Jean Paul Zitate
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Man sollte eine Sammlung aller Sprachkeckheiten großer Autoren haben, um die Zunge immer mehr zu befreien.
Die kleinen Gründe erschaffen den Entschluß nicht, sondern man waffnet sich mit ihnen nur gegen äußere Anfechtungen desselben.
Erbärmlich ist’s freilich und zwar sehr, wie oft die Menschen einander nur halb vernehmen und ganz mißverstehen.
Liebe beginnt und steigt durchaus nur an der Gegenliebe und mit ihrem wechselseitigen Erraten.
Es gibt Menschen, die man nicht hasset und nicht sehr liebt, aber ein wenig, die verschwinden, ohne daß man es merkt, wiederkommen ohne Freude – für Große gibt es keine andern, und sie sind keine andern.
Der Freie muß den Sklaven erlösen, der Weise für den Toren denken, der Glückliche für den Unglücklichen arbeiten.
Kann ich nicht ein sehr begünstigter Liebhaber sein, der den Sonnenkörper einer Geliebten den ganzen Tag im Himmel ziehen sieht und hinaufschauet und ruft: ich sehe nur dein Sonnen-Auge, aber es genügt?
Kleine Freuden laben, wie Hausbrot, immer ohne Ekel; große wie Zuckerbrot, zeitig mit Ekel.
Die Schwätzer von lohnendem Bewußtsein guter Taten haben wenig getan – sie hätten sie sonst vergessen -, sie hätten sich sonst erinnert, daß die Gewissensbisse mit der Stärke des Gewissens steigen und daß die besten Menschen sich mehr vorwerfen als die schlimmsten.
Wie Gustav die abwesende Beata liebte, errät jeder, der empfunden hat, wie die Liebe nie zärtlicher, nie uneigennütziger ist, als während der Abwesenheit des Gegenstandes.
Wenn der andre ein wenig Genie zeigt, so werden wir neidisch und ungerecht gegen ihn sein; wenn er aber uns zu sehr übertrifft, nicht.
Im Dienste der Liebesgöttin wird man leichter kahl als grau; er war schon gegen die Silberbraut moralisch-kahl.
Jede Verleumdung, wenn man sie auch verwirft, läßt eine geringere Meinung vom Verleumdeten auf kurze Zeit zurück.
Je verdorbener ein Zeitalter, desto mehr Verachtung der Weiber. Je mehr Sklaverei der Regierungsform oder -unform, desto mehr werden jene zu Mägden der Knechte.
Die Gewohnheit der Vollkommenheit des Freundes macht gegen ihn ungerecht. Man denke sich dieselbe an einem andern, wie würde man ihn lieben!
Da aber die erste Regel für jeden, der etwas geben will, diese ist, daß er’s selber habe: so kann niemand Religion lehren, als wer sie besitzt; erwachsene Heuchelei hingegen oder Maul-Religion erzeugt nichts als unerwachsene.
Ein anderes ist der Mut, d(er) Gefahr nicht zu achten, ein anderes, sie nicht zu sehen, zu verachten, ihr zu trotzen.
Das ist das Unglück der Menschen, daß sie einen solchen Unterschied zwischen Liebe und Freundschaft machen, als könne man je etwas anderes oder Höheres oder Schöneres als die Seele lieben.
Die Hölle läßt sich als ein unendliches ewiges Schmachten nach Errettung leichter in und durch ihre Schrecken malen, als der Himmel in einem Dasein fester Wonne, welche auch die Hoffnung endigt, da sie jede übertrifft.
Wenn auch… (fing der Jüngling an, und der Wind wehte das Hauptwort Bücher weg) nicht gut oder schlecht machen, besser oder schlechter machen sie doch.
Der Schlechteste kennt einen Preis, wofür er seine Rechtschaffenheit nicht hingibt; er unterscheidet sich vom Guten durch den kleinern (nicht vom Besten).
Was wir aus Menschenliebe vorhaben, würden wir allemal erreichen, wenn wir keinen Eigennutz einmischten.
Wer nach Sonnenaufgang reist, gewinnt einen Tag – wer nach der Freude reist, der gewinnt viel mehr als Jahre – ein langes Stück Ewigkeit.
Das Alter ist nicht trübe, weil darin unsere Freuden, sondern weil unsere Hoffnungen aufhören.
Die weichste Frau hat irgend eine Sache, worin sie eigensinnig ist, und der festeste Mann eine, wo er Wachs ist.
Der denkende Teil in mir entdeckt in der Welt überall Ordnung, nur der empfindende nicht, der nicht der Zuschauer, sondern ein Glied dieser Kette ist.
Seid wie die Kinder! Wie schnell vergeben und vergessen sie! Ihre Übergänge sind immer Übersprünge vom Ernst zum Scherz, vom Scherz zur Freude – lauter Sonnenregen.
Eine lange Zeit lernt man darum die Menschen nicht kennen, weil man sie überall für besser hält als sich.
Recht hat hierüber jeder Beter; vor dem Unendlichen ist eine Bitte um eine Welt und die um ein Stückchen Brot in nichts verschieden als in der Eitelkeit der Beter, und er zählt entweder Sonnen und Haare, oder beide nicht.
In der Einsamkeit wird der gute Teil des Menschen, in der Menge der schlechte vergrößert; jener bekommt dort die Waffen, dieser fühlt sie hier. In der Gesellschaft lernt man die Tugend nicht.