seite 1
Ewig müssen wir Menschen einsam bleiben, einsam wie Hügel und Berge, die nur in der Tiefe ihrer Gesteinswurzeln, wo sie noch nicht Hügel und Berge sind, übereinstimmen.
Hermann StehrDas Leben der Seele reicht weiter als in Siriusfernen. Daher die vielen Widersprüche ihrer Ethik mit den Gesetzen der Natur auf der Erde, diesem kleinen Winkel des Alls
Hermann StehrKomisch, wie die frühe Jugend und das spätere Menschenalter sich gleichen. Beiden siedet das Wasser in der hohlen Hand. Aber wir Weisen lassen es nicht überlaufen. Das ist der einzige Unterschied.
Hermann StehrEs geschieht nicht alles wegen mir. Es tanzen keine Gestirne, es rauschen keine Bäume wegen mir. Ich muß mich selber ins Leben einfügen, selber den Weg suchen. Wie ich mich selber in das Leben vertiefe, so wird es sich mir weiten.
Hermann StehrImmer wenn die Menschen von dem Ahnen ihrer seelischen Grenzenlosigkeit berührt werden, bemächtigt sich ihrer Heiterkeit und Zuversicht.
Hermann StehrWenn ich das nicht immer in mir wüßte, daß jeder Tod, auch der früheste, eine Vollendung ist, so würde ich wohl heut und alle Tage mein Haupt aus Gram auf den Tisch schlagen und weinen.
Hermann StehrLaßt es euch nur inwendig gut gehen, so läuft das Auswendige von selber gut hinten nach.
Hermann StehrJedes Kind ist ein unbekannter Erdteil, nie ganz zu entdecken, in dem man sich nur mit Liebe zurechtfinden kann.
Hermann StehrWenn die Glocke des äußeren Schicksals klingt, wissen die meisten Menschen schon nicht mehr, daß und wann sie sie geläutet haben.
Hermann StehrMit dem Menschen ist es wie mit dem Baum: er wächst von innen her und verdorrt auch so.
Hermann StehrDer abgrundtiefe Strom, den die Menschen am Ende ihres Lebens Tod und während des Daseins auf der Erde Schlaf nennen, hat keinen Anfang und kein Ende.
Hermann StehrDer Umweg übers Reden ist die gebräuchlichste und sicherste Art Schweigsamkeit, mit der Menschen sich vor andern verbergen.
Hermann StehrBesteht die Liebe ihrem Wesen nach nicht in der schrankenlosen Bereitwilligkeit, den Zustand des andern zum eigenen zu machen?
Hermann StehrDas Brot der Heimat nimmt kein Ende, und die davon essen, bekommen goldene Herzen voll Fröhlichkeit und Güte.
Hermann StehrNie gleicht ein Mensch dem andern, niemals gleicht ein Kind seinen Eltern. Niemand ist verantwortlich für das Leben, wie es wird, als der Mensch selbst.
Hermann StehrLaß uns alle Tage in jener Tiefe unseres Wesens wohnen, wo wir von dir nicht geschieden sind, wo Worte nicht sind, noch Gedanken, noch Ziel, sondern Erfüllung. Dort laß uns zu Hause sein, wo wir waren vor unserm irdischen Anfang, und wo wir sein werden nach unserm irdischen Ende in Ewigkeit.
Hermann StehrWer durch Dornengestrüpp hat gehen müssen, lernt, wie Dornen verwunden, und tut die an ihm hängengebliebenen ab, damit sie anderen nicht schaden.
Hermann StehrIch hab ein Recht, und mir hat's Gott gegeben, und dieses Recht verteid'g' ich durch mein Leben. Wenn tausend dumpf sich mir entgegenstellen, so wird mein Strom mir immer höher schwellen.
Hermann Stehr[So ist es eine] Tatsache, daß die Liebe in der Sehnsucht nach Erfüllungen besteht, die unserem Wesen versagt sind.
Hermann StehrEs ist eine schlimme Gunst des Schicksals, die erste Liebe des unentwickelten Herzens erfüllt zu sehen.
Hermann StehrEin Kind täuscht sich nie. Du wunderst dich, wenn es sich vor einem Menschen zurückbäumt und sich gegen ihn sträubt, der dir doch Freund sein will. Später erkennst du, daß das Kind weiser war als du.
Hermann StehrMit reiner Hand greif' jeden Tag und sorge nicht, was werden mag; denn geigst du edel jeden Ton, so klingt das Lied von selber schon!
Hermann StehrEin jeder von uns ist immer nur der Laut der Schritte eines Größeren, der nach uns kommt.
Hermann StehrIst der Tod eines Menschen immer schmerzvoll? Ist er nicht oft sinnfällig schon ein unaussprechliches Glück? Alle Dinge sind durch uns selbst verschieden. Und wie du den Tod erkennst, so wirst du ihn tragen.
Hermann StehrOft geht über alternden Frauen mit reiner Vergangenheit ein Wunder auf, bis sie zuletzt im hohen Greisenalter ganz von ihm durchleuchtet und verklärt werden: Der Glanz und der Schimmer ihrer längst entschwundenen Jugend blüht wieder aus ihnen.
Hermann StehrNiemand sollte anders über sich sprechen, als durch sein Werk und seinen Tod. Denn wie ein Mensch stirbt, das beweist die Art seines Wesens noch restloser und eindeutiger als sein Werk.
Hermann StehrSei beruhigt, traure nicht, liegt dein Leben in der Stille, Ohne Puls und ohne Licht ist kein Wesen und kein Wille.
Hermann StehrUnsere eigenen Fehler sind der Grund, warum andere uns Schaden zufügen können. Denn wo keine Tür ist, da ist auch kein Eingang.
Hermann StehrWenn ich meinen Wagen recht ziehe, so geschieht es, daß alle Menschen sich fortbewegen.
Hermann StehrIn des Menschen Leben kommt nie etwas Neues, sondern nur neue Formen tauchen auf, soviel sich auch ereignen mag.
Hermann StehrSeid gütig miteinander, denn lieblose Menschen wandern auch im Frieden immer durch Trümmer.
Hermann Stehr