie nicht auffressen soll.
Georg BüchnerWer in einer Masse, die vorwärts drängt, stehen bleibt, leistet so gut Widerstand, als trät er ihr entgegen, er wird zertreten.
Georg BüchnerIch frage nun: soll die geistige Natur in ihren Revolutionen mehr Rücksicht nehmen als die physische? Soll eine Idee nicht ebensogut wie ein Gesetz der Physik vernichten dürfen, was sich ihr widersetzt?
Georg BüchnerDer Gedanke, daß für die meisten Menschen auch die armseligsten Genüsse und Freuden unerreichbare Kostbarkeiten sind, machte mich sehr bitter. [...]
Georg BüchnerDer Dichter ist kein Lehrer der Moral, er erfindet und schafft Gestalten, er macht vergangene Zeiten wieder aufleben, und die Leute mögen dann daraus lernen, so gut, wie aus dem Studium der Geschichte und der Beobachtung dessen, was im menschlichen Leben um sie herum vorgeht.
Georg BüchnerIch habe noch eine gewisse Dosis Enthusiasmus zu verbrauchen; aber wenn ich alles recht warm gekocht habe, so brauche ich eine unendliche Zeit, um einen Löffel zu finden, mit dem ich das Gericht esse, und darüber steht es ab.
Georg BüchnerWenn man sich nur einbilden könnte, die Löcher in unseren Hosen wären Palastfenster, so könnte man schon wie ein König leben! So aber friert man erbärmlich.
Georg BüchnerJeder hat was nötig; wenn er ruhen kann, was könnt' er mehr haben! Immer steigen, ringen und so in Ewigkeit alles, was der Augenblick gibt, wegwerfen und immer darben, um einmal zu genießen; dürsten, während einem helle Quellen über den Weg springen.
Georg Büchner